Archiv 2019 Neuer Forstamtsleiter in Bitburg: Jürgen Weis hat den Wald im Blick

Bitburg · Jürgen Weis ist neuer Forstamtsleiter in Bitburg. Die Borkenkäferplage und der Holzverkauf fordern ihn heraus.

 Jürgen Weis Forstamtsleiter

Jürgen Weis Forstamtsleiter

Foto: TV/Patricia Prechtel

Schreibtisch statt Wald: Die Stelle als Forstamtsleiter bringt Veränderungen mit sich. Statt sich an  frischer Waldluft und raschelndem Laub zu erfreuen, hat sich Jürgen Weis nun vor allem durch Papierberge und E-Mails zu kämpfen. Trotzdem strahlt er eine Begeisterung für seinen Wald aus, die geradezu ansteckend ist.

Sie sind seit sechs Wochen im Forstamt in Bitburg der neue Leiter. Wie ist Ihr erster Eindruck?

Jürgen Weis Neu in einem Betrieb zu sein, ist höchst spannend. Man kommt in ein Team und lernt dort zum einen neue Mitarbeiter kennen, die teilweise schon seit vielen Jahren hier im Forstamt tätig sind und sich sehr gut auskennen. Zum anderen lernt man nach und nach die betreuten Waldbesitzer, die Partner des Forstamtes, die berührten Behörden, Verbände und Dienstleister, mit denen das Forstamt zusammen arbeitet, kennen. Mir war es unter anderem besonders wichtig, mich vor Weihnachten auch den Forstwirten, die die Arbeiten in den Wäldern verrichten, vorzustellen. Ich habe den Eindruck, in ein gutes Team einsteigen zu dürfen, jeder bringt auf seine Weise Stärken für die Bewältigung der täglichen Herausforderungen mit.

Wie haben Sie sich für Ihre neue Aufgabe gerüstet?

Weis Die fast eineinhalb Jahre andauernde Qualifizierung in der sogenannten Potentialgruppe Forstamtsleitung (eine Fortbildungsgruppe für angehende Forstamtsleiter, Anm. d. Red.) hat mich für die Aufgabe der Forstamtsleitung neben den Erfahrungen, die ich aus meinem bisherigen Tätigkeiten bei Landesforsten mitbringe, gut vorbereitet. Die Mitglieder dieser Fortbildungsgruppe sind sehr gut miteinander vernetzt, um sich über die forstlichen Themen auszutauschen. Zum Beispiel sind aktuell die Veränderungen im Holzverkauf im Gemeindewald und die Bedrohung der Wälder durch den Borkenkäfer große Herausforderungen für Landesforsten und somit auch für das Forstamt in Bitburg.

Apropos Borkenkäfer: Der war im vergangenen Jahr nicht nur hier in der Region ein großes Thema. Wie wollen Sie 2019 damit umgehen?

Weis Der Borkenkäfer ist zwar ein ganz kleines Insekt, jedoch hat er große Auswirkungen für das Überleben von Nadelbäumen und mitunter ganze Waldkomplexe, wenn der Käfer in Massen kommt. Und der Borkenkäfer hat sich durch ein hohes Brutangebot extrem vermehrt, so dass man aktuell von einer Massenvermehrung sprechen muss, begünstigt durch die heißen Temperaturen und die geringen Niederschläge im vergangenen Jahr. Vor allem die Fichte, Brotbaum vieler Waldbesitzer, ist betroffen.

Wie wirkt sich so ein Befall auf die Bäume aus?

Weis Die Bäume sind unter diesen Rahmenbedingungen geschwächt und können einen Käferbefall, in dem sie Harz bilden, mit eigener Kraft nicht abwehren. Sie sterben ab und die Käfer befallen, nachdem sie sich unter der Rinde über das Ei- und Larvenstadium zum fertigen Käfer entwickeln, wieder neue Bäume. Die Buchdrucker haben 2018 drei Generationen und dabei auch noch Geschwisterbruten ausgebildet. Im Larvenstadium sind sie bei Frost sehr sensibel. Im klimatisch außergewöhnlichen Jahr 2018 konnten sich allerdings bis in den Spätherbst zum Jungkäfer weiter entwickeln. Der Frost kann den Jungkäfern aber weniger anhaben als den Käfern im Larvenstadium. Sobald wir im Frühjahr wieder wärmere Temperaturen haben, fliegen die Jungkäfer aus den Überwinterungsbäumen aus.

Wie kann man dem entgegenwirken?

Weis Die wichtigste Aufgabe zurzeit: Die Überwinterungsbäume finden, einschlagen und aus dem Wald vor dem Ausflug abfahren. Und das ist ein Spiel gegen die Zeit. Wir, das heißt alle Waldbesitzer,  sollten jetzt schnell handeln, bevorzugt erfolgt die Suche im Umfeld von Bäumen, die im letzten Jahr  befallen waren. Ansonsten droht ab Mai/Juni ein erhebliches Risiko von frischem Käferholzbefall bei einem nur eingeschränkt aufnahmefähigen Markt. An Spechtlöchern und grünen Nadelteppichen, die um den Baum herum liegen, kann man die Überwinterungsbäume erkennen. Aber man muss an den Stamm herantreten. Bohrmehl findet man zumeist nicht.

Welche Auswirkungen haben die Käfer auf den Wald?

Weis Das Thema Borkenkäfer zieht einen Rattenschwanz hinter sich her: Die Bäume, die normalerweise viel Geld einbringen, lassen sich nur zu erheblich reduzierten Preisen verkaufen. Waldränder werden dadurch labilisiert, aufgelichtet und bilden eine Angriffsfläche für Stürme, denen dann der ganze Wald zum Opfer fallen kann. Auch steht unter Umständen eine Wiederaufforstung der durch Käferbefall entstandenen Waldflächen an. Bei dieser Wiederaufforstung achten die Förster darauf, einen klimastabilen Mischwald entstehen zu lassen, um den Wald gegen diese Klimaextreme widerstandsfähiger zu machen. Da werden Baumarten ausgewählt, die besser mit diesen Trockenphasen zurecht kommen. Und wenn es in diesem Bereich zu viel Wild gibt, müssen Waldschutzmaßnahmen geplant und umgesetzt werden, damit diese Investition gelingt. Auch das kostet Geld. Der Käfer hat also ökologische und wirtschaftliche Folgen.

Thema Klimawandel: Ist denn schon eine Veränderung im Wald erkennbar oder zu spüren?

Weis Auf jeden Fall! Die Durchschnittstemperatur ist bei uns in Rheinland-Pfalz seit 1881 um etwa eineinhalb Grad gestiegen. Das klingt zwar nicht nach viel, hat aber dennoch enorme Auswirkungen.  Nicht nur, dass die Gletscher schmelzen und die Meeresspiegel steigen. Sondern auch die Vegetation wird sich in ihrer Zusammensetzung verändern.

Wie denn zum Beispiel?

Weis Bestimmte Baumarten brauchen eine gewisse Niederschlagsmenge, um optimal zu gedeihen. Das kann man am Beispiel der Fichte sehen. Diese Baumart wird sich nur noch in höheren Lagen dauer­haft halten können oder in Nordlagen. Der Anbau gegen Trockenheit resitenterer, wärmeliebender Baumarten, auch hier in der Eifel, ist für uns als Förster ein Thema. So können sich vertraute Waldbilder, Waldstrukturen und ganze Landschaften nach und nach wegen des Klimawandels verändern. Nicht zu vergessen, die Starkregenereignisse, die ja auch mit dem Klimawandel zusammen hängen. Es können dabei massive Schäden an Wohnbebauungen Straßen, Waldwegen entstehen, Erosionen spülen Hänge oder Teile des Waldes weg. Da kommt dann zum Beispiel auch die Frage auf, welche Auswirkungen dies auf die Holzernte in Hanglagen in Zukunft haben wird.

Sie sprechen mit viel Leidenschaft über Ihre Arbeit, den Wald und die Natur…

Weis Ich komme aus Kordel und bin quasi mitten im Wald aufgewachsen. Mein Vater war Jäger und so hatte ich schon immer einen Bezug zur Jagd und zur Natur. Das Thema Natur und Naturwissenschaft hat mich in der Schule und sehr intensiv im Studium der Forstwissenschaft in Göttingen begleitet.

Was reizt Sie an diesem Beruf?

Weis Der Beruf des Försters ist einfach unglaublich vielseitig. Es geht darum, die Wälder zu gestalten und sie in ihren Wirkungen für heutige und zukünftige Generationen nachhaltig zu formen, zu bewahren und dort, wo der Waldanteil eher gering ist, zu mehren. Dieser Lebensraum Wald ist für die im Wald lebenden Tier-, Vogel- ,Insekten, Pilz- und Pflanzenarten eine wichtige, elementare  Lebensgrundlage. Die Wirkungen des Waldes mit seinen auf gleicher Stufe stehenden Nutz- Schutz- und Erholungsfunktionen sind eine wichtige Überlebens- und Daseinsfunktion. Der Wald bietet Arbeitsplätze, sorgt für Wertschöpfung in der Region, versorgt die Bevölkerung mit Brennholz und bietet Chancen für den Tourismus.

Was sehen Sie 2019 als Herausforderungen und Themen für Ihre Arbeit im Forstamt?

Weis Zum einen wollen wir als Forstamt Ansprechpartner für die Waldbesitzer und Bürger wahrnehmbarer werden. Wir werden das Angebot im Bereich der Umweltbildung mit Kitas und Schulen erweitern und planen im März mit hier ansässigen interessierten Unternehmen Baumpflanzaktionen zum Internationalen Tag der Wälder 2019. In diesem Jahr richten wir in Bitburg zum zehnten Mal die Waldjugendspiele aus. Zum anderen gibt es die schon angedeuteten Veränderungen im Holzverkauf, da die kommunalen Waldbesitzer ihr Holz mit der Gesetzesänderung zum 1. Januar nicht mehr über die Forstämter verkaufen. Diese neuen Prozesse müssen sich einspielen. Eine Herausforderung in Bitburg ist zum Beispiel, wie sich die weitere Entwicklung im Bereich des Holzverkauf im Privatwald für die Mitglieder des Waldbauvereins darstellt.

Sind Sie denn selbst noch viel im Wald unterwegs?

Weis Naja, die meiste Zeit verbringe ich mittlerweile schon eher drinnen. Aber ich versuche mich auch, wo immer möglich, draußen im Wald zu zeigen. Die Wochenenden nutze ich zur Zeit, um mit meiner Frau und Freunden in meinem neuen Zuständigkeitsbereich zu wandern. Ich muss ja die Wälder der betreuten Waldbesitzer nach und nach kennen lernen.

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