Archiv 2017 Wer Wind sät, wird Prozentchen ernten

Arzfeld · Faire Verteilung: Der Rat der Verbandsgemeinde Arzfeld hat zwecks Verwaltung der Einnahmen eine weitere kommunale Gesellschaft gegründet. Und einen geradezu historischen Beschluss gefasst.

 Drei neue Windkraft-Anlagen, ähnlich wie diese, entstehen gerade in der Verbandsgemeinde. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Drei neue Windkraft-Anlagen, ähnlich wie diese, entstehen gerade in der Verbandsgemeinde. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Foto: TV/Fritz-Peter Linden

Die Tagesordnung war länger als die Weihnachts-Wunschliste vieler Kinder: In seiner letzten Sitzung des ablaufenden Jahres hat sich der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Arzfeld mit einer ganzen Latte von Themen befasst.

Nicht alle aber haben eine solch starke – und für viele erfreuliche – Wirkung wie Punkt elf: „Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts“ (AöR).

Der Grund: die Windkraft. Geplant sind in der Kommune neun neue Anlagen – nachdem die Landesregierung der VG voriges Jahr mit ihrer neuen, strengeren Regelung zum Abstand der Anlagen von Wohngebieten einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Also musste man auf drei weitere Windräder verzichten.

Drei davon sind bei Großkampenberg im Bau „und gehen bald ans Netz“, sagt Bürgermeister Andreas Kruppert (CDU). Die sechs anderen, in Lünebach und Lichtenborn, seien genehmigt. Und die AöR, der die Fraktionen am Donnerstag auch gleich einen Aufsichtsrat mit Vertretern aus allen Parteien gaben, wird die Einnahmen verwalten und verteilen.

In der VG hat man bei der Planung der neuen Anlagen, wie auch in anderen Eifeler Kommunen, ein Solidarmodell entwickelt. Und zwar ein ganz spezielles – Motto: Jeder Eigner einer Windkraft-Fläche gibt ein Drittel der Einnahmen an die Allgemeinheit ab. Dass alle auf die Rotoren schauen, aber nur wenige etwas davon haben, wollte man in der VG nicht durchgehen lassen. „Wir wollten keine Neiddiskussion“, sagt Kruppert. „Wir haben deshalb in Ruhe geplant.“ Das Ziel: alle 43 Ortsgemeinden zu entlasten.

Und deshalb folgte dann das, was Rainer Hoffmann, Chef der SPD-Fraktion, als „historisches Ereignis“ bezeichnet: Die VG senkt, erstmals seit 1989, die Umlage, die sie von den Ortsgemeinden erhält. Um einen Prozentpunkt – von 46,9 auf 45,9. Diesen Prozentpunkt übernimmt die AöR. Das entspricht, sagt Kruppert, rund 70 000 Euro jährlich, die künftig von der AöR an die Kommune gezahlt werden sollen.

Kein Wunder, dass das alles einstimmig durchgeht: Es sei, sagt Hoffmann, „eine tolle Sache. Da lobe ich mir auch den Prozess in der Verbandsgemeinde, dass diese Dinge alle einstimmig über die Bühne gehen. Da hat Kruppert einen guten Job gemacht. Das muss man ja auch mal sagen, auch wenn er ein anderes Parteibuch hat.“

Die Gründung der AöR, sagt Hoffmann, habe noch einen weiteren, eleganten Effekt: Wären die Windkraft-Einnahmen direkt an die VG geflossen, hätte die mit gut 15 Millionen Euro in der Kreide stehende Kommune sie zum Abtragen ihrer Schulden verwenden müssen. So aber könne man den Ortsgemeinden mit dem Windgeld ein bisschen Luft verschaffen: „Das rettet die Ortsgemeinden auch nicht“, sagt Hoffmann. „Aber es ist der richtige Weg.“

Auf dem sieht man sich auch beim Thema Schulkinderbetreuung nach dem Unterricht: Sehr stark genutzt werden in der VG die zusätzlichen Angebote in den Grundschulen von Arzfeld, Daleiden, Lützkampen und Waxweiler. Die VG erhält dafür einen Landeszuschuss, der aber die Kosten nicht deckt. Weil so viele und oft berufstätige Eltern froh sind über das Angebot, soll es erhalten bleiben. Bei der Finanzierung helfen auch die Eltern: Wer die Betreuung für zehn Stunden in der Woche nutzt, zahlt für das erste Kind 40 Euro im Monat, bei jedem nächsten Kind 35 Euro. Für mehr als zehn Stunden sind es 70 Euro fürs erste und 60 Euro für jedes weitere Kind.

Weitere Punkte: Patrick Bormann (CDU) ist, wegen Umzugs, aus dem Rat ausgeschieden. Bernd Schneider aus Pintesfeld rückt nach und wird in der nächsten Sitzung von Kruppert als neues Mitglied verpflichtet.

Die Freiwillige Feuerwehr in Oberpierscheid erhält ein neues Gebäude, die Kosten werden noch ermittelt. Und für 150 000 Euro einen neuen Wagen, der den bereits gebraucht gekauften, Jahrzehnte alten Unimog ersetzen soll.

Bei der Prüfung des Jahresabschlusses 2016 gab es keine Beanstandungen Der Rat erteilt dem Bürgermeister und der Verwaltung einstimmig Entlastung.

Ach, da war ja noch etwas: Letzter Tagesordungspunkt: „Ernennung des durch Urwahl am 24. September wieder gewählten Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Arzfeld zum 1. Mai 2018.“ Gesagt, getan, der erste Beigeordnete Gerhard Kauth (CDU) übernahm das mit dem Überreichen der Urkunde gern: Applaus für Andreas Kruppert, den alten, neuen und immer noch jungen Bürgermeister. So kann man in die Weihnachtsferien gehen.

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