Kopf an Kopf mit der Fledermaus

NIEDERSTEDEM. Nette Nachbarn, altes Gemäuer und viel Arbeit: Familie Eisen hat vor 16 Jahren ein altes Haus in Niederstedem gekauft und renoviert.

Im Hof qualmt es. Ute Eisen räuchert zum ersten Mal in ihrem neuen Räucherofen einen Schweineschinken. Germar Eisen deckt das Dach des ehemaligen Pferdestalls. Nach eineinhalb Jahren Suche standen die beiden vor dem alten "Sinnen-Haus" in Niederstedem und dachten: "Das ist es." Zuvor hatten sie die Immobilienanzeigen des Trierischen Volksfreunds gewälzt und das ein oder andere Haus besichtigt. "Ich hatte dann irgendwann vom Häuser gucken die Nase voll, und mein Mann ist alleine gefahren. Er hat das Haus zuerst gesehen", erzählt Ute Eisen. Sie stammt aus Landau, er aus Aachen. Die Eifel liegt mehr oder weniger in der Mitte, außerdem wollten beide gerne auf dem Land leben. Am 1. Dezember 1990 zogen sie mit ihren zwei Kindern nach Niederstedem. Anfangs waren nur zwei Zimmer bewohn- und beheizbar. Viel Arbeit stand der damals vierköpfigen Familie bevor. Vater Germar, pensionierter Germanist, hat zwar keine handwerkliche Ausbildung, dafür aber Geschick. "Auf dem Land sind Handwerker sehr gern bereit, mehr Informationen zu liefern, als dies üblich ist", sagt er. Er habe sich vieles zeigen lassen und dann selbst verwirklicht. Entdeckung am Türsturz: Jahreszahl 1854

Mittlerweile ist Familie Eisen gewachsen. Sechs Kinder leben nun in der Heserstraße 1. Renoviert wird immer noch. "Ich träume auch von Eiche-Fußböden", sagt die Hausherrin, aber dafür sei einfach kein Geld da. Das mindestens 200 Jahre alte Haus steht unter Denkmalschutz. Das haben die Eigentümer zwar erst sechs Wochen nach dem Kauf erfahren, Probleme gab es dennoch keine. Da an dem Haus schon von den Vorbesitzern viel verändert wurde, sollen die Eisens nur den Grundriss erhalten. Beim Säubern des steinernen Türsturzes der Scheune hat Germar Eisen die Jahreszahl 1854 zutage gefördert und den Sturz wieder hergestellt. Über der Eingangstür stehen Namen des Erbauers Joannes Hart und die Zahl 1804 (kleines Foto). Es muss aber einen Vorgängerbau gegeben haben, meint die Hobby-Heimatforscherin Irene Schlemmer, die bei Recherchen über ihren Ururgroßvater auf das Haus stieß. Einige alte Türen hat Germar Eisen beim Renovieren wieder geöffnet. Dafür musste aber auch Altes weichen. Eingerissen wurden die marode Webkammer und der große Rauchfang. Der Schornstein war undicht und drohte einzustürzen. "Wir benutzen alles wieder, was da ist", sagt der Hausherr. Die Sandsteinplatten des Schornsteins legten sich die Eisens als Treppeneingang vor die Haustür. Unterm Dach haust auch wieder eine Schleiereule, nachdem Germar Eisen das alte Eulenloch geöffnet hat. Außerdem gibt es zahlreich Nistkästen, Hummellöcher und Quartiere für Fledermäuse. Ihr Haus strichen sie weiß und die Fensterumrandungen hellgelb. "Das sieht frisch aus, hell und freundlich, das lieben wir", begründet Ute Eisen. Beim Abklopfen habe ihr Mann sechs bis sieben alte Farbschichten entdeckt. Von rosa bis hellblau sei alles dabei gewesen. Nicht immer ging bei der Renovierung alles problemlos vonstatten. Als die Spitze des alten Dachgiebels vom Pferdestall dem Nachbarn unverhofft auf den Anbau fiel, war der Schreck groß, der Schaden aber versichert und der Nachbar zum Glück gelassen. In Niederstedem fühlt sich die Familie sehr wohl. Die Dorfbewohner hätten es sehr positiv aufgenommen, dass das alte Haus wieder bewohnt wird. "Der Wirt nebenan brachte uns direkt einen Schnaps, als er uns im Garten wirken sah", sagt Ute Eisen. Begrüßung mit Schnaps

"Wir haben vielleicht nicht immer die nötige Kenntnis und Geldmittel, sonst wäre vielleicht manches schöner und angemessener", sagt Germar Eisen (72 Jahre) , der sich wieder anschickt, auf dem Dach weiter zu arbeiten. Während seine Frau im Qualm des Räucherofens abtaucht. VERLIEBT IN ALTE STEINE: Gerne wollen wir Sie in weitere Wohnhäuser entführen, die wahre Denkmäler sind. Wir wollen Ihnen Menschen vorstellen, die in oft jahrelanger Arbeit ein altes Gemäuer renovieren und über Freud und Leid des Altbau-Wohnens sprechen. KONTAKT: Leben Sie in einem denkmalgeschützten Haus und haben Lust, uns über Ihre Motivation zu dieser Wohnweise zu erzählen? Dann mailen Sie uns ein paar Stichworte an eifel@volksfreund.de. Wir freuen uns.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort