Wissenschaft Ein bisschen Unsterblichkeit - Wenn Alt und Jung in Bitburg und Trier Lebensgeschichten austauschen (Video)

Bitburg/Trier · Bei einem Projekt der Universität Trier sollen Bitburger Senioren und Jugendliche sich gegenseitig „Lebensgeschichten“ erzählen.

 Eva Würdig (87), Lea Schons (18), Johannes Ludwig (81) und Lena Jonas (18) diskutieren über das Thema Weisheit. In Trier läuft die Aktion schon seit Oktober.

Eva Würdig (87), Lea Schons (18), Johannes Ludwig (81) und Lena Jonas (18) diskutieren über das Thema Weisheit. In Trier läuft die Aktion schon seit Oktober.

Foto: Rainer Neubert

Männer und Frauen trommeln auf einem Auto herum. Andere sitzen auf der Berliner Mauer, singen Lieder. Sie feiern das Ende der 28-jährigen Teilung der Republik und der deutschen Hauptstadt. „Die ganze Demütigung ist vorbei“, sagt eine Frau einem Reporter am Kurfürstendamm. Ihre Augen sind feucht von Tränen.

Die Bilder vom Mauerfall gehen am 9. November 1989 um die Welt. Daran können sich die meisten Deutschen  erinnern. Millionen haben die Szenen vor den Fernsehern in ihren Wohnzimmern verfolgt  – nur die nicht, die damals noch nicht geboren waren. Wer heute 16 ist, kam 2002 auf die Welt. Viele große historische Ereignisse: den zweiten Weltkrieg, den kalten Krieg, den Anschlag am elften September haben sie nicht miterlebt. Sie sind darauf angewiesen, dass Ältere ihnen davon erzählen.

Und genau da setzt das Projekt „Lebensgeschichten“ der Universität Trier an. Jugendliche und Senioren sollen sich über ihre „Lebensgeschichten“ austauschen. So lautet ja auch der Name des Programms. Dazu setzen sie sich für eine anderthalbe Stunde in Zwölfergruppen zusammen und plaudern. Die Wissenschaftler der Abteilung „Entwicklungspsychologie“ moderieren die zehn Treffen, geben Themen vor.

Worüber genau gesprochen werde, sei dabei nicht wichtig, sagt die Wissenschaftlerin Nicole Thomas, die die Aktion betreut. Wichtig sei nur, dass sich die älteren Damen und Herren nach den Gesprächen besser fühlten. Denn, wenn die Senioren die Möglichkeit haben ihre Werte und auch ihre Geschichten an Jüngere weiterzugeben, trage das zu ihrem Wohlbefinden bei. Das hätten Forscher herausgefunden, sagt die 32-Jährige: „Sie haben dann das Gefühl, dass etwas von ihnen auch nach ihrem Tod bleibt. Das macht sie ein Stück weit unsterblich.“

Mitmachen wollen auch Bewohner der Residenz „Eifelhaus“ in Bitburg. Sie haben sich bei einer Vorstellung des Projektes in die Anmeldeliste eingetragen. Einer von ihnen ist Willhelm Kranz.  Der 73-Jährige aus Hamm habe, so sagt er, einiges erlebt, was er weitergeben wolle: „Ich bin gespannt, was dabei herauskommt und auch, was die Jugendlichen erzählen.“ Für ihn ist es ein Einblick in eine Welt, mit der er sonst kaum in Kontakt tritt. Mit Menschen zwischen 15 und 18 Jahren habe Kranz ja nicht viel zu tun.

Losgehen soll es in den Osterferien, obwohl das Datum für Kranz und seine Altersgenossen womöglich keine Rolle spielt. Der Zeitraum wurde von den Trierer Forschern so gewählt, damit auch die Schüler Zeit finden, das Seniorenheim zu besuchen. Angefragt habe Thomas schon beim Bitburger Sankt Willibrord Gymnasium. Eine Antwort stehe noch aus. Aber die 32-Jährige ist sich sicher, dass sich auch in Bitburg noch ein Partner für die Aktion findet.

In Trier läuft sie schon eine Weile. Erste Gesprächsrunden sind im Oktober 2017 über die Bühne gegangen. Thomas Fazit: Sie sei immer wieder erstaunt, was Senioren und Junioren zu erzählen hätten. „Ich hätte auch nicht gedacht, dass die Jugendlichen so viel Tiefgang haben“, sagt sie. Die erzählten vor allem Persönliches – etwa vom Tod des Vaters oder der Scheidung der Eltern. Bei diesen Krisen könnten die Älteren  ihnen mit ihrer Erfahrung helfen. Und das sei auch das Besondere an diesem Projekt: Dass beide Teilnehmergruppen etwas lernen.

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