Kommunalaufsicht stoppt Nahwärmekonzept

Irrel/Neuerburg · Der Kreis verbietet, was er selbst bedenkenlos tut: So wird von den Verbandsgemeinden Irrel und Neuerburg erwartet, dass sie einen Wärmeversorgungsvertrag EU-weit ausschreiben. Der Kreis hingegen hat den Auftrag bereits ohne Ausschreibung vergeben.

Irrel/Neuerburg. Der Elektrokessel im Irreler Hallenbad hat bereits 40 Jahre auf dem Buckel und ist so aus der Mode, dass er nicht mehr hergestellt wird. "Die letzten Ersatzteile haben wir im Internet gefunden", sagt Moritz Petry, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Irrel. Der alte Kessel ist ein Risikofaktor und könnte von heute auf morgen ausfallen, befürchtet der Bürgermeister. Mit ein Grund, warum sich die Verwaltung Gedanken über ein neues Heizungskonzept gemacht hat (der TV berichtete), zumal auch weitere Gebäude davon einen Nutzen haben könnten. Da kam das Angebot der Trierer Firma H2 gerade recht, die auf regionale Nahwärmenetze spezialisiert ist. Kern des Konzepts ist eine Hackschnitzelanlage, mit der man per Leitung mehrere Großgebäude beheizen könnte. Auch in Neuerburg gibt es Pläne zum Bau eines solchen Netzes mit dieser Firma. Dort sollen das Gymnasium, die Realschule plus, das Verwaltungsgebäude, der Kindergarten und eigentlich auch das Krankenhaus so mit Wärme versorgt werden. Ausschreibung notwendig

Doch so einfach ist die Sache nicht. Laut Gisela Mayer-Schlöder, Geschäftsbereichsleiterin der Kommunalaufsicht, ist grundsätzlich eine EU-weite öffentliche Ausschreibung erforderlich. Sollte sich im Nachhinein erweisen, dass das Nahwärmenetz unwirtschaftlich ist, könnte der Kreis haftbar gemacht werden. Ihre Befürchtung: "Wenn wir schuldhaft nicht ordentlich prüfen, könnten gegen den Kreis Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden." Deshalb hat die Kommunalaufsicht des Eifelkreises Bitburg-Prüm den beiden betroffenen Verbandsgemeinden die freihändige Vergabe untersagt. Begründung: "Bei dem Vertrag handelt es sich um ein kreditähnliches Rechtsgeschäft. Die freihändige Vergabe verstößt gegen die Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnung und gegen § 101 b Absatz 1 Nummer 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen." Der Landesbetrieb LBB Rheinland-Pfalz, Träger des Gymnasiums in Neuerburg, und der Eifelkreis Bitburg-Prüm, Träger der Realschule plus in Neuerburg, haben aber bereits mit der Firma H2 einen Vertrag abgeschlossen - und zwar ohne vorausgegeangenen Teilnahmewettbewerb. Martin Olinger, als Amtsleiter zuständig für Haushalt und Liegenschaften im Eifelkreis, hat eine andere Rechtsauffassung als seine Kollegin. Er sieht es als sehr unwahrscheinlich an, dass es ein weiteres Unternehmen gibt, das diese Leistung an dieser Stelle anbieten könnte. Er hat deshalb den Auftrag nur im EU-Amtsblatt veröffentlicht - was einer freihändigen Vergabe entspricht. Innerhalb der Frist habe sich kein weiterer Anbieter bei ihm gemeldet, sagt er.Norbert Schneider, Bürgermeister der VG Neuerburg, hat nun die Wärmelieferung europaweit ausgeschrieben. Sein Kollege in Irrel, Moritz Petry, arbeitet mit Hochdruck an einer rechtskonformen Ausschreibung. Doch im Gegensatz zu Neuerburg, wo die Abnehmer bereits feststehen, gibt es in Irrel ein offenes Konzept mit vielen Unbekannten. So hat der Kreis schon abgelehnt, die Realschule plus in das Konzept mit aufzunehmen, da die Schule seit Jahren mit sinkenden Schülerzahlen kämpft. Auch die Zukunft des Verwaltungsgebäudes ist offen und ob und wie viele Bürger sich schließlich am Konzept beteiligen wollen, ebenfalls. Und wie es überhaupt um die Zukunft des Hallenbades steht, das wohl der größte Wärme-Abnehmer sein dürfte, wird sicherlich auch ein Thema sein, das der neu zu wählende VG-Rat Südeifel erst noch zu besprechen hat. Meinung

Nicht nachvollziehbarDas Vergaberecht ist eine komplizierte Materie. Damit den Verbandsgemeinden bei der Vergabe öffentlicher Aufträge keine Fehler passieren, prüft die Kommunalaufsicht die Verträge. Dass den Verbandsgemeinden Irrel und Neuerburg aufgrund gesetzlicher Vorgaben die freihändige Vergabe des Wärmelieferungsvertrags untersagt wurde, ist nachvollziehbar. Schwer ist allerdings zu verstehen, warum sich Land und Kreis über diese Bestimmungen hinwegsetzen durften. Dass es dabei im gleichen Haus unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt, kann nicht sein. s.glandien@volksfreund.deExtra

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen: § 101 b, Abs. 1. Nr. 2: Ein Vertrag ist von Anfang an unwirksam, wenn der Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist und dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren nach Absatz 2 festgestellt worden ist. sn

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