Jubiläum An Karneval wird der Kölner Hof in Prüm 100 Jahre alt

Prüm · Ein irgendwie jeckes Jubiläum: An Rosenmontag 1919 wurde der „Kölner Hof“ in Prüm eröffnet. Am anstehenden Karnevalssonntag nächste Woche ist das exakt 100 Jahre her. Und bis heute blieb das Haus in der Familie.

 Gestatten, wir sind der Kölner Hof: Julia Peter mit Sohn Hans und Ehemann Dirk.

Gestatten, wir sind der Kölner Hof: Julia Peter mit Sohn Hans und Ehemann Dirk.

Foto: Fritz-Peter Linden

Am Rosenmontag ist er gebo-hooren, und zwar lange vor Margit Sponheimer: der Kölner Hof, das Prümer Gasthaus am Tiergartenplatz – am 3. März 1919 nämlich gründete dort der Großvater der heutigen Wirtin Julia Peter, Nikolaus Christen, das Restaurant. Am anstehenden Karnevalssonntag, ebenfalls 3. März, feiert es seinen 100. Geburtstag. Die Party werde eher klein, sagt Julia Peter. „Aber im Frühling machen wir dann was Großes für alle.“

Wieso Kölner Hof? Weil die nahe Tiergartenstraße damals noch Kölner Straße hieß. Das Restaurant behielt immer seinen Standort, seinen Namen – und seine Betreiberfamilie, auch wenn die jeweiligen Chefs von Generation zu Generation anders hießen: Nikolaus Christen führte das Haus bis in die 50er Jahre, dann übernahmen seine Tocher Christel und deren Mann Hans Orthen das Restaurant und erweiterten es um einen Hoteltrakt. Später übernahm deren Sohn Johannes, jüngerer Bruder der heutigen Wirtin, die Geschäfte. Johannes erkrankte schwer und starb 2013, viel zu früh, mit 57 Jahren. Auch deshalb stiegen dann Julia Peter und ihr Mann Dirk ein.

 Ohne diese drei wäre es nicht gegangen: Fotos von Julia Peters Bruder Johannes Orthen (links) und den Eltern, Christel und Hans Orthen.

Ohne diese drei wäre es nicht gegangen: Fotos von Julia Peters Bruder Johannes Orthen (links) und den Eltern, Christel und Hans Orthen.

Foto: Fritz-Peter Linden

Vom Bruder und den Eltern hängen drei Fotos im Restaurant, Julia Peter und ihre sechsköpfige Familie halten Christel, Hans und Johannes Orthen in Ehren. Denn sie waren alle besondere Menschen: Vor fünf Jahren zum Beispiel, da stand plötzlich Christel Orthen, 92 Jahre alt, in der Prümer TV-Redaktion. Und erzählte uns, wie sie als junge Frau gelitten hatte, weil sie doch, oh Frevel, einen geschiedenen Mann geheiratet hatte. Deshalb nannten sie ihre Tochter auch Julia: Wegen Romeo. Und Shakespeare. Und weil die zwei Liebenden aus Verona es auch so schwer hatten, zueinander zu kommen (und da es keine heilige Julia gibt, wurde das Kindchen dann Juliane getauft und Julia genannt).

Und jedes Jahr an Weihnachten erklingt auf der Prümer Projektfete, dem Konzert, das lange von Johannes Orthen organisiert wurde (und inzwischen von seiner Schwester), ein bestimmtes Lied: Die „Acapulco Firebirds“ spielen dort in Erinnerung an ihn immer, das ist Gesetz, Chuck Berrys „Johnny B. Goode“. Ehrensache.

Julia und Dirk Peter sind übrigens inzwischen, zumindest offiziell, auch raus: Denn seit Januar ist eines der vier Kinder, Küchenmeister Hans – aus erster Ehe, deshalb heißt er hinten Sauer –, der neue Chef im Kölner Hof. Julia Peter lacht: „Ich bin jetzt nur noch die Assistentin der Geschäftsleitung.“

Man kann davon ausgehen, dass sie dort weiterhin noch ein bisschen zu kamellen hat. Nicht nur an Karneval, wo sie auch den Prümer Küchenfeenball moderiert. Und erzählen kann sie ohnehin jede Menge Geschichten, auch jenseits der Bühne: Aus ihrer Anfangszeit zum Beispiel, als sie in einem Bonner Hotel einen gewissen Hans-Hermann Weyer zum Kollegen hatte. Der seinen Vornamen dann später um den „Consul“ ergänzen ließ, obwohl er nie einer war, dafür aber dann zahlreichen egogetriebenen Herrschaften allerlei Titel andrehte, mit denen die dann glaubten, renommieren zu können.

Zu ihren Gästen zählten in den Bonner Jahren Willy Brandt, Franz-Josef Strauß, „sämtliche Minister und Konsorten“, die Apollo-11-Besatzung – Neil Armstrong, Edwin Aldrin und Michael Collins – und Marlon Brando. Und wie hat der sich benommen? Julia Peter: „Es gibt in der Gastronomie ein ungeschriebenes Gesetz: Mund zu. Und nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Aber alles wissen.“

Immerhin: Franz-Josef Strauß, sagt sie dann doch, sei überraschend leutselig gewesen – und immer nett zu allen, bis hinunter zur kleinsten Hilfskraft. Deshalb hatte sie auch einen Aufkleber am Auto: „Frauen für Strauß – da schäm ich mich heut noch für“, erzählt sie und lacht. Aber er sei wirklich im Hotel-Kollegenkreis sehr beliebt gewesen. Ein anderer Herr lieferte, weil DDR-Spion, den Grund für Brandts Rücktritt vom Kanzleramt. Und Julia Peter erlebte es mit: „Ich war live und in Farbe dabei, als Günter Guillaume verhaftet wurde. Da stand ich im Flur, und er wurde an uns vorbei rausgebracht.“

Lange vorbei. Was blieb: „Unsere Maxime – auf jeden Fall Qualität auf den Teller. Unser Beruf ist auch unser Hobby. Das ist auch Hansi ganz wichtig“, sagt Mutter Julia. „Ich bin stolz und sehr froh, dass er weitermacht.“ Und so kann es dann auch noch 100 Jahre weitergehen. Mindestens.

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