Kein lockerer Kino-Sommer-Abend mit Quentin Tarantino

Vogelsang · Dass Tarantino-Filme nichts für zart Besaitete sind, ist klar. Genauso, dass es im Film um Fiktion geht. Dennoch bot die Vorführung von "Inglorious Basterds" an einem Ort wie Vogelsang Diskussionsstoff.

 Hitler im Vogelsang-Kino: Im Film „Inglourious Basterds“ wird der Diktator – fern der historischen Wahrheit – in einem Pariser Kino ermordet. TV-Foto: Elvira Hilgers

Hitler im Vogelsang-Kino: Im Film „Inglourious Basterds“ wird der Diktator – fern der historischen Wahrheit – in einem Pariser Kino ermordet. TV-Foto: Elvira Hilgers

Vogelsang. Der Film spielt fernab jeder historischen Wahrheit. Dennoch wies Klaus Ring in seiner Einführung zu "Inglourious Basterds" (übersetzt etwa "Unrühmliche Bastarde") darauf hin, dass Hitler natürlich nicht in einem Pariser Kino ermordet worden sei und eine fiktive Geschichte über die Leinwand flimmere.
Das Interesse an der fünften Auflage des Open-Air-Kinos auf dem Adlerhof war trotz des bescheidenen Wetters mit Regen und empfindlich kühlen acht Grad groß: Rund 600 Besucher strömten herbei - mit Decken und Regencapes als Schutz vor der unwirtlichen Witterung.
Doch schnell wurde klar, dass es nicht nur wegen des Wetters kein ganz lockerer Sommer-Kino-Abend werden sollte. Dafür ist ein Film wie "Inglourious Basterds" nicht geeignet. Es geht um eine während des Zweiten Weltkriegs zusammengestellte jüdische Spezialeinheit, die in Frankreich mit dem Auftrag abgesetzt wird, möglichst viele Feinde zu töten. Und es geht um eine jüdische Bauerntochter, die die Ermordung ihrer Familie überlebt und später unter einem Decknamen ein Kino in Paris betreibt. Jenes Kino, in dem ein Nazi-Propaganda-Film Premiere haben soll, zu der die NS-Führungsspitze anreist. Sowohl die Kinobetreiberin als auch die "Inglourious Basterds" planen Anschläge. Wie bei Tarantino-Filmen üblich, geht es ebenso turbulent wie blutrünstig zu.
Der Film ließ die Besucher nicht kalt. Mucksmäuschenstill war es auf dem Adlerhof. So, wie der Film bei seiner Premiere vor zwei Jahren von den Kritikern kontrovers diskutiert worden war, war es am Freitag auch in Vogelsang. Dass Filmemachern künstlerische Freiheiten zuzugestehen sind, ist genauso unstrittig wie, dass es immer nur subjektive Antworten auf die Frage gebe, wie man mit blutigen Rachefantasien umzugehen habe.
Bewusst für\'s Vogelsang-Kino ausgewählt wurde der Film, da es aus Sicht der wissenschaftlichen Referenten Julia Schmidt und Klaus Ring ein Film ist, der "thematisch oder filmästhetisch" in Beziehung zu Vogelsang und seiner Geschichte gesetzt werden kann. Eine entsprechende Diskussion zu fördern, gehöre auch zum bildungspolitischen und kulturellen Angebot.
So gab es nach dem Film unterschiedliche Reaktionen. Manche Befürworter äußerten kurz und knapp, dass sie den Film gut finden. Andere bezeichneten es als befremdlich und interessant zugleich, den Film an diesem Ort zu sehen - die Atmosphäre zwinge regelrecht zum Nachdenken.
Ganz und gar nicht einverstanden mit dieser Filmvorführung war Rolf Zimmermann, Geschäftsführer des DRK im Kreis Euskirchen. Seine Abneigung resultiere weniger aus dem Veranstaltungsort als vielmehr aus den Darstellungen von "Gewalt aus Spaß an der Freud". Die benötige man nicht, um darzustellen, dass eine Zeit schrecklich war - und das müsse man auch nicht als Kunstform verkaufen.

Gegen das Open-Air-Kino habe er nichts einzuwenden - im Gegenteil. Das sei eine klasse Veranstaltung mit einer einzigartigen Atmosphäre, die gefördert und erhalten werden müsse. Grundsätzlich sei es auch in Ordnung, "grenzwertige" Filme zu zeigen. Doch wenn es wie in "Inglouious Basterds" um Gewalt und Skalpieren gehe, sei die Grenze überschritten. evi

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