Immer auf die Kleinen: Im Eifelort Karlshausen soll die Grundschule geschlossen werden

Karlshausen · Das Bildungsministerium erwägt, die Grundschule Karlshausen zu schließen. Doch damit wollen sich Eltern und Schüler nicht abfinden. Ein Besuch in der Eifelgemeinde.

 Klein, aber oho: In der Karlshausener Grundschule machen sich Eltern, Lehrer und Schüler dafür stark, dass die Schule nicht von der Landkarte verschwindet. Fotos (3): Sabine Tossing-Thiex

Klein, aber oho: In der Karlshausener Grundschule machen sich Eltern, Lehrer und Schüler dafür stark, dass die Schule nicht von der Landkarte verschwindet. Fotos (3): Sabine Tossing-Thiex

Foto: (e_eifel )

Wer an der Karlshausener Grundschule vorbeifährt, kann sie nicht übersehen: die Schilder, die dort am Zaun hängen. "Kurze Wege für kurze Beine", steht auf einem - bunte Buchstaben auf Pappe. Auf einem anderen einfach nur "Stopp!". Doch wer will hier eigentlich was stoppen?

Fragen wir doch mal Pierre. Der Siebenjährige muss es schließlich wissen. Er geht hier zur Schule - wippt, schaukelt, rutscht auf dem Spielplatz und quatscht auf dem Hof mit seinen Freunden. Dabei kommt im Moment aber auch ein ernstes Thema zur Sprache: Die drohende Schließung ihrer Schule und was diese für sie bedeuten würde.
42 Kinder werden hier derzeit von drei Lehrern in zwei Klassen unterrichtet. Und das seien zu wenige, findet man im rheinland-pfälzischen Bundesministerium. Deshalb erwägen die Mainzer, die Karlshausener Grundschule und 40 weitere im Bundesland zu schließen.

"Schlimm" wäre das für den kleinen Pierre, wie er sagt. Denn er findet nicht nur seine Schule "supercool", sondern auch seine Klassenlehrerin "sehr nett". Und vor allem wolle er nicht von seinen Freunden getrennt werden. Seine Klassenkameraden stammen nämlich aus den 13 Orten im Umkreis. Wenn die Schule wirklich zumacht, werden manche nach Neuerburg gehen, andere nach Daleiden oder Körperich. Fahrten in überfüllten Bussen müssten sie alle auf sich nehmen.

Das meint jedenfalls Pierres Mutter, Elternsprecherin Sabine Tossing-Thiex. Die 33-Jährige will sich wehren gegen die drohende Schließung. Auch, weil sie der Meinung ist, dass in Karlshausen einiges besser läuft als andernorts. Hier würden Schüler individuell gefördert, auch schwierige Kinder in die Klassengemeinschaft integriert - anders als in den großen Schulen, in denen zum Teil mehr als 800 Kinder unterrichtet werden. "Ich könnte mir nicht vorstellen, nichts zu tun", sagt sie. Unter anderem hat sie andere Eltern dazu aufgerufen, sich an einer Petition zur Rettung der sogenannten Zwergschulen zu beteiligen.

Fast 26.000 Unterschriften sind zusammengekommen. Am Mittwoch, 31. Mai, werden sie bei einer Demonstration vor dem Landtag in Mainz an Bildungsministerin Stefanie Hubig übergeben. Die Elternsprecherin organisiert die Fahrt dorthin.

Tossing-Thiex betreibt außerdem die Facebook-Seite "Grundschule Karlshausen". Hier äußern sich auch andere Untersützer. Eine Frau schreibt etwa: "Unser Staat gibt viel zu viel Geld für irgendeinen Müll aus, diese Euro würden sie besser in die Dorfschulen investieren, da wäre es sinnvoll angelegt." Ein Einheimischer postet: "Die Schule muss bleiben! Karlshausen ohne Grundschule geht gar nicht!!"

Auch Ortsbürgermeister Michael Mayer glaubt, dass das 350-Seelen-Dorf an Attraktivität verlieren würde, sollte die Schule schließen. Ganz zu schweigen von dem Gebäude, das dann zum Leerstand würde.

Und das, obwohl es in den vergangenen fünf Jahren Stück für Stück saniert wurde - "samt Elektrik, Brandschutz, Sanitäranlagen und allem, was man heute so braucht". Mayers Meinung: "Hier wird etwas zerstört, was wertvoll ist." Tossing-Thiex pflichtet ihm bei: Ärzte gebe es hier kaum, Kultur sowieso nicht. Was würde eine junge, flexible Familie also in Karlshausen halten? Im Augenblick wachse der Eifelort noch. Aber das könne sich schnell ändern. Viele werden über einen Umzug nachdenken, prophezeit sie: "Und dann wird es still im Dorf."Meinungen

Kontra: Nähe ist nicht alles
Größere, zentrale Schulen sehen nicht nur in der Bilanz der Landesregierung besser aus - sie sind oft auch besser für die Schüler: Es stehen mehr Unterrichtsmaterialien zur Verfügung, die rotieren können. Schwächere Schüler bekommen eine besser Förderung. Im Krankheitsfall ist es in einem größeren Kollegium einfacher, Vertretungslehrer zu finden. Und für berufstätige Eltern besonders interessant: In großen Schulen ist es leichter, eine Ganztagesbetreuung einzurichten. Wenn das kein Argument für junge Familien ist, in die Nähe zu ziehen! b.laubert@volksfreund.de

Pro: Stadt, Land, Flucht
Da reden Politiker ständig darüber, wie man der Landflucht Herr werden kann. Sie unterstützen den Breitbandausbau und trommeln Bürger für Projekte wie "Unser Dorf braucht Zukunft" zusammen. Doch genau diese Zukunft verbauen sie ihnen doch, wenn sie Schulen schließen. Da nützt auch schnelles Internet nichts. Junge Familien ziehen ja nicht wegen des DSL-Anschlusses in Orte wie Karlshausen - sondern wegen der Schulen. Wer an dieser Stelle sparen will, muss sich nicht wundern, wenn die Dörfer aussterben. c.altmayer@volksfreund.de41 SCHULEN AUF DEM PRÜFSTAND

Immer auf die Kleinen: Im Eifelort Karlshausen soll die Grundschule geschlossen werden
Foto: (e_eifel )
Immer auf die Kleinen: Im Eifelort Karlshausen soll die Grundschule geschlossen werden
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Kürzlich hat das Bildungsministerium Rheinland-Pfalz einen Katalog mit Leitlinien veröffentlicht. Demnach müssen Grundschulen eine Mindestgröße haben. Wer diese nicht erfüllt, kommt auf eine Liste. 41 Schulen sind dort verzeichnet - darunter auch drei im Eifelkreis: Karlshausen, Preist und Oberkail . Bis Ende September haben die Schulträger noch Zeit, ihre Konzepte einzureichen. Danach entscheidet die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), ob ein Standort erhalten bleibt oder dichtgemacht wird. Bei dem Beschluss der ADD spielen auch die Schülerzahlprognose und die Nähe zur nächsten Grundschule eine Rolle.

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