Kaum Aussicht auf Erfolg

Vor dem Aachener Verwaltungsgericht klagen derzeit 33 Einwohner des Schleidener Stadtteils Wolfgarten gegen die Höhe ihrer Kanalanschlussgebühren.

Aachen. "Was im politischen Bereich durchgesetzt werden kann, hält der juristischen Prüfung oft nicht Stand." So ließ der Vorsitzende Richter Ingo Lübbert gleich zum Prozessauftakt durchblicken, dass die Klagen der 33 Wolfgartener gegen die Kanalanschlussbeiträge wenig Aussicht auf Erfolg haben könnten. Richter Ingo Lübbert hatte sich intensiv auf die Verhandlung am Verwaltungegericht Aachen vorbereitet. Er kennt sich gut im Schleidener Tal aus, schließlich wirkte er vor Jahren beim Verfahren "Abwassersatzung der Gemeinde Hellenthal" am Oberverwaltungsgericht mit.In ihrer Klage bezogen sich die Wolfgartener auf eine schriftliche Aussage des damaligen Bürgermeisters Christoph Lorbach vom Juli 2001, die Beiträge würden fünf Mark nicht überschreiten. Dieser alte Beitrag war laut Ratsbeschluss von 1997 aber nur bis 1999 befristet.2004 wurde der Kanal in Wolfgarten fertiggestellt, die Bescheide 2005 verschickt, nachdem der Rat am 16. Juni 2005 beschlossen hatte, statt der üblichen 7,96 Euro den Beitrag um 70 Cent auf 7,26 Euro zu verringern. "Man muss sich doch auf das, was ein Bürgermeister zusichert, verlassen können", argumentierten die Wolfgartener.Der Richter zeigte Verständnis: "Wie Sie nun wissen, kann man sich darauf nicht verlassen, nämlich dann, wenn die Versprechen juristisch nicht einwandfrei sind, oder man erkennen kann, dass damit ein Wahlversprechen eingeleitet wird." Außerdem fehle diesem Schreiben die für die Rechtsverbindlichkeit notwendige zweite Unterschrift.Einige nahmen die Klage zurück

Nun berufen sich Wolfgartener Bürger darauf, dass die Stadt 2000 in Wintzen den versprochenen ermäßigten Beitrag abgerechnet hat. Sie forderten Gleichbehandlung. Die Stadt brachte vor, auf die alte Billigkeitslösung könnten sich die Kläger nicht berufen, weil die Kanalisierung Wolfgartens erst sehr viel später erfolgt sei. Beim Schreiben Lorbachs handele es sich um eine unrichtige Information.Hier setzte Richter Lübbert erneut an: "Diesen Billigkeitserlass hätte der Rat nie fassen dürfen, denn er verletzt das Gleichbehandlungsgesetz." Die drei Anwälte, die die Wolfgartener Kläger vertraten, verspürten schon bald nach Prozessauftakt Beratungsbedarf und baten um eine Verhandlungspause. Nach der kurzen Mittagspause zog einer der Anwälte die Klage seines Mandanten zurück. Richter Lübbert lag aber viel daran, jedem Kläger die Möglichkeit zu geben, seine Ansicht vorzubringen.Nach der Marathonsitzung verkündete der Richter am Abend in einem Fall ein Urteil und gab der Stadt Schleiden im Ergebnis recht: "Auf das Schreiben des ehemaligen Bürgermeisters kann sich der Kläger nicht berufen." Hierbei handele es sich um eine "unrichtige Mitteilung des Inhalts des Ratsbeschlusses aus dem Jahre 1997. Bürgermeister und Verwaltung seien an die vom Rat erlassene Satzung und die Vorgaben des Abgabenrechts gebunden.Daraufhin nahmen einige Wolfgartener ihre Klage zurück. Die Entscheidung über die weiteren noch ausstehenden Klagen werden in nächster Zeit vom Gericht zugestellt. Die unterlegenen Kläger können gegen die Entscheidung Berufung einlegen, über deren Zulassung wird das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden.Bürgermeister Ralf Hergarten fühlte sich sichtlich unwohl im Sitzungssaal. Ähnlich wie der Richter war Hergarten mit den Wolfgartenern einer Meinung. Der Richter gab Hergarten auf zu prüfen, ob eine Billigkeitslösung im Einzelfall möglich ist. "Dazu brauche ich einen Ratsbeschluss" sagte Hergarten.

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