Jeder für sich und doch nicht allein

Bitburg · Mit dem derzeit laufenden Bau einer Wohnanlage in der Prümer Straße reagiert die Lebenshilfe Bitburg auf die zunehmende Nachfrage an Wohnraum für Behinderte. Im Gegensatz zu der bereits vorhandenen, benachbarten Wohneinrichtung der Lebenshilfe werden die Bewohner des neuen Hauses dort allerdings nicht durchgehend betreut, sondern selbstständig wohnen.

 In der Prümer Straße entstehen derzeit neue Wohnplätze für Menschen mit Behinderungen. TV-Foto: Uwe Hentschel

In der Prümer Straße entstehen derzeit neue Wohnplätze für Menschen mit Behinderungen. TV-Foto: Uwe Hentschel

Bitburg. Übersetzt heißt Inklusion so viel wie Zugehörigkeit. Inklusion ist damit also das Gegenteil von Ausgrenzung und darüber hinaus seit einigen Jahren auch ein Menschenrecht, das in der Behindertenrechtskonvention der UN festgeschrieben wurde. Auch Deutschland hat diese Vereinbarung unterzeichnet und sich damit dazu verpflichtet, die Inklusion voranzutreiben.
Eltern behinderter Kinder haben deshalb mittlerweile die Wahl, ob ihr Kind einen Regelkindergarten beziehungsweise eine Regelschule besucht oder aber eine spezielle Einrichtung für Kinder mit Behinderungen. Die Lebenshilfe Bitburg betreibt eine solche Einrichtung: die Integrative Kindertagesstätte Bitburg. Darüber hinaus leitet sie auch eine Wohngemeinschaft in der Prümer Straße. Und sie baut unmittelbar daneben ein neues, großes Haus. Im Gegensatz zu den Eltern hat die Lebenshilfe allerdings keine Wahl.
"Durch die Inklusion dürfen keine Behindertenplätze mehr geschaffen werden", erklärt Heinz Hill, Vorsitzender der Lebenshilfe Bitburg. Aus diesem Grund würden im neuen Haus der Lebenshilfe, das derzeit in der Prümer Straße errichtet wird, auch keine betreuten Wohnplätze mehr entstehen.
Stattdessen, so Hill, würden die Behinderten dort eigenständig wohnen. Das Sozialamt stelle ihnen ein zuvor individuell festgelegtes Budget zur Verfügung, mit dem die Bewohner dann ihre Pflege oder Betreuung selbst finanzierten, erklärt der Vorsitzende.
Die Lebenshilfe schafft mit der neuen Wohnanlage, die direkt neben dem Haus der betreuten Wohngemeinschaft entsteht, die Rahmenbedingungen für diesen Inklusionsansatz. Auf drei Stockwerken entstehen insgesamt 14 Wohnplätze, die dann vermietet werden. "Wichtig war für uns, dass die Leute trotz ihrer abgeschlossenen Wohnbereiche zusammen sind", erklärt Vorstandsmitglied Hans-Joachim Kurth, der in der Mitgliederversammlung der Lebenshilfe Bitburg das Projekt vorstellt.
So würden sowohl im Erd- als auch im Obergeschoss je drei Einzelzimmern eine gemeinsame Küche zugeordnet, sagt Kurth. Hinzu kämen dann noch zwei Appartements im Dachgeschoss. Jedes Zimmer habe sein eigenes Bad und zusätzlich dazu gebe es auch noch ein Pflegebad. "Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass wir finanzierbaren und abgeschlossenen Wohnraum haben", betont Kurth, "und dass jeder seine Privatsphäre hat, wir gleichzeitig aber auch unserer Fürsorgepflicht nachkommen können."
Rund 1,7 Millionen Euro soll die Wohnanlage, die laut Lebenshilfe voraussichtlich im Mai 2015 bezugsfertig sein wird, kosten. Sowohl das Land als auch die Heimaufsicht haben der Lebenshilfe Bitburg nach Auskunft des Vorsitzenden strenge Vorgaben erteilt. Finanzielle Unterstützung gab es keine. "Bei den 1,7 Millionen Euro Baukosten gab es einen Zuschuss von Null", sagt Hill, der sich aber dennoch zuversichtlich zeigt. "Ich denke, dass wir trotzdem einen kostengünstigen Mietsatz anbieten können", erklärt der Vorsitzende. So sei zum einen die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum bereits seit rund 20 Jahren im Gespräch, sodass der Verein in dieser Zeit einiges an Rücklagen habe ansparen können. Zum anderen sei im Vorfeld des Baus viel gespendet worden. "Wir wissen das seit 40 Jahren: Wenn wir Unterstützung aus der Bevölkerung brauchen, bekommen wir sie auch."
Extra

Neuer Vorstand: Der Vorsitzende Heinz Hill und die Mitglieder Hans-Joachim Kurth, Günter Ziwes, Rosemarie Neugrodda-Biehl, Maria Pint und Johannes Loch wurden im Amt bestätigt. Neu gewählt: Christian Pauly, Günther Hegner, Jana Berns. Satzungsänderung: Diese war notwendig, da der Verein durch den Bau der Wohnanlage erstmals als Vermieter auftritt. uhe

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