"Kein Kind wird als Dieb geboren"

PRÜM. "Erwischt!" hieß der Titel der 49. Auflage des Grundschul-Forums. Über Kinder und Jugendliche als Ladendiebe referierte eine Expertin: Rita Goblitschke aus Breitscheid bei Koblenz.

Als leibhaftige, aber ehemalige Kaufhausdetektivin stellte Klaus Hack, Rektor der Bertrada-Grundschule, den zahlreichen Zuhörern die Referentin vor. Einen Grund, das Thema Ladendiebstahl im Bereich der Grundschule zu suchen, falle nicht schwer, fügte er hinzu. Wisse man doch aus eigener Erfahrung und aus der Entwicklungspsychologie, dass vor allem Kinder der dritten und vierten Jahrgangsstufe dafür anfällig sind. Besonders "in" unter den berüchtigten "Mutproben" sei der Ladendiebstahl. Rita Goblitschke berichtete aus ihrer langjährigen Praxis als Kaufhausdetektivin. Über ihre Erlebnisse und Erfahrungen hat sie ein Buch geschrieben. "Der Dieb und das Kaufhaus". Selbst Mutter eines inzwischen erwachsenen Sohnes - "früher auch nicht gerade ein Musterknabe" - fühlte sie sich von den Einzelschicksalen jugendlicher Straftäter und stehlender Kinder letztendlich so betroffen, dass sie ihren Beruf aufgab. "Stets galt es zwischen Geschäftsführung, Polizei und Eltern zu vermitteln, um unnötige Härten für erstmals ,geschnappte' junge Menschen abzumildern", erinnert sich die Detektivin a.D. Oft genug seien es gerade die Eltern, die durch Ignoranz und Orientierungslosigkeit die Fronten eher verhärten und den heilsamen Dialog unmöglich machen. Nicht nur als Detektivin "zwischen allen Stühlen", nicht "auf der anderen Seite", wie ein Polizist oder Richter, sondern auch als fühlende Mutter nennt Rita Goblitschke vor allem "die Widersprüche in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen" als problemfördernd. Politik, Eltern und Gesellschaft seien gefragt. "Kein Kind wird als Dieb geboren", konstatiert Rita Goblitschke. Jeder Junge und jedes Mädchen wolle auch einmal so sein und das haben, was ihnen von allen Seiten, vor allem vom Fernsehen und der Werbung unentwegt als "cool" und das Wertgefühl steigernd suggeriert wird. Rita Goblitschke beschreibt den Kaufhaus-Alltag: Wenn Kinder von der Polizei statt von den Eltern abgeholt werden, damit sie heil nach Hause kommen, ist das sicher kein Feingefühl im Umgang mit dem Täter Kind. Sechzehnjährige in Handschellen vor Gericht sind ein erschütternder Anblick. Es gibt Taschendiebe unter 14 Jahren, die von den Eltern oder älteren Jugendlichen zum Diebstahl verleitet oder gar gezwungen werden. Mütter, die sich trotz Benachrichtigung über die Straffälligkeit ihres Kindes nicht melden. Den Halbwüchsigen fehlt es an Taschengeld. Vierzehnjährige "shoppen" mit der vom Vater entwendeten EC-Karte. "Den Schaden zahlt immer der Kaufhauskunde, denn Diebstahl, gleich Schwund, ist in im Preis einkalkuliert", bemerkt sie beiläufig. "Wir alle sind Eltern. Vater und Mutter ist man ein Leben lang, nicht nur, wenn es schön ist und Spaß macht. Unsere Kinder brauchen uns."

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