Hornissen und Glühwürmchen

Bleialf . (js) Mut beweist sie immer wieder, Schaffenszeit besitzt sie mit 77 Jahren genug, und auch die Themen gehen ihr nicht aus: Der Bleialfer Schriftstellerin Luise Krammer kann man mit Fug und Recht attestieren, dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt.

Die rüstige Schneifelerin Luise Krammer, Jahrgang 1928, wurde mit sechs Geschwistern groß und lernte früh, Verantwortung zu übernehmen. "Nicht mit, sondern notfalls auch gegen den Strom schwimmen", war schon damals ihre Maxime. Sie sollte zum Lebensmotto werden, denn Luise Krammer bezieht bis heute Stellung - und zwar klar und eindeutig. Nichts mit Anpassung oder gar Anbiederung. Ob im Beruf als Kassiererin oder Bankangestellte, ob privat als Ehefrau und vierfache Mutter oder im späteren Leben als Publizistin - Luise Krammer wurde geprägt von ihrer kargen Kindheit und ihrem mitmenschlichen Umfeld. Ehrlichkeit, Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft reiften heran und hinterließen Spuren. "Diese Erfahrungen haben wichtige Grundlagen für mein späteres Leben geschaffen, andererseits wurde ich auch sensibilisiert für das Geschehen in der Welt", sagte sie vor Jahren bei einer Buchvorstellung in ihrem Geburtsort Bleialf. Das Leben von Luise Krammer war ein ständiges Lernen. Durch Dia-Vorträge, durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Schöffin, den späteren Umzug nach Köln und diverse Weiterbildungen hat Krammer ihren Horizont erweitert. Seit fünf Jahren wählt sie auch den Weg, Erfahrungen aus ihrem Leben an andere weiterzugeben und aktuelle Anliegen und Probleme zu thematisieren: Luise Krammer ist unter die Publizisten gegangen. Fünf Bücher erschienen in den vergangenen Jahren: Kindheitserinnerungen ("Hornissen im Winter"), eine kritische Stellungnahme zur Wohlstandsgesellschaft ("Glühwürmchen in der Nacht"), ein modernes Märchen ("Das Licht im Froschteich", ein Roman ("Der Aussteiger") und eine Dokumentation über Südamerika ("Das Kreuz des Südens"). Heimat bedeutet für die Bleialferin "ein wichtiges Stück Erinnerung und vertraute Stimmen". Doch das ist es nicht allein: "Heimat ist überall dort, wo der Mensch dem Menschen mit Würde begegnet." Diese These bezeichnet ihre Gesinnung und bestimmt ein Stück weit ihre Lebensphilosophie "In unserer Welt gibt es einen Gott, der in uns lebt und wirkt. Durch ihn versteht der Mensch, was Schuld und Sünde bedeutet", sagt die bekennende Katholikin. Eine rosige Zukunft verheißt sie nicht. Während Erfolgsautor Peter Hahne "Schluss mit Lustig" fordert, beklagt auch Krammer die Zerstörung der Natur und der Werte. Als Ergebnis stetiger Abholzungen werde es Naturkatastrophen ungeahnten Ausmaßes geben. Die Jugend als Silberstreif

Doch es gibt auch einen Silberstreif am Horizont: die Jugend, die es gut meint. "Sie ist noch begeisterungsfähig, das bewies zuletzt der Weltjugendtag." Doch brauche die Jugend Vorbilder. "Die Gesellschaft muss sich zu ihrer Kultur bekennen, Herzlichkeit muss in die Menschen einziehen und zwischen den Generationen brauchen wir dringend den Dialog", fordert die Autorin. Luise Krammer - eine einsame Ruferin in der Wüste? "Ich werde nicht müde werden, meine Stimme zu erheben." Krammer überzeugt in ihren Werken und in ihrem Leben durch Ehrlichkeit, Klugheit und eine gute Portion Mut. Und: Ihre Stimme wird ernst genommen. Viele Leser bekundeten Sympathie und ermunterten sie zum Weitermachen. "Ich mache weiter, zwei Buch-Projekte stehen schon: ,Vergesst das Träumen nicht' und ,Und sie griffen nach den Sternen'." Man ahnt schon, wohin diesmal die Reise geht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort