Holunder tut Wunder

Prüm · Er macht gesund. Er macht Flecken. Er ist ein prima Spielzeug. Und vielleicht bringt er auch Glück. Der Schwarze Holunder gehört zur Eifel. Der Volksmund weiß viel über diesen besonderen Strauch.

 Ein prächtiger Holunder an der Mühle in Habscheid. TV-Foto: Alois Mayer

Ein prächtiger Holunder an der Mühle in Habscheid. TV-Foto: Alois Mayer

Prüm. Herb und intensiv duftet er. Bereits von weitem sieht man nun Büsche und Sträucher mit großen schneeweißen Dolden, die sich wohltuend aus dem umgebenden Grün hervorheben. Holunder ist es, der nun in voller Blüte steht. Gehen auch manche an ihm vorbei, ohne ihn näher zu betrachten, so ist er dennoch ein Busch, der viel von Nutzen und Brauch erzählt.
Der Botaniker nennt ihn den Schwarzen Holunder, der überall in Europa vorkommt und wie ein Baum bis zu zehn Meter hoch werden kann. Sehr oft findet man ihn in unserer Gegend noch an Wegrändern und in den Dörfern an alten Häusern oder neben Scheunen.
In der Vorstellungswelt unserer Ahnen spielte er im Aberglauben sowie in den Sagen und Märchen eine große Rolle. Der Holunderbaum wurde als Abwehrmittel gegen Zauberei und Hexenblick angesehen, als Allheilmittel gegen Seuchen und die Pest.
Dorf Geschichte(n)


So soll er Haus, Stall und Scheune vor Feuer, Unwetter und Blitzschlag schützen. Wen wundert es also, dass jeder Bauernhof darauf bedacht war, ihn in der Nähe von Haus, Stall und Scheune zu pflanzen? Ein alter Volksspruch drückt es so aus: "Wo der Holunder wächst, da lässt es sich gut wohnen."
Schon in vorchristlicher Zeit sahen unsere Vorfahren im "Holderbusch" einen heiligen Baum. Er war der Göttin Holder oder Holla geweiht, die das Leben der Pflanzen und Tiere beschützte. Fleißigen und aufrichtigen Menschen brachte sie Glück, so wie dies die Brüder Grimm in der Volkserzählung "Frau Holle" beschrieben. Drum galt es stets als ein arges Vergehen, einen Holunderbaum zu fällen. Es hätte kommendes Unglück und sogar Tod bedeuten können.
Diese heidnische Vorstellung wandelte das Christentum um. Angeblich soll sich Judas an einem Holunderbaum erhängt haben, und eine weitere fromme Legende besagt, die Gottesmutter Maria habe auf der Flucht nach Ägypten unter einem Holunderstrauch gerastet und ihn so gesegnet.
Ideal zum Spielen


Daneben war der Holunderstrauch aber auch ein gottgegebenes Gewächs, das den Menschen so viel Gutes schenkte. Bei Kindern ist er seit jeher beliebt, lassen sich doch aus seinen geraden Zweigen die besten Pfeile herstellen und ausgehöhlt sind sie als Flöten oder Blasrohre zu nutzen. Welche Freude, wenn dann der Gegenüber mit den reifen Holunderbeeren getroffen wurde und die dunkelrote Flüssigkeit Gesichter und Pullover befleckte! Dieselbe Erfahrung nutzte die Bevölkerung schon früher, um Stoffe oder Leder entweder mit den Holunderbeeren oder mit der Rinde rot, tiefschwarz oder moosgrün zu färben.
"Ringel, Ringel, Reihe, wir sind der Kinder dreie; wir sitzen unterm Hollerbusch und machen alle husch, husch, husch", lautet ein alter Kindervers.
Viel sorgsamer hingegen gingen Erwachsene mit diesem wertvollen Strauch um. Als Heilpflanze wurde von ihm nahezu alles verwendet. Blätter, Blüten, vor allem aber die schwarzen Beeren, die wegen ihres hohen Gehalts an Vitamin C zur Infektabwehr geschätzt werden. Als Pulver, Tee, Saft, Holunderblütensirup oder süßes Gelee sollen sie aufgrund der enthaltenen ätherischen Öle und Aromen gegen eine große Liste von Krankheiten, angefangen bei Husten, Halsschmerzen oder Grippe über Nierenentzündung bis zu Darmkrämpfen und Ischias und anderes helfen.
Und wer unter Magenverstimmung litt oder etwas zum Verdauen benötigte, griff gerne zum angesetzten Holunderlikör oder nach aufwändigerem Verfahren hergestelltem Holunderwein oder Holundersekt.
Und als besondere Nachspeise werden Holunderblüten auch gerne in Pfannekuchenteig ausgebacken.
Gottes Apotheke


"Rinde, Beere, Blatt und Blüte, jedes Teil ist Kraft und Güte", so lautet eine alte Volksweisheit. Oder auch: "Das ist dem Herrgott seine Apotheke - sie hilft das ganze Jahr über."
Und fleißig sammelten die Menschen Blüten und Früchte und brachten sie zum Trocknen auf den Speicher, hin zu noch vielen anderen Tee- und Kräutersorten.
"Wenn ich in früheren Zeiten unseren Dachboden betrat, kam mir erfrischender, nach vielen Teesorten riechender Duft entgegen", erinnert sich Maria Ferdinand aus Neroth. "Diese heilsamen Pflanzen hingen zusammengebündelt an einem Balken zum Trocknen.
Hier war es warm, und der nötige Schatten war auch da. Für jedes kleine Leiden war etwas dabei. Großmutter kannte sämtliche Arten und ihre Anwendungen. Sie selbst hatte eine kleine Hausapotheke mit selbstangefertigten Salben, Säften und Tinkturen."

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