Kommunalreform: Großfusion fraglich

Gerolstein/Hillesheim/Jünkerath · Schlussrunde bei den Fusionsverhandlungen zwischen den Verbandsgemeinden Gerolstein, Hillesheim und Obere Kyll: Nächsten Donnerstag sind in allen drei Kommunen gleichzeitige Ratssitzungen einberufen. Wichtigster Punkt: die Entscheidung über den Zusammenschluss. Beherrschende Frage: Ist Gerolstein noch dabei?

Gerolstein/Hillesheim/Jünkerath. Sie halten dicht: Die Bürgermeister Matthias Pauly (Gerolstein), Heike Bohn (Hillesheim) und Diane Schmitz (Obere Kyll) wollen nicht verraten, auf welche Fusionsvariante es in ihren Kommunen hinausläuft.
Die kommunalen Spatzen sind da kommunikativer: Von immer mehr Dächern zwitschern sie herab, dass es möglicherweise nicht zum Dreier kommen wird, auch wenn diese Variante im Reform-Gutachten der Universität Trier an erster Stelle empfohlen wurde und in der großen Lenkungsgruppe der drei Kommunen monatelang darüber verhandelt wurde (der TV berichtete, siehe Extra).
Gerolstein könnte aussteigen, weil die Großfusion die Einwohner teuer zu stehen kommen dürfte. Die VG steht in vielen Belangen besser da als ihre Nachbarn: Zwar schleppt sie Altlasten in Höhe von 8,2 Millionen Euro aus Großinvestitionen mit sich (allein sechs Millionen Euro für die Sanierung des Freibads und des Westflügels der Grund- und Realschule plus), ihre laufenden Geschäfte regelt sie aber ohne Neuverschuldung und nimmt daher auch nicht, wie die beiden anderen Verbandsgemeinden, am Kommunalen Entschuldungsfonds teil. Hingegen nimmt die VG Obere Kyll in diesem Jahr 8,5 Millionen Euro Kassenkredite auf, um über die Runden zu kommen, bei der VG Hillesheim sind es 2,6 Millionen. Im Dreierbund müssten die Gerolsteiner einen Teil dieser Last mittragen. Da helfen auch die schönsten Hochzeitsprämien nichts, die das Land versprochen hat.
KOMMUNAL REFORM



Dabei dürften auch infrastrukturelle Fragen eine Rolle spielen: Mehr bezahlen, aber einen weiterführenden Schulstandort aufgeben? Schwer vorstellbar, dass Pauly und die anderen Vertreter im Lenkungsausschuss den Bürgern in ihrer VG das schmackhaft machen könnten. Auch die unterschiedlich hohen Wasser- und Abwassergebühren in den drei Verbandsgemeinden wären ein Problem: Bei einer Fusion könnte es passieren, dass die Bürger der VG Gerolstein etwas stärker zur Wasser-Kasse gebeten werden als bisher.
Am nächsten Donnerstag wird man mehr wissen: "Es gibt eine Entwicklung, die verkündet und erklärt wird", sagt die Hillesheimer Bürgermeisterin Heike Bohn. Mehr sagt sie dazu nicht, denn die drei Kommunalchefs haben Schweigen vereinbart - und für eben diesen 2. Februar eine Ratssitzung einberufen. In Gerolstein und Hillesheim beginnt sie um 17 Uhr, in Jünkerath bereits um 16.30 Uhr. "Aber wir werden alle gleichzeitig den Punkt ansprechen", sagt Diane Schmitz - den Punkt nämlich, bei dem die Fraktionen entscheiden sollen, für welche Fusionsvariante sie sind. Für den gleichen Tag haben die Bürgermeister eine Pressemitteilung angekündigt. Was mag da wohl drinstehen? Dass der Rat in Gerolstein gegen die Fusion gestimmt hat und nur die beiden anderen zusammengehen? "Sie können spekulieren, ich sage nichts dazu", antwortet Matthias Pauly auf diese Frage. Er habe ja "viel Verständnis für Medien und Presse", aber sein Auftraggeber sei nun einmal jemand anderes: Erst würden die Ortsbürgermeister und der Rat über das Ergebnis der Gespräche in der Lenkungsgruppe und die Sachlage informiert. Danach werde er seine Einschätzung vortragen, sagt Pauly. "Und dann wird daraus ein Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise. Sie können davon ausgehen, dass der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Gerolstein eine klare Meinung hat. Und die wird er auch äußern." Die Sitzungen am Donnerstag, 2. Februar, sind öffentlich.

Extra

Die Kritik an der Verwaltungsreform dauert an. Etliche Alt-Kommunale - wie Stadtkylls früherer Ortsbürgermeister Peter Linden (der TV berichtete) erinnern an die Verletzungen, die die Reform vor 40 Jahren in vielen Gemeinden hinterließ und warnen davor, die Wünsche der Bürger erneut zu missachten. Ormonts früherer Ortsbürgermeister Christian Lux hat sich ebenfalls beim TV gemeldet: Auch damals, erzählt Lux, habe die Landesregierung versprochen, den Bürgerwillen zu berücksichtigen. Er selbst sei dabei gewesen, als CDU-Ministerpräsident Helmut Kohl vor der Basilika in Prüm eine Rede gehalten habe: "Kohl sagte: Jeder wird gefragt." Am Ende aber seien Ormont, Hallschlag, Reuth, Stadtkyll und weitere Gemeinden der neuen Verbandsgemeinde Obere Kyll und damit dem Kreis Daun (heute Vulkaneifelkreis) zugeschlagen worden - gegen den Willen der meisten Einwohner und Kommunalvertreter. Heute wollen diese zurück nach Prüm. Um diesen Wunsch durchzusetzen, erwägen die Räte in Hallschlag, Ormont, Reuth und Scheid einen Bürgerentscheid. fpl In Scheid kommt der Rat heute um 19.30 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus (DGH) zusammen, in Reuth am Freitag, 27. Januar, 19.30 Uhr, im DGH.Extra

Die Experten von der Universität Trier haben ihr Gutachten zur Verwaltungsreform im Februar 2011 vorgestellt. Im Landkreis Vulkaneifel raten sie zu drei Szenarien: Auf Rang eins die Variante mit nur noch zwei großen Verbandsgemeinden statt bisher fünf. Dabei würden die VG Kelberg und Daun fusionieren sowie Gerolstein, Hillesheim und Obere Kyll. Jährliches Einsparpotenzial: fast 1,6 Millionen Euro. "Zweitbestes" Szenario aus der Sicht der Experten: Kelberg und Daun bleiben solo, die drei anderen Kommunen fusionieren wie in Variante eins. Dabei würden jährlich etwa eine Million Euro gespart. Auf Platz drei sehen die Gutachter eine Fusion von Daun und Kelberg sowie Hillesheim und Oberer Kyll. Gerolstein bliebe dabei außen vor. Auch bei dieser Variante würden etwa eine Million Euro gespart. fpl

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