Keine Zeit zum Haareschneiden: Neue Kleiderordnung der US Air Base Spangdahlem verkürzt Mittagspause der Luftwaffe
Spangdahlem/Speicher · In Binsfeld Brötchen kaufen und in Speicher zu Mittag essen: Das war für 5000 Armeeangehörige der US Air Base Spangdahlem bis vor kurzem in der "lunch hour" eine Selbstverständlichkeit. Doch neuerdings dürfen sie in ziviler Angelegenheit außerhalb der Base keine Uniform mehr tragen. In der Mittagspause bleiben sie nun meist auf dem Flugplatz.
Spangdahlem/Speicher. Die Füße auf den Schreibtisch gelegt, die Arme hinter dem Kopf verschränkt: So schlägt ein Autohändler, der seinen Namen nicht preisgeben möchte, mittags um 12 Uhr in der Nähe des US-Flugplatzes Spangdahlem die Zeit tot. "Bis 16 Uhr sehe ich hier neuerdings keinen Kunden von der Base mehr", sagt der Händler. Grund dafür ist eine neue Sicherheitsmaßnahme, die den Armeeangehörigen des US-Flugplatzes Spangdahlem verbietet, außerhalb der Base in zivilen Angelegenheiten ihre Uniform zu tragen.
Eine Anfrage des Trierischen Volksfreunds an die Air Base Spangdahlem zum Hintergrund der Anordnung beantwortet die Pressestelle des 52. Jagdgeschwaders: "Leider können wir keine einzelnen Maßnahmen oder Sicherheitslagen in Militäranlagen erläutern." Die Schutzmaßnahme beruhe auf einer Anordnung des US Euopean Command und betreffe alle europäischen Flugplätze der US-Luftwaffe.Sicherheit geht vor
Der Autohändler, der täglich mit US-Soldaten des Stützpunktes Kontakt hat, erklärt, er kenne den Hintergrund der Sicherheitsmaßnahme: "Mit den Anschlägen in Paris und Brüssel rückt der Terror näher und die Gefahr, dass auch hier in der Gegend etwas passiert, steigt." In ziviler Kleidung seien die Soldaten in der Umgebung des Flugplatzes hingegen nicht als Armeeangehörige identifizierbar, weshalb die Anordnung das Leben der Armeeangehörigen zu schützen suche. "Wir müssen das respektieren", sagt der Händler, obwohl die Schutzmaßnahme seinen Autoverkauf um etwa 30 Prozent einschränke.
Denn die neue Kleiderordnung für das Auftreten außerhalb der Air Base macht es den Armeeangehörigen schwer, während ihrer einstündigen Mittagspause noch Ausflüge von der Base in die Umgebung zu unternehmen. Sei es, um einen Happen zu essen oder Einkäufe zu erledigen. Dafür müssen sie nun ihre schweren Stiefel und die Militäruniform gegen zivile Kleidung tauschen und noch vor Ende der Pause wieder zurück in ihre Uniform schlüpfen. Das kostet Zeit. Viele Gewerbetreibende rund um die Air Base spüren diese Anordnung in ihren Kassen.
So geht es Deiby Severino, der seit acht Jahren im Ortskern von Spangdahlem einen Friseursalon betreibt. "99,9 Prozent meiner Kunden sind von der Airbase. Früher kamen tagsüber rund 25 Militärangehörige zum Haare schneiden. Neuerdings sind es nur noch etwa zehn", sagt Severino. "Wenn diese Verordnung nicht aufgehoben wird, sieht es für mich schlecht aus", erklärt Severino, der Vater von vier Kindern ist. Nicht ganz so hart trifft es Siriluk Law Pammy. Sie betreibt in Spangdahlem das Thai-China-Restaurant "Pammy". "Mittags ist es schlimm. Mir fehlen 50 Prozent der Kunden." Doch auch in Speicher, Binsfeld und Herforst spürt man die neue Regelung. Dieter Antony, Geschäftsführer der Total Tankstelle in Herforst: "Die Amerikaner bringen ihre Wagen zur Reparatur jetzt immer erst nach ihrem Feierabend rein. Für uns ist das aber kein großer Nachteil."
Das Mittagsgeschäft des Eiscafés Dolomiti in Speicher berühre die neue Regelung jedoch erheblich, weiß Angestellte Sandra Carocari: "Früher kamen mittags rund 30 Airmen kurz auf ein Eis rein, jetzt kommt von der Base keiner mehr."
Pietro Mereu hat bereits erste Konsequenzen aus dem verebbten Kundenstrom gezogen und sein italienisches Restaurant Isola Bella in Binsfeld mittags nun geschlossen. "Das tut weh. Die dienstleistenden Berufe rund um die Base leiden unter der neuen Verordnung. Das ist für die ganze Gegend ein ernstes, wirtschaftliches Problem", sagt Mereu.Unter vier Augen
Doch so offen wie Carocari und Mereu spricht kaum einer der betroffenen Geschäftsleute über die Auswirkungen der neuen Kleiderordnung. Unter vier Augen erklären zwar die meisten Gastronomen und Händler in der Umgebung der Air Base, dass sie finanziell - teils erheblich - unter der neuen Schutzmaßnahme leiden.
Aus Loyalität zu den Armeeangehörigen, oder weil man fürchtet, bei den amerikanischen Kunden in Ungnade zu fallen, möchte jedoch kaum jemand öffentlich Stellung beziehen - und schon gar nicht seinen Namen gedruckt sehen.