Klänge für neblige Bilder

HILLESHEIM. Eine besondere Veranstaltung zu einer besonderen Zeit: Erstmals als Kino-Matinee hieß es auf der Hillesheimer Eifelfilm-Bühne: Stummfilm ab – Ton live. Die Zuschauer waren begeistert vom Klavierspiel zum Stummfilm von 1928 "Die Büchse der Pandora".

 Kinopianist Daniel Kothenschulte sorgte für die passende Musik zum Stummfilm "Die Büchse der Pandora" von 1928. Foto: Gabi Vogelsberg

Kinopianist Daniel Kothenschulte sorgte für die passende Musik zum Stummfilm "Die Büchse der Pandora" von 1928. Foto: Gabi Vogelsberg

Standing ovations heimste Daniel Kothenschulte für seine beachtliche Leistung als Kinopianist ein. Zwei Stunden lang spielte der 38-jährige Filmkritiker, Dozent für Filmgeschichte und Gründer des Silent Movie Theaters in Köln, non-stop live zum Stummfilm - hochkonzentrierter Blick auf die Leinwand, virtuos wirbelnde Finger über die Tasten. Dabei steht der Pianist im Kino gar nicht im Rampenlicht. Sein größtes Lob ist es, wenn die Zuschauer quasi vergessen, dass er neben der Leinwand sitzt und spielt und seine wiegenden Bewegungen zum Spiel im Schein der winzigen Lampe über den Tasten nicht bemerkt. Claudia Howard aus Leudersdorf vertritt die Meinung der meisten Zuschauer: "Er war total integriert. Die Musik war so perfekt stimmig zum Geschehen auf der Leinwand, dass man den Musiker nicht mehr registriert hat. Es war wirklich klasse."Stimmungen tragen durch die Stummfilme

Winfried und Doris Ponsens aus Weilerswist haben sich zum ersten Mal auf das Zusammenspiel von Stummfilm und Musik eingelassen. Unisono sagen sie: "Es war schön. Wir kommen wieder." Kornelia Freyenberg aus Prüm lobt: "Großartig, dass so was in der Eifel angeboten wird." Zu den jüngsten Zuschauern zählten Johannes (9) und Georg (7) Kirwel aus Üdelhofen. Johannes resümierte: "Die Musik war toll, und die Szenen im Nebel auch." "Die Büchse der Pandora", ein Stummfilm der Regisseur-Legende Georg Wilhelm Pabst, gilt als seiner Zeit (produziert 1928) vor- aus. Dabei ist es eine Kombination der Frank Wedekind-Theaterstücke "Erdgeist" (1898) und "Die Büchse der Pandora" (1903). Die Hauptrollen spielen Louise Brooks als Lulu und Fritz Kortner als Dr. Schön. Als das Verhältnis zwischen der Blumenverkäuferin Lulu und dem Zeitungsverleger Schön auffliegt, platzt dessen Verlobung, und er heiratet Lulu. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als Schön auf tragische Weise in der Hochzeitsnacht erschossen wird, Lulu flieht, in den Gassen Londons landet und von Jack the Ripper ermordet wird. Für Pianist Kothenschulte sind die Kneipenszenen eine Herausforderung: "Man ist im Zwiespalt, ob man Barmusik für den Hintergrund spielt, oder der Dramaturgie folgen soll." Der 38-Jährige spielt intuitiv. Der Filmkritiker, Dozent an der Fachhochschule für Filmgeschichte und Gründer des Silent Movie Theaters im Kölner Museum Ludwig, erklärt: "Bei Stummfilmen wird man mit Stimmungen durch den Film getragen, und weil Melodramen die interessanteren Wechsel haben, mag ich sie ganz besonders." Ob der Premiere als Kino-Matinee eine Neuauflage folgt, wollte Kino-Chefin Christine Runge noch nicht mit Bestimmtheit behaupten. Sie verspricht: "Im nächsten Jahr wird es wieder Stummfilm mit Live-Musik geben - spätestens im Oktober." Das erste Schneewochenende hatte nämlich für etliche Absagen gesorgt.

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