Keine Lust auf Nachtarbeit

Die Steinborner und Seinsfelder Ortsvorsteher haben sich heftig gegen die Anstellung von Nachtwächtern gewehrt. Aber sie kamen im 19. Jahrhundert nicht gegen den preußischen Staat an. Alle Männer mussten reihum Nachtwache schieben.

 Die Familie Jegen in Steinborn bei der Arbeit an ihrem Hofraum. Vor 165 Jahren hätten zwei von ihnen, Vater und Sohn, nach beendetem Tagewerk noch Nachtwache schieben müssen. TV-Foto: Erich Gerten

Die Familie Jegen in Steinborn bei der Arbeit an ihrem Hofraum. Vor 165 Jahren hätten zwei von ihnen, Vater und Sohn, nach beendetem Tagewerk noch Nachtwache schieben müssen. TV-Foto: Erich Gerten

Steinborn/Seinsfeld. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in der Region Trier in jedem Dorf einen Nachtwächter. Allerdings stellten die Gemeinden nicht freiwillig einen Nachtwächter ein, da dieser ja auch bezahlt werden musste.

Es war aufgrund einer Verordnung der Bezirksregierung Trier von 1842 vorgesehen, dass Nachtwachen zur frühzeitigen Erkennung von Bränden in jedem Dorf eingesetzt werden mussten. In Seinsfeld und Steinborn bei Kyllburg ignorierten die Gemeindeväter diese Verpflichtung. Aber der ordnungsliebende preußische Staat und seine Gendarmen bemerkten deren Fehlen, wie einem Aktenstück der ehemaligen Bürgermeisterei Seinsfeld entnommen werden kann.

Bei einer am 9. Dezember 1842 unternommenen Nachtpatrouille trafen "unterzeichnende Gendarmen in der Bürgermeisterei Seinsfeld keine Nachtwache an". Daraufhin wurde in Seinsfeld im April 1843 Nikolaus Alker als Nachtwächter eingestellt und in Steinborn Nikolaus Elsen. Sie hatten im Winter die Stunden von 10 Uhr abends bis 4 Uhr morgens und im Sommer von 11 Uhr abends bis 3 Uhr morgens mit einem Signalhorn von "bestimmten Plätzen aus pünktlich anzugeben".

Aber bereits ein halbes Jahr später kündigte Elsen seinen Dienst. Das kam dem Steinborner Ortsvorsteher gelegen. Er sprach sich für die gänzliche Aufhebung der Stelle aus, weil "Steinborn nur 22 Familien hat". Laut Verordnung war in diesem Falle jeder männliche Haushaltsvorstand verpflichtet, im Wechsel reihum die Nachtwache durchzuführen.

Der Ortsvorsteher organisierte dies dann auch. Aber er beauftragte nicht nur die erwachsenen Männer, sondern zudem auch Knaben. Im benachbarten Seinsfeld erfolgte Ähnliches.

Dies wiederum rief die Behörden auf den Plan, die am 27. Januar 1844 dem Beigeordneten Schilz zu Seinsfeld und Clementz zu Steinborn schrieben: "Es ist uns zu unserer Kenntnis gekommen, dass man die Nachtwache sogar durch Knaben wahrnehmen lässt. Als erster Polizeibeamter des Ortes haben Sie mit den Feldhütern und Polizeidienern streng darauf zu achten, dass die Nachtwache ordnungsmäßig vollzogen wird."

Die Gemeinden wurden beauftragt, gemäß den gesetzlichen Bestimmungen, die Nachtwache "in der Reihenfolge von den erwachsenen männlichen Gemeindemitgliedern" auszuführen. Damit war klar - von jedem Steinborner und Seinsfelder Mann war angewiesen, etwa einmal im Monat reihum die Nachtwache zu halten. Dies scheint in der Folge dann auch geklappt zu haben, denn die Akten vermelden keine weiteren Vorfälle.

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