Kommunalreform: Klein, gesund - aber wie lange noch allein? - Was passiert mit der VG Speicher?

Speicher · Hat ein Urteil Folgen für die Zukunft der Verbandsgemeinde Speicher? Beantworten kann das derzeit niemand. Es bleibt aber spannend bei der Kommunalreform, über die jetzt erst mal noch eine Wahl ins Land ziehen muss.

 Zwangsfusion: Irreler und Neuerburger müssen zusammenbleiben.

Zwangsfusion: Irreler und Neuerburger müssen zusammenbleiben.

Foto: Klaus Kimmling

Speicher. Über dieses Hin und Her freuen sich ausnahmsweise alle (naja, fast): In diesen Tagen haben sich die Verwaltungen der Verbandsgemeinden Edenkoben und Maikammer wieder getrennt - inklusive großer Umzugskistenaktion in den beiden Rathäusern. Das Land hatte die beiden Südpfälzer Gemeinden im Zuge der Kommunalreform dazu gezwungen, sich zusammenzuschließen. Maikammer klagte. Der Verfassungsgerichtshof gab der Kommune recht (siehe Extra).
Das Land habe eine Ausnahmeregel nicht angewendet: Es hatte selbst festgelegt, dass kleine Verbandsgemeinden mit weniger als 12 000 Einwohnern aufgelöst werden sollen - außer, die Kommune ist wirtschaftlich gesund. Und das sei bei Maikammer der Fall, so die Richter.KOMMUNAL REFORM


Nein, die Verbandsgemeinde Speicher liegt nicht in der Südpfalz. Aber das muss sie Gott sei Dank auch nicht, weil sich viel bedeutendere Parallelen ziehen lassen. Und deshalb hatte nach dem Urteil Landrat Joachim Streit in einem TV-Interview über die Zukunft des Eifelkreises betont: "Die Verbandsgemeinde Speicher ist finanziell so ausgestattet, dass sie ohne Partner bestehen kann." Und sei nach dem Maikammer-Urteil nicht mehr zwangsfusionierbar - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, also: was die erste Reformstufe betrifft, die "nunmehr so gut wie durch" sei.
Der Haushalt der Kommune ist gesund: So führt sie zum Beispiel keine Kassenkredite und hat zuletzt sogar die VG-Umlage gesenkt - von 34 auf 32 Prozent. Zum Vergleich: In der VG Irrel galt im Jahr 2014 eine Umlage in Höhe von 47,5 Prozent.
Was ihre Selbstständigkeit betrifft, sprach man jedoch immer nur von einer Galgenfrist. Denn die kleine VG Speicher (etwa 8080 Einwohner) blieb bislang nur unangetastet, weil sie spätestens für die zweite Stufe der Kommunalreform vorgesehen war, die auch die Strukturen der Landkreise umfassen soll.
Ändert sich nun mit dem Maikammer-Urteil alles? Muss die Kommune nichts mehr befürchten? Wir fragen Aloysius Söhngen, Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebunds Rheinland-Pfalz, der da doch lieber Vorsicht walten lassen will.
Seiner Einschätzung nach werde vor der zweiten Stufe der Kommunalreform zwar nicht über Speicher gesprochen, aber "ob das auch danach noch gilt, kann ich nicht sagen". Das Maikammer-Urteil sei vielleicht "zumindest für eine längerfristige Selbstständigkeit der VG Speicher hilfreich", sagt Söhngen. "Eins zu eins zu übertragen ist es aber auch nicht."
Anruf bei Bürgermeister Manfred Rodens - und auch der will keine schnellen Schlüsse ziehen: "Ich würde mich ja freuen, aber: Jeder Fall ist anders." Man könne nur abwarten. "Die neuen Gutachten werden jetzt fertiggestellt, dann ist Landtagswahl, dann werden die Karten neu gemischt."
Es gehe dann ja nicht nur um die Kommune, sondern um viele weiterführende Fragen: Was mit den Kreisgrenzen passiere, wie diese künftig aussehen - "und wir liegen ja an zweien".
Und wenn dann doch eine Fusion ins Haus steht, wer wäre ein guter Partner für Speicher? "Mit der Frage beschäftigen wir uns auch, wir haben da unsere Ideen, aber auch keinerlei Grund, da aktiv jetzt vorzupreschen."
Im Moment kümmert sich der Bürgermeister um die VG, die er hat - und die ist selbstständig. Für ihn steht fest: "Wir wollen auch in die Zukunft investieren. Und nicht wie das Kaninchen vor der Schlange stehen."
Trotz einiger Unwägbarkeiten - etwa die Realschule plus, die spätestens 2018 geschlossen werden soll - ist Rodens sicher: "Die Rahmenbedingungen werden gut sein. Wir werden auch in ein paar Jahren noch einen guten und gesunden Haushalt haben." Speicher sei gut aufgestellt und habe gute Voraussetzungen, dass das so bleibt. "Warum soll so eine VG nicht auch Zukunftschancen haben? Aber das", sagt Rodens, "ist nicht unsere Entscheidung."
Landrat Joachim Streit kann auch keine Aussagen dazu treffen, wie "künftige Gebilde auf Kreis- und Verbandsgemeindeebene aussehen werden".
Das sei aber auch zweitrangig. "Im Vordergrund muss eine umfassende Aufgabenkritik stehen.
Dieses Ergebnis bildet dann die Grundlage, wie sinnvolle Gebietsgrößen aussehen können." Auf dieser Grundlage, sagt der Landrat, werde es auch keine Bestandsgarantien geben können.Meinung

So naiv ist keiner mehr
So naiv, aus dem Maikammer-Urteil Prognosen für die Zukunft der Verbandsgemeinde Speicher zu stellen, ist keiner mehr. Kein Wunder: Wer hat schon noch Vertrauen in eine Reform, die bisher vor allem Fragen, Misstrauen, Streit, unnötige Arbeit und Kosten verursacht hat? Oder in eine Regierung, die es versteht, ihre eigenen Regeln zu brechen? e.blaedel@volksfreund.deExtra

Maikammer liegt in der Pfalz südlich von Neustadt an der Weinstraße. Die VG wurde per Gesetz zum 1. Juli 2014 mit der VG Edenkoben zusammengelegt. Laut Urteil des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 8. Juni 2015 ist die Zwangsfusion nichtig. Zwar liegt Maikammer (8000 Einwohner) unterhalb der definierten Grenze von 12 000 Einwohnern. Doch die Verbandsgemeinde sei wirtschaftlich so leistungsfähig, dass ihre Abschaffung nicht dem Gemeinwohl diene und damit die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verletzt sei. eib

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort