INFRASTRUKTUR

Zu unserem Artikel "Drei Meter Tabuzone rund um den Brunnen" (TV vom 31. März) schreibt diese Leserin:

Wie kann es sein, dass wir unbeachtet aller Ereignisse und Missstände in unserer Welt über Monate hinweg ernsthaft ausdiskutieren, wie ein Brunnen - man bemerke: ein Zierbrunnen - in unserer Innenstadt aussehen soll. Von den entstandenen Ausgaben mal ganz abgesehen. Wie kann es sein, dass dieser besagte Zierbrunnen nun wieder zum "Problem" wird, wertvolle Energie dafür vergeudet wird, eine Abstandsregelung zwischen gastronomischer Bestuhlung und diesem Objekt zu verhängen? Als dieser Brunnen geplant wurde, war ich für einen Freiwilligendienst in Burkina Faso. Im Kontakt mit Bekannten bekam ich mit, wie lautstark die Diskussionen um dieses Objekt in Gerolstein geführt wurden. Entwürfe. Vorschläge. Anschuldigungen. Ausgaben. Eine riesige Debatte, als ginge es um etwas wirklich Wichtiges. Zeitgleich saß ich mit Freunden in Burkina zusammen und man erzählte mir, dass es auf den Dörfern Burkinas vielerorts an sauberem Wasser mangele, dadurch lebensbedrohliche Krankheiten entstehen würden und Durst herrsche. Brunnen, nein Tiefbrunnen wären die Lösung, doch diese sind teuer. Dann die Nachricht: Die Stadt Gerolstein stimmt ab und entscheidet sich für das in ihren Augen schönste Brunnenmodell. Der Bau beginnt. In Burkina beginnt die Dürrezeit. Das Wasser ist knapp. Ich sehe viele Menschen Dutzende Kilometer zurücklegen, im Schlepptau einen Eselskarren, beladen mit Wassertanks. Der Weg geht zum nächsten Tiefbrunnen. Man steht in langen Schlangen an. Der Weg ist lang und muss täglich mehrmals zurückgelegt werden. Keine Wahl. Ich lerne erstmals wirklich zu schätzen, was es heißt, in Deutschland einfach immer sauberes Trinkwasser zu haben. Immer. Der Gerolsteiner Brunnen ist fertig. Manch einer sagt nun: Brunnen ist nicht gleich Brunnen. Und ja: Sie haben recht: Man unterscheide zwischen Zierbrunnen und Trinkwasserbrunnen. Doch gerade darin liegt die Absurdität: Ein Brunnen in diesem burkinischen Dorf würde Leben retten, einen Zierbrunnen in Gerolstein kann man anschauen. Beide kosten eine Menge Geld, doch nicht beide sind das gleiche Geld und die gleiche Aufmerksamkeit wert. Dorothea Merkes, Gerolstein