Glaube und Religion Ostern sagt: Heute ist Auferstehung!

Kyllburg · Für Christen geht es zu Ostern an den Kern des Glaubens: Darüber und über die aktuelle Situation der katholischen Kirche spricht Dechant Klaus Bender im TV-Gespräch.

 Pfarrer Klaus Bender weiß, dass auch in der Eifel  die Zahl der Getauften, die ihren Glauben noch praktizieren, abnimmt.

Pfarrer Klaus Bender weiß, dass auch in der Eifel  die Zahl der Getauften, die ihren Glauben noch praktizieren, abnimmt.

Foto: TV/Christian Altmayer

Dechant Klaus Bender hat seine klare Meinung über viele Dinge in der Katholischen Kirche und darüber hinaus. Mit dem TV spricht er über Ostern und lädt die  Leser zu einem Test ein. Und im Pfarrhaus hat er zurzeit besondere Gäste.

Welche Bedeutung hat
das Osterfest?

Klaus Bender: Ostern ist sozusagen der Urknall, aus dem die christlichen Kirchen in ihrer bunten Vielfalt hervorgegangen sind. Ganz am Anfang stehen die Aussagen verlässlicher Zeugen: „Wir haben erfahren, dass Jesus lebt!“ Die ältesten Bekenntnisse dieser Art reichen zurück bis ins Jahr 40 nach Christus. Da sind wir ganz nah am historischen Geschehen.
Die Osterbotschaft ist keine am Schreibtisch reflektierte Theologie, da geht es um leibhaftige Erfahrungen. So beschreiben es ja die Zeugen: „Wir haben ihn gesehen! Wir haben mit ihm gesprochen! Wir haben ihn angefasst! Wir haben mit ihm gegessen und getrunken!“

Was kann uns diese Botschaft auch heute noch sagen?

Bender: Es geht an Ostern nicht um den Glauben an die Wiederbelebung eines Leichnams. Ostern ist die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn. Und solche Begegnungen sind auch heute noch möglich. Christus selbst hat uns zugesagt, dass er in seiner Kirche gegenwärtig bleibt in seinem Wort und in seinen Sakramenten, gerade auch in der Feier der Eucharistie. Auch die Gemeinschaft der Glaubenden schafft Räume für solche Begegnungen. Der Apostel Paulus hat es ja so ausgedrückt: „Die Kirche ist der sichtbare Leib Christi in dieser Welt. Wo sich Menschen in seinem Namen versammeln, ist er selbst in ihrer Mitte.“
Und nicht zuletzt finde ich Christus in allen Menschen, die Not leiden und Hilfe brauchen. Denken wir an sein Wort: „Was ihr für diese Schwestern und Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Viele Menschen verbinden ihren Osterglauben mit der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Das ist letztlich eine Frage des Vertrauens. Ich vertraue darauf, dass ich am Ende meiner irdischen Tage nicht in ein schwarzes Loch falle, sondern dass es dann zu der endgültigen Begegnung mit dem auferstandenen Herrn kommt, von Angesicht zu Angesicht. Aber ich bin überzeugt davon, dass es nicht ausreicht, an die Auferstehung zu glauben wie an ein fremdes, fernes Geschehen am Ende der Tage.
Wir hätten an Ostern keinen Grund zu feiern, wenn wir es nicht fertigbrächten, diese österliche Lebendigkeit immer wieder mitten in diesem Leben zu erfahren. Ostern sagt: Heute ist Auferstehung! Ich werde nicht erlöst, ich bin erlöst! Bei uns in der Eifel rufen die Klapperkinder am frühen Ostermorgen: „Stedd op, stedd op, et as Usterdaach!“ Stehen wir also an Ostern auf zum Leben, für uns selbst und zum Einsatz für das Leben in einer zurzeit so gebeutelten Welt.

Schauen wir auf die katholische Kirche speziell im Bistum Trier. Sie befindet sich in einem Prozess der Veränderung. Was bedeutet das konkret?

Bender: Ende dieses Jahres werden die dann noch bestehenden Dekanate aufgelöst und durch „pastorale Räume“ ersetzt. Hatte man im Bistum Trier in den 1970er Jahren mit den damaligen Pfarrverbänden noch ganz bewusst auf kleine überschaubare Einheiten gesetzt, geht man nun den umgekehrten Weg. Schon zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde eine neue mittlere Ebene mit großen Dekanaten geschaffen. Aktuell stehen Fusionen kleiner Gemeinden zu Großpfarreien und die Errichtung neuer Kirchengemeindeverbände in wesentlich erweiterten Dimensionen an. Mit diesen Maßnahmen will man auf die Zeichen der Zeit mit ihren veränderten Rahmenbedingungen reagieren.

Was meinen Sie in diesem Zusammenhang mit ‚Zeichen der Zeit’?

Bender: Ganz nüchtern müssen wir feststellen, dass sich eine vertraute Kultur christlicher Lebensformen zunehmend auflöst. Die Corona-Pandemie hat dabei wie ein Katalysator gewirkt und Zerfallsprozesse beschleunigt. Auch in der Eifel nimmt die Zahl der Getauften, die ihren Glauben noch praktizieren, dramatisch ab. Es fehlen hauptamtliche SeelsorgerInnen. In diesem Jahr wird es im Bistum Trier erstmals seit Menschengedenken keine Priesterweihe geben. Wir können also nicht so weitermachen wie bisher.

Wie sieht es mit dem Engagement der Ehrenamtlichen aus?

Bender: Im Blick auf die Menschen, die noch bereit sind, sich in unseren Gemeinden zu engagieren, ist bei den geplanten Veränderungen eine besondere Achtsamkeit angebracht. Es ist uns nicht gelungen, gerade auch die Mitglieder unserer Gremien auf diesen neuen Weg mitzunehmen. Trotz der offiziellen Ankündigung einer zeitgemäßen synodalen Kultur in unserem Bistum haben viele Ehrenamtliche den Eindruck, dass die vorgesehenen Maßnahmen ohne Beteiligung geplant und von oben durchgedrückt werden.

Sie sprechen von Achtsamkeit gegenüber den Ehrenamtlichen. Worauf sollte Ihrer Meinung nach noch geachtet werden?

 Bender: Wir müssen zu Lösungen kommen, die den besonderen Erfordernissen des ländlichen Raumes gerecht werden. Was für die Stadt passt, kann für das Land das falsche Modell sein. Unsere Bistumssynode hat darauf hingewiesen, dass sich eine zukünftige Pastoral an den Sozialräumen orientieren muss. Die Sozialräume der Eifel sind unsere Dörfer. Wenn wir schon eine kleinteilige Pfarrstruktur nicht aufrechterhalten können, so brauchen wir doch lebendige christliche Dorfgemeinschaften.

Hat denn die Kirche im Dorf überhaupt noch Zukunft?

Bender: In den nachkonziliaren Jahren gab es den Slogan: Die Pfarrei soll zur Gemeinde werden! Ich persönlich kann sagen: Ohne die guten Erfahrungen im Lebensraum einer konkreten christlichen Gemeinde wäre ich niemals Priester geworden. Das Wort Gemeinde oder Pfarrgemeinde kommt in den aktuellen Papieren leider nicht mehr vor, da wird von Orten, Räumen oder lokalen Teams gesprochen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Glaube auf Gemeinschaft angewiesen ist. Wir sollten uns deswegen bemühen, Glaubens- und Gottesdienstgemeinschaften in unseren Dörfern aufzubauen und zu begleiten. Das wird sicher nicht mehr flächendeckend möglich sein. Jetzt sind die Hauptamtlichen in besonderer Weise gefordert. Ein Stück weit liegt es aber nun bei allen getauften Christen selbst, ob die Kirche in ihrem Dorf Zukunft hat oder nicht.

Und wie steht es insgesamt um die Kirche in Deutschland?

Bender: Die katholische Kirche ist eine „globale Firma“, und die Situation der einzelnen Ortskirchen stellt sich durchaus unterschiedlich dar. Beim Blick auf die Kirche in Deutschland muss man im Augenblick von einer existenziellen Krise sprechen. Für mich gibt es dabei ein Hauptproblem, das aktuell durch die Missbrauchsdebatte verdrängt wird. Die Wahrheiten unseres Glaubens, die mir persönlich kostbar und wertvoll sind, haben für viele Zeitgenossen keine Relevanz mehr, sind bedeutungslos geworden. Mit ihrem Lebenswissen und ihren Erfahrungen finden sie im „Haus des Glaubens“ nichts, was ihnen zu einem gelingenden Leben verhilft, auch ohne Glaube und Kirchenzugehörigkeit können sie gute Menschen sein und glücklich werden.

Häufen sich deshalb die Kirchenaustritte?

Bender: Zurzeit treten viele Menschen aus der Kirche aus. Da gibt es meist einen konkreten Anlass, aber viele waren einer religiösen Praxis schon längere Zeit entfremdet, sind also in Glaubensfragen schon ein Stück weit heimatlos gewesen. So stoßen wir auf ganz grundsätzliche Fragen. Das spüre ich, wenn meine nicht getauften Nachbarskinder mich besuchen und mit mir über die Frage diskutieren, ob es überhaupt einen Gott gibt. Ich lade Sie zu einem Test ein. Lesen Sie das Glaubensbekenntnis unserer Kirche (siehe Extra) und fragen Sie sich, hinter welche Aussagen Sie persönlich noch ein Ausrufezeichen setzen können. Dabei sind folgende Fragen wichtig: Wenn wir der Meinung sind, dass wir als Christen den Menschen unserer Zeit etwas zu sagen haben – wie lautet unsere Botschaft? Verfügen wir über die richtigen Worte, sprechen wir eine Sprache, die für unsere Zeitgenossen verständlich ist? Haben wir den Mut, über unseren Glauben zu sprechen, uns mit der Hoffnung, die uns erfüllt, anderen zuzumuten? Sind wir authentische Jesuszeugen, oder bleibt unser Glaube Theorie? Wie viel sind wir bereit, für unsere Überzeugungen zu investieren?

DIE FRAGEN STELLTE
BRIGITTE BETTSCHEIDER

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort