"Ich kann mich an nichts erinnern"

BITBURG/GILZEM. Wegen fahrlässiger Tötung hat das Amtsgericht Bitburg einen 44-jährigen LKW-Fahrer zu 4800 Euro Geldstrafe verurteilt. Bei dem Unfall war im Dezember auf der B 51 bei Gilzem ein 27-Jähriger Autofahrer ums Leben gekommen.

8. Dezember 2005, gegen 7.30 Uhr. Ein 27-jähriger Golffahrer aus dem Kreis Bitburg-Prüm ist auf der B 51 in Richtung Trier unterwegs. Kurz vor der neuen Umgehung des Helenenbergs kommt ihm plötzlich auf seiner Fahrspur ein Sattelschlepper mit Auflieger entgegen. Der Autofahrer wird frontal vom LKW erfasst und tödlich verletzt (der TV berichtete). Siebeneinhalb Monate später sitzt der Fahrer des Unglücks-LKW in Bitburg auf der Anklagebank. Die Aussage des 44-jährigen Martin H. (Name von der Redaktion geändert) beschränkt sich zunächst auf wenige Sätze. Vom Zeitpunkt eines Stopps, als ein anderer Fahrer vor ihm zur Tankstelle Windmühle abbog, bis nach dem folgenschweren Unfall weiß Martin H. angeblich nichts mehr: "Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht. Aber ich kann mich an nichts erinnern, bis ein Rotkreuz-Mitarbeiter neben mir gesessen hat."Vorbildliche Hilfe vor Ort

Etwas Licht ins Dunkel bringen Zeugen. Ein nachfolgender 23-jähriger Fahrer aus Bitburg hielt an, setzte per Handy einen Notruf ab und eilte den Fahrern zu Hilfe. Über den Umweg durch die Heckklappe des Golfs gelang es ihm, die verriegelte Beifahrertür zu öffnen. Den eingeklemmten Fahrer konnte jedoch erst die Feuerwehr bergen - er war bereits tot. Im LKW befreite der junge Helfer das eingeklemmte Bein des verletzten Fahrers und legte Martin H. auf die Beifahrerbank. Dass der Fahrer am ganzen Körper zitterte und offenbar unter Schock stand, bestätigen weitere Zeugen. Richter Udo May spricht dem jungen Bitburger "Respekt für Ihre Tatkraft und erste Hilfe" aus. Den Unfallhergang selbst beschreiben mehrere Zeugen so, dass der LKW ausgangs einer Linkskurve dem Übergang in die gerade Strecke nicht folgte, sondern den Kurvenradius beibehielt. Dadurch sei er zunächst auf die Überholspur und dann auf die Gegenfahrbahn geraten. Nach dem Gutachten des Sachverständigen muss der Zusammenstoß größtenteils auf dem Randstreifen passiert sein. Demnach hatte der Autofahrer noch versucht, dem auf ihn zu rollenden LKW nach rechts auszuweichen. Mögliche technische Ursachen waren am LKW keine festzustellen. Die Geschwindigkeit betrug 70 Stundenkilometer. "Da auch Alkohol, gesundheitliche Probleme oder Glätte ausscheiden, bleibt als Ursache nur Unaufmerksamkeit", folgert Irene Roller, Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft. Ihre Forderung: 140 Tagessätze à 40 Euro. Verteidiger Stephan Meisinger plädiert auf 90 Tagessätze für seinen straf- und verkehrsrechtlich zuvor nicht in Erscheinung getretenen Mandanten. Das Urteil lautet: 120 Tagessätze. "Ein junger Mann ist tot durch Ihr Verhalten", hält Richter May dem Angeklagten vor: "Das Unrecht ist nicht wieder gut zu machen, muss aber Konsequenzen haben." Eine Bestrafung könne durchaus einwirken auf das künftige Verhalten. Ein Fahrverbot sei aber nicht zu verhängen, da es nicht um einen Fall von Rowdytum am Steuer gehe. Ob die Verteidigung Rechtsmittel gegen das Urteil einlegt, steht noch nicht fest.

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