Konträr statt einig in Sachen Milch

Einigkeit besteht im Ziel: rentable Erzeugerpreise für Milch. Differenzen gibt es auch in der Region über den Weg dorthin. Zu komplex sind die Kreisläufe von der Wiese bis zum Kühlregal.

Region. "Die Lage ist ernst", teilt Karl-Heinz Engel, Hauptgeschäftsführer der Hochwald Nahrungsmittelwerke in Thalfang, im Prinzip die Einschätzung der Milcherzeuger, die als Genossenschafter quasi die Inhaber der Großmolkerei sind. "Die Preise müssen sich wieder korrigieren." Ein Strukturwandel finde seit geraumer Zeit mit fünf Prozent Hofschließungen jährlich zwar statt, dennoch sei die Milchmenge kontinuierlich gestiegen. "Kurzfristig riskiert Deutschland kein Katastrophenszenario mit völliger Importabhängigkeit. Aber langfristig kann das eintreten und wird auch die milchverarbeitende Industrie negativ treffen." Sein Credo: Die Molkereien müssen besser kooperieren und Netzwerke schaffen, anstatt einander mit Erweiterungen der Kapazitäten Marktanteile abzujagen: "Damit verbrennen wir Bauerngeld." Zudem müsse der Verbraucher dem Handel klar signalisieren, dass er durch entsprechende Preise den Erhalt der heimischen Milcherzeugung mittrage und regionalen Milchprodukten den Vorzug geben. Auch die Muh in Pronsfeld stellt sich in einer Pressemitteilung auf die Seite ihrer Genossenschafter: "Muh zeigt Verständnis für die Situation der Landwirte", heißt es. Aus Sicht der Bauern reicht all das jedoch nicht. Kurt Kootz, neuer Landesvorsitzender des BDM, kritisiert, dass überall zwar von Verständnis geredet werde, aber die Kreisläufe der Milchwirtschaft nicht wirklich verstanden worden seien: "Satzungsgemäß müssen die genossenschaftlichen Molkereien auch für die Rahmenbedingungen der Erzeuger sorgen, nicht nur für die eigenen Jahresabschlüsse. Aber da sie eine Pflicht zur Verarbeitung der angelieferten Milch haben, unterbieten sie sich gegenseitig in den Abgabepreisen." Also müssten, so der BDM, die Verhandlungspositionen mit einem Systemwechsel verändert werden: Die Milcherzeugung solle als Markteintritt gelten, nicht erst die Molkerei. Leo Blum, Präsident des Bauernverbandes Rheinland-Nassau, plädiert für mehr "Augenhöhe" mit dem Handel. "Wir Bauern leben vom absoluten Preis, nicht von einem verglichen mit Norddeutschland relativ hohen Preis." Der helfe nicht weiter - angesichts von dortigen Auszahlungspreisen teils unter 20 Cents pro Liter, also weniger als der Hälfte der kalkulierten Kostendeckung.

In weiteren Artikeln der TV-Serie folgen im Einzelnen die Positionen der Organisationen der Milcherzeuger, Schilderungen von betroffenen Höfen sowie Expertenmeinungen zu Auswegen aus dem Dilemma.

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