"Ich komme mir vor wie ein Held"

BITBURG. Die heutige Jugend übernimmt keine Verantwortung? Von wegen: Etwa 130 Schüler der Theobald-Simon-Schule in Bitburg haben das Gegenteil bewiesen. Sie beteiligten sich an der Aktion des DRK-Blutspendedienstes.

"Blut ist ein ganz besonderer Saft", das wusste schon Johann Wolfgang von Goethe. Denn die rote Flüssigkeit ist durch nichts zu ersetzen. Nur der Körper selbst kann sie bilden. Braucht ein Kranker im Notfall Blut, hängt sein Leben von Spendern ab. Seit einigen Tagen wissen das auch die Schüler der Theobald-Simon-Schule in Bitburg. Informationen zum Thema Blut erhielten sie zuvor vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Blutspendedienst. Etwa 130 Schüler überzeugte das Thema Blutspende. Sie trennten sich jeweils von einem halben Liter ihres roten Saftes. Hans-Jörg Mühlenhoff vom DRK-Blutspendedienst Rheinland-Pfalz/Saarland hatte sich mit der Aktion bewusst an die Berufsbildende Schule gewandt und sofort einen Ansprechpartner in Karl-Heinz Krames, Abteilungsleiter der Theobald-Simon-Schule, gefunden. Mühlenhoff wie Krames kennen die Brisanz des Blutspendens. "Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe", sagt Mühlenhoff. Dabei spielt der so genannte demographische Wandel eine tragende Rolle. Demnach nimmt die Lebenserwartung der Menschen weiter zu, die Geburtenrate jedoch ab. Menschen ab 60 Jahren, die zum ersten Mal Blut spenden wollen, werden nicht aufgenommen. Spender-Nachwuchs gesucht

Für die Entnahmeärztin des DRK-Blutspendedienstes West, Jutta Hettinger, steht deshalb fest: "Wir brauchen Spender-Nachschub." Deshalb will Mühlenhoff auch verstärkt an Schulen informieren. Dort gebe es genügend potenzielle Erstspender, die eventuell zu zukünftigen "Stammspendern" werden könnten. Kramers Intention bei der Blutspende-Aktion ist zudem eine gesellschaftliche: "Soziale Verantwortung zu übernehmen, ist in unserem Schulleitbild verankert." Unterstützung erfährt er von der Schulleitung: "Wir sind sehr stolz auf die hohe Beteiligung der Schüler und Lehrer", sagt Wolfgang Hagemann, stellvertretender Schulleiter. Die Spuren der Blutspende-Aktion beginnen im zweiten Stock der Berufsbildenden Schule. Schnell weiß der Unbedarfte, wo das Lebenselixier gezapft werden soll. Um die Voruntersuchungszimmer hat sich eine Menschentraube versammelt. Erster Schritt, um einen halben Liter Blut zu lassen, ist das Ausfüllen eines Fragebogens. In der Voruntersuchung wird im Gespräch mit einem Arzt festgestellt, ob irgendwelche Krankheiten vorliegen oder Medikamente eingenommen werden. Außerdem wird der potenzielle Spender gewogen. Liegt sein Körpergewicht unter 50 Kilogramm, scheidet er als Spender aus. Die Blutentnahme müsse in einer gesunden Relation zum Körpergewicht stehen, erklärt Hettinger.Die neuen Helden der Schule

Haben die Schüler auch den Hämoglobin-Test und die Temperaturmessung überstanden, steht dem "Aderlass" nichts mehr im Wege. Der "angezapfte" 20-jährige Berufsoberschüler Bertram Schäfer hat keine Angst vor dem Pieks. Er nimmt die Sache mit Humor: "Ich komme mir vor wie ein Held." Auch Patrick Karen, der sein Fachabitur auf der Theobald-Simon-Schule macht, zeigt sich routiniert: "Ich möchte Menschen mit meiner Blutspende helfen", sagt er. Als sein Blut durch Nadel und Schlauch in den Auffangbeutel läuft, ballt er seine Hand vorschriftsmäßig mit Hilfe eines grauen Hartplastikröllchens zu einer Faust. Durch die Muskelbewegungen wird der Blutfluss verstärkt. Tamara Nels bezieht auch berufliche Aspekte in ihre Entscheidung mit ein: "Als zukünftige Krankenschwester sehe ich es als meine Pflicht, Blut zu spenden." In einem Krankenhaus-Praktikum hat sie hautnah miterlebt, dass sie damit Leben retten kann. Im Durchschnitt dauert es fünf bis zehn Minuten, bis der Beutel voll ist. Einige der Schüler, die noch nicht 18 Jahre alt sind und deshalb nicht spenden dürfen, huschen zwischen den Ruheliegen umher. Sie unterstützen fünf Ärzte und drei Krankenpfleger, indem sie leichte Druckverbände anlegen oder Getränke verteilen. Das große Engagement der Schüler bleibt nicht unbelohnt. "Nach der Blutspende gibt es ein warmes Essen und heute Nachmittag schulfrei", sagt Karl-Heinz Krames.

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