"Ich habe viel gearbeitet"

BLEIALF. Dr. med. Jürgen Graf wird ab Januar 2007 nicht mehr praktizieren. Zurzeit sucht er einen Nachfolger für seine Praxis in Bleialf.

Die ärztliche Versorgung im Altkreis Prüm erhält ab Januar 2007 einen erneuten Rückschlag. Nachdem in Schönecken lange Zeit der Allgemeinarzt Erdal Dogan Probleme hatte, seine Praxis in die Hände eines Nachfolgers zu geben (der TV berichtete), fehlt nun in Bleialf im kommenden Jahr ein Arzt. Jürgen Graf geht mit 65 Jahren am 31. Dezember in den Ruhestand. "In Rheinland-Pfalz gibt es keinen Arzt, der die Praxis übernehmen möchte. Aber in Nordrhein-Westfalen gibt es noch Ärzte, die sich niederlassen wollen", sagt Graf. Ob das jedoch in Bleialf sein wird, gilt abzuwarten. Einem Interessenten habe er schon die Räume seiner Praxis gezeigt, sagt er. "Ärzte werden degradiert"

Theoretisch könnte der Eifeler Allgemeinmediziner noch seinen Dienst weitermachen. Geht es nach dem Willen von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, sogar weit über die bisher festgelegte 68-Jahre-Regelung hinaus. "Bisher hieß es, mit 68 Jahren und älter würde man zu viele Fehler machen", sagt der Doktor. Nun ist der Ärztemangel da, und die Grenze soll ab dem kommenden Jahr aufgehoben werden. Von Senilität ist keine Rede mehr. Kein Grund aber für Jürgen Graf, weiter zu praktizieren. "Der Beruf ist sehr stressig, ich habe sehr viel gearbeitet und möchte das nun nicht mehr", sagt er. Der Beruf habe aus seiner Sicht keine Perspektive mehr. "Ärzte werden degradiert zu Verwaltern", sagt er über den Aufwand, den er jenseits seiner fachlichen Arbeit zu betreiben hat. Abschreckende Aussichten, aber nicht abschreckend genug, um diesen Beruf nicht dennoch zu ergreifen. Bestes Beispiel ist Grafs Sohn, der auch auf dem Weg ist, wie zuvor Großvater und Vater, Arzt zu werden. Viele besorgte Menschen, die nun nicht wissen, an wen sie sich ab Januar wenden sollen, meldeten sich bei Ortsbürgermeisterin Edith Baur, die der Entwicklung aber machtlos gegenübersteht. Dass frei werdende Praxen immer häufiger ausgeschrieben werden müssen, um einen geeigneten Nachfolger zu finden, beobachtet mit Sorge der stellvertretende Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz, Karl-Heinz Schmidt. "Wir gehen davon aus, dass sich das Problem in naher Zukunft verschärfen wird und, wie in anderen Bundesländern bereits Realität, auf dem Land erste Praxen im haus- und fachärztlichen Bereich keine Nachfolger mehr finden werden", sagte Schmidt bereits im Januar. Gespräche mit Ärzten vom Land

Dass unter anderem auch die vielen Bereitschaftsdienste ein Grund für den Ärztemangel auf dem Land sind, weiß die KV. Melanie Schäfer, zuständig für die Region Nord, möchte zusammen mit den Ärzten eine Lösung finden. Konkrete Gespräche werden am Dienstag, 5. Dezember, mit Ärzten aus Arzfeld, Daleiden, Waxweiler, Prüm, Pronsfeld und Bleialf geführt. Bis die Praxis in Bleialf neu besetzt ist, müssen die Patienten zwangsläufig von den anderen Ärzten mitbehandelt werden. In diesem besonderen Fall werde die KV die so genannten Fallzahlgrenzen aufheben, sagt Leo Mathes, bei der KV zuständig für den Honorarbereich in Rheinland-Pfalz. Normalerweise kann ein Hausarzt durchschnittlich 1200 bis 1300 Fälle im Quartal abrechnen, danach wird die Vergütung geringer. "Wenn er aber nachweisen kann, dass Patienten von der Praxis Dr. Graf zu ihm gewechselt sind, werden wir ihm die Behandlung dieser Patienten auch vergüten", sagt Mathes. Dafür müsse der Arzt bei der KV nur einen Antrag stellen.

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