Jugendamt nimmt mehr Kinder in Obhut

2010 sind beim Jugendamt des Eifelkreises Bitburg-Prüm mehr Fälle auf den Schreibtischen gelandet als in den Jahren zuvor. Der Jahresbericht von Jugendamtsleiter Josef Winandy zeigt, dass beim Thema Kindesmisshandlung die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit größer geworden ist. Vor allem vor dem Hintergrund des Todes zweier Säuglinge in der Eifel im vergangenen Jahr.

Bitburg. Ein neun Wochen alter Junge aus Fließem starb im Oktober vergangenen Jahres an Unterernährung, weil die Eltern des Säuglings offenbar überfordert waren. Ein sieben Monate altes amerikanisches Kind wurde vermutlich in Spangdahlem von seinem Vater zu Tode geschüttelt - ebenfalls im Oktober 2010. In beiden Fällen war das Kreisjugendamt zu spät informiert worden. Und das, obwohl die Mitarbeiter des Jugendamtes 2010 mehr Hinweise auf vermeintliche Misshandlungen von Kindern erhielten.

Die Kinderschutzdebatte hat nach Ansicht der Verwaltung in der Öffentlichkeit dafür gesorgt, dass die Menschen stärker für das Thema Kindesmisshandlung sensibilisiert sind. Das Ergebnis des Jugendhilfeberichts 2010 stellte Josef Winandy, Leiter des Jugendamtes des Eifelkreises Bitburg-Prüm, im Jugendhilfeausschuss vor.

Kinderschutz:
227 Meldungen sind 2010 beim Jugendamt eingegangen, die auf mögliche Misshandlung von Kindern aufmerksam machten. Nicht jeder Hinweis ist dabei gleichbedeutend mit einem Misshandlungsfall. Für das Jahr 2009 geht das Jugendamt von geschätzten 50 Meldungen aus, da es vor zwei Jahren noch keine Aufzeichnung der Meldungen gab. Für 2011 prognostiziert das Kreisjugendamt rund 320 Meldungen, hochgerechnet anhand der ersten drei Monate.

Ein verbesserter Kinderschutz gehe notwendigerweise mit anwachsenden Fallzahlen bei den Hilfen zur Erziehung und den damit verbundenen Ausgabensteigerungen einher, führte Winandy in seinem Bericht an. In Zahlen: 2010 nahm das Jugendamt in 47 Fällen ein Kind zum Schutz unter seine Fittiche in seine Obhut. 2009 waren es 33. Demgegenüber steht die Zahl der Fälle, in denen Eltern das Sorgerecht entzogen wurde: 2010 in 14 Fällen, 2009 in zehn Fällen, 2008 in 21 Fällen. Nicht von ungefähr lässt sich der Eifelkreis den Kinderschutz etwas kosten: Für Hilfen zur Erziehung wurden 2010 rund 8,6 Millionen Euro ausgegeben, eine Million Euro mehr als noch im Jahr davor.

Die Hilfe zur Erziehung umfasst soziale Gruppenarbeit, Erziehungsbeistand, sozialpädagogische Familienhilfe, Heimerziehung, Erziehung in Tagesgruppen oder Vollzeitpflege. Man arbeite am Anschlag, sagt der Jugendamtsleiter.

Durchschnittlich sei jeder Mitarbeiter des Jugendamtes mit sechs Fällen betraut, sagte Josef Winandy. Landrat Joachim Streit: "Es gibt auch Mitarbeiter, die 24 Stunden am Tag ansprechbar sind." Und trotzdem, betonte Josef Winandy, "können wir nicht jeden Fall verhindern."

Jugendschutz: Missstimmung gibt es beim Thema Jugendschutz. Vor allem beim Punkt Präventionsarbeit bei Jugendlichen gibt es Kritik am Jugendamt. "Nur eine Jugendschutzkontrolle im letzten Jahr ist zu wenig. Da muss öfter kontrolliert werden", sagte Klaus Schnarrbach. Ähnlich sah das Kriminalhauptkommissar Hubert Lenz, Beauftragter für Jugendsachen im Eifelkreis. "So gering wie im letzten Jahr war die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt noch nie", klagte Lenz. Die Verwaltung habe im vergangenen Jahr wegen Krankheit personelle Engpässe gehabt, sagte Stephan Schmitz-Wenzel, Geschäftsbereichsleiter der Kreisverwaltung. Unterm Strich habe man in dieser Notsituation die Prioritäten zulasten des Jugendschutzes setzen müssen. "Wir sind aber dabei, die Arbeit für den Jugendschutz wieder hochzufahren", sagte Schmitz-Wenzel.

Jugendkriminalität: Auf einem guten Weg sieht Winandy die Entwicklung der Jugendkriminalität im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Die Straftaten, die von Jugendlichen im vergangenen Jahr begangen wurden, liegen auf dem Niveau der letzten Jahre. Eine positive Bilanz, wie es im Bericht heißt. 500 Fälle hatte die Jugendgerichtshilfe 2010 zu betreuen. 2009 waren es 475. In 413 Fällen (2009: 400) wurde ein Jugendstrafverfahren abgeschlossen. 170 Verfahren wurden vor dem Jugendgericht (2009: 205) verhandelt. Der gestiegene Aufwand zur Hilfe zur Erziehung im Eifelkreis und die konstant bleibenden Zahlen bei der Jugendkriminalität seien positiv zu bewerten, sagte Schmitz-Wenzel.

EXTRA



Im Eifelkreis Bitburg-Prüm mangelt es an Tagesmüttern, die Kinder aufnehmen. "Wir suchen händeringend nach Tagesmüttern oder auch Tagesvätern", sagte Michael Billen, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses des Kreistags. Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt die Qualifizierung von Tagesmüttern mit einem Förderprogramm. Der Verdienst für Tagesmütter in Vollzeit liegt bei 560 Euro oder 2,30 Euro pro Stunde pro Kind. Eine Tagesmutter kann maximal fünf Kinder betreuen. Kontakt: Interessierte Mütter und Väter, die sich zur Tagesmutter fortbilden lassen möchten, wenden sich an Nadine Theis, Diplom-Pädagogin bei der Kreisverwaltung, unter Telefon 06561/15-3231 oder per E-Mail: theis.nadine@bitburg-pruem.de

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