"Jung ist immer gut für uns" - Lokale Politik und Bitburger Erstwähler treffen sich in Bitburg

Bitburg · Vor einem vollen Haus der Jugend haben Vertreter der Parteien über Auslandseinsätze, soziale Gerechtigkeit, Rente und Bildung diskutiert. Doch was kommt bei den Schülern an, und was nicht? Wir lassen die Erstwähler selbst zu Wort kommen.

 Anzug oder T-Shirt? Wie sich im Gespräch zeigt, spielt für die Schüler auch die Garderobe der Kandidaten eine Rolle. TV-Fotos (4): Christian Altmayer

Anzug oder T-Shirt? Wie sich im Gespräch zeigt, spielt für die Schüler auch die Garderobe der Kandidaten eine Rolle. TV-Fotos (4): Christian Altmayer

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Junge Leute interessieren sich nicht für Politik - so lautet ein Vorurteil. Jana Klas (18), Benedikt Klein (18) und Clara Schun (19) beschäftigen sich aber sehr wohl damit, wie es in der Bundesrepublik weitergeht. Sie haben zusammen mit hunderten weiteren Oberstufenschülern des Bitburger St.-Willibrord-Gymnasiums eine Podiumsdiskussion im Haus der Jugend verfolgt.
Dort sprachen die Direktkandidaten der SPD, CDU, FDP, Linken und AfD sowie eine Bundestagsabgeordnete der Grünen über die großen und kleinen Fragen, die den Wahlkampf 2017 bestimmen: Sollte Deutschland aufrüsten? Wie können wir die Rente ab 2030 sichern? Soll Bildung Ländersache bleiben?
Die Schüler haben die Kandidaten und ihre Aussagen unter die Lupe genommen. Dabei glauben sie, erkannt zu haben, wer unsicher und wer erfahren, wer glaubwürdig und wer populistisch ist. Und so fällt das Urteil der Erstwähler aus:
Patrick Schnieder, Direktkandidat der CDU:
Jana Klas: Sein Auftreten strahlt Seriosität aus - der Anzug, die tiefe Stimme. Er wirkt wie jemand, der weiß, was er tut. Aber er kommt mir auch festgefahren vor. Dies zeigt er meiner Meinung nach mit seiner These, dass Flüchtlingspolitik unten auf den Prioritätenlisten der Bürger steht. Nur weil wir nicht mehr mit einem Flüchtlingsstrom konfrontiert sind, heißt das nicht, dass die Integration abgeschlossen ist.

Benedikt Klein: Schnieder ist Realist. Er sagt klar: "Das ist umsetzbar und das nicht - zum Beispiel beim Thema Rente. Ohne Erhöhung der Beiträge und des Eintrittsalters geht es nicht.
Jan Pauls, Direktkandidat der SPD:
Clara Schun: Er hat mit Schnieder diskutiert. Da haben sich endlich mal Konflikte zwischen SPD und CDU gezeigt - zum Beispiel über die Flüchtlingspolitik. Oft wirkt es ja, als würden sich die Parteien kaum unterscheiden.

Benedikt Klein: Mit 32 ist er jung für einen Politiker. Und jung ist immer gut für uns. Für meinen Geschmack hat er aber zu wenig klargestellt, was seine eigene Meinung ist. Er ist auf Parteilinie geblieben. Außer beim Thema Bundeswehr: Da konnte er punkten, weil er die schlechte Ausrüstung der Armee aus eigener Erfahrung kennt.
Katharina Penkert, Direktkandidatin der Linken:
Jana Klas: Sie war unsicher, fast wie eine Schülerin. Das hat sie irgendwie sympathisch gemacht. Anzugträger sind von uns ja gefühlt weit weg. Die Ablehnung von Auslandseinsätzen in Afghanistan spricht mich persönlich nicht an. Die Bundeswehr hat dort viel getan und leistet auch außermilitärische Hilfe.

Clara Schun: Gerade beim Thema Auslandseinsätze hat man gemerkt, dass sie sich nicht so gut auskennt. Sie will ja, dass sich die Bundeswehr aus Krisengebieten raushält. Aber als der Moderator nachgehakt hat, haben die Argumente gefehlt. Anzug finde ich übrigens besser als T-Shirt und Jeans.
Beate Härig-Dickersbach, Direktkandidatin der AfD:
Benedikt Klein: Direkt am Anfang hat Frau Härig uns als die Loser-Generation betitelt. Wir seien diejenigen, die unter der aktuellen Regierung zu leiden haben. Und egal, ob das nun stimmt oder nicht - das löst natürlich Emotionen aus. Insgesamt waren hinter der Schaumschlägerei aber wenige Lösungsansätze.

Clara Schun: Sie hat versucht, einfache Antworten auf schwierige Fragen zu geben, und wohl gehofft, dass wir darauf reinfallen. Da behauptet sie einmal, der Staat würde so viel Steuern verschwenden, dass wir uns ein Grundeinkommen von 1000 Euro leisten könnten. Aber sie hat nicht gesagt, wofür die Steuern angeblich verschwendet werden.
Tabea Rößner, Bundestagsabgeordnete der Grünen (Die Grünen haben keinen Direktkandidaten im Wahlkreis 202):
Clara Schun: Ich fand es gut, dass sie nicht gesprochen hat wie eine typische Politikerin. Sie hat Alltagserfahrungen eingebracht, um ihre Standpunkte greifbarer zu machen. Damit konnte ich mich identifizieren.

Jana Klas: Sie hat versucht, einen emotionalen Draht aufzubauen. Bei mir hat das auch geklappt, was ihre Person angeht. Ihre Politik fand ich allerdings wenig überzeugend. Ein Beispiel dafür wäre, die Bildungssysteme bundesweit anzugleichen. Die Bedürfnisse der Schüler sind doch überall verschieden.
Jürgen Krämer, Direktkandidat der FDP:
Jana Klas: Was mir bei ihm nicht gefallen hat, ist, dass er wie Schnieder die Diskussion über die Rente ins Jahr 2030 verschieben will. Nur weil sie bis dahin angeblich sicher ist, heißt das nicht, dass wir uns nicht vorher Lösungen überlegen sollten. Das wird meine Generation ja betreffen.

Clara Schun: Gerade was die Rente angeht, fand ich ihn überzeugend, denn er spricht sich für ein flexibles Einstiegsalter aus. Das finde ich sinnvoll.
Auch sein Ansatz, mehr Geld in die Schulen zu investieren, finde ich gut. Sie sollten mal unsere Klassenräume sehen …Interview Jugend und PolitikExtra: SO WÄHLT DIE JUGEND

 Clara Schun.

Clara Schun.

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 Benedikt Klein.

Benedikt Klein.

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 Jana Klas.

Jana Klas.

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Die CDU steht mit etwa 25 Prozent bei Erstwählern am höchsten im Kurs. Das ergaben jüngste Umfragen. Aber auch Grüne (15 Prozent) und FDP (11 Prozent) erzielen starke Ergebnisse. Diese Parteien schaffen es anscheinend am besten, Themen zu setzen, die Jugendliche betreffen. Aber auch ein anderer Faktor könnte eine Rolle spielen. Nach einer Studie des österreichischen Forschers Bernhard Heinzlmaier achten junge Menschen auch stark auf das Äußere von Politikern. Sind die modisch gekleidet, körperlich fit? Das zeigt sich auch bei unseren drei Erstwählern. Auch sie bewerten die Garderobe der Politiker. Mit den Inhalten setzen sie sich trotzdem auseinander. Quellen: ARD, dpa

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