Kreistag soll heute Sparpaket beschließen

Bitburg/Prüm · Wenn die Haushaltsdebatte nicht kurzfristig in den Dezember verschoben worden wäre, hätte es heute im Kreistag heftige Diskussionen gegeben. Denn der Haushaltsplan für 2012 sieht eine Erhöhung der Kreisumlage um acht Prozent vor. Stattdessen soll das Gremium heute ein Sparpaket beschließen, das allerdings relativ moderat ausfällt.

Bitburg/Prüm. Es ist seine Aufgabe. Und dennoch ist es ungewöhnlich. Während Europa unter der Last der Schuldenkrise ins Taumeln gerät, hatte Landrat Joachim Streit für die heutige Kreistagssitzung geplant, einen ausgeglichenen Haushaltsplan vorzulegen.
Klingt unspektakulär. So sollte es schließlich immer sein. So ist es aber schon lange nicht mehr. Allein im laufenden Jahr musste der Kreis sein Konto um 4,5 Millionen Euro überziehen, nur um die laufenden Kosten decken zu können.
Damit erhöhen sich die sogenannten Kassenkredite auf 24 Millionen Euro. Um die Ausgaben für 2012 dennoch decken zu können, hatte Streit geplant, die Einnahmen zu erhöhen. Und zwar, indem die Kreisumlage um acht Prozent steigt. Acht Prozent! Wo sich die Mehrheit des Kreistags doch nun schon mehrfach geweigert hat, die Umlage auch nur um ein Prozent steigen zu lassen. Eine Weigerung, der Streit im Sommer 2011 die trotzig klingende Drohung folgen ließ, dann werde er eben einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.
Dass er dies heute tatsächlich tun wollte, hat laut Streit aber nichts mit Trotz zu tun. "Je länger wir warten, desto griechischer werden unsere Verhältnisse und desto asozialer verhalten wir uns", sagt er. Es gehe ihm um Einsicht. Um die Einsicht, dass es ohne Umdenken eines Tages nur noch den Mangel zu verwalten gebe. Doch muss Streits Idee warten. Die Haushaltsdebatte wurde in den Dezember verschoben, um der Verwaltung mehr Zeit zum Rechnen zu geben und den Kreistagsmitgliedern mehr Zeit, sich mit dem ungewöhnlichen Haushaltsplan auseinanderzusetzen.
Wenige konkrete Vorschläge


Der Geldmangel wird dennoch das wichtigste Thema der heutigen Sitzung sein. Denn der Kreistag soll ein Sparpaket beschließen.
Da die Vorschläge sowohl im Kreis- als auch im Jugendhilfeausschuss bereits für gut befunden wurden, ist davon auszugehen, dass sie heute durchgehen.
Zu einer gravierenden Verbesserung des Kreishaushalts werden sie allerdings vorerst nicht führen. Denn bei den wenigen konkreten Vorschlägen, die in naher Zukunft umgesetzt werden sollen, geht es um eher kleine Beträge. Insbesondere, wenn man sich vor Augen hält, dass der Kreis 2012 rund 124 Millionen Euro ausgibt.
Vorgeschlagen


Der einzige dickere Brocken unter den konkreten Vorschlägen ist die Gebührenerhöhung bei der Kreismusikschule: Eine zehnprozentige Erhöhung soll dem Kreis 60 000 Euro mehr einbringen. Da der Kreisausschuss jedoch gleichzeitig vorschlägt, eine Geschwisterermäßigung einzuführen, bleiben nur noch 40 000 übrig. Durch zusätzliche Einsparungen beim Personal wären insgesamt 48 000 Euro mehr in der Kasse. Die Mitgliedschaft in der Verkehrsvereinigung Prümer Land (10 225 Euro jährlich) soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt werden. Denn der Kreis gehöre bereits genügend Institutionen an, die den Tourismus fördern. Auch die Mitgliedschaft in der Atlantischen Akademie, die sich der Pflege der deutsch-amerikanischen Beziehungen verschrieben hat (1550 Euro) soll enden. Für repräsentative Ausgaben des Kreisjugendfeuerwehrwarts standen bisher 1000 Euro jährlich zur Verfügung. Da sie nie benötigt wurden, werden sie gestrichen. Busfahrten zur Eislaufhalle sollen künftig statt drei vier Euro kosten. Mehreinnahmen: voraussichtlich 468 Euro. Für das Modellprojekt Demenz werden künftig statt 17 600 13 500 Euro fließen. Die Zuschüsse für das Diakonische Werk (750 Euro) und den Frauennotruf Trier (250 Euro) entfallen. Die Eintrittspreise für das Kreismuseum sollen um einen Euro steigen (Mehreinnahmen: 1750 Euro). Sportveranstaltungen (bisher 32 400 Euro) sollen jährlich mit 2400 Euro weniger bezuschusst werden. Die Erhöhung der Anzeigenpreise im Kreisjahrbuch soll 5300 Euro mehr in die Kasse bringen. Rechnet man dies zusammen, kommt man auf rund 75 800 Euro. Das entspricht 0,06 Prozent der jährlichen Ausgaben.
Verschoben


Viele Ausgaben sollen zunächst erneut überprüft werden, ehe es womöglich ans Sparen geht. So schlägt der Jugendhilfeausschuss vor zu untersuchen, ob sich bei Streetworkern (84 000 Euro jährlich), den 50 000 Euro für die kostenlose Kindertagespflege (die aus dem Rechtsanspruch auf Kitaplätze entsteht, von denen es im Eifelkreis jedoch zu wenige gibt) und der heilpädagogischen Förderung von Kindern (50 000 Euro) Geld sparen ließe.
Der Zuschuss (56 000 Euro) für den Betrieb des Geoparks an der Teufelsschlucht in der Verbandsgemeinde Irrel soll deutlich reduziert oder sogar ganz gestrichen werden. Zunächst gilt es jedoch, Verhandlungen mit Irrel aufnehmen. Über das Projekt Lernpartnerschaften (45 700 Euro) soll 2014 erneut beraten werden. Mit einer Kündigung der Mitgliedschaft bei der Energieagentur Trier (23 800 Euro) soll sich der Kreistag Mitte 2012 befassen. Bevor Sparmaßnahmen in der Forstwirtschaft beschlossen werden, gilt es abzuwarten, ob der Kreiswald verkauft wird oder nicht. Und über die Abstufung von Kreisstraßen wird erst dann verhandelt, wenn sich "Anhaltspunkte für eine geänderte Verkehrsbedeutung" ergeben.
Abgelehnt


Der Jugendhilfeausschuss rät von Kürzungen in folgenden Bereichen ab: Französischunterricht und interkulturelle Förderung in Kitas (212 000 Euro), Schulsozialarbeit (150 000 Euro), Zuschuss für die Lebensberatung (77 000 Euro), Kinderschutzdienst der Caritas (55 000 Euro), Suchtberatung (45 000 Euro), begleitetes Wohnen der Caritas (40 000 Euro), Zuschuss fürs Haus der Jugend (10 000 Euro), Drogenprävention der Caritas (9000 Euro) und ein Zuschuss für die Familienbildungsstätte Bitburg (1000 Euro). Die Begründung: Der Ausschuss ist der Auffassung, dass es sich mit einer Ausnahme um Pflichtaufgaben des Kreises handelt. Die Ausnahme ist der Französischunterricht. Davon will der Ausschuss die Finger weglassen, weil er fürchtet, dass das vom Land geförderte Angebot ganz wegfällt, wenn der Kreis keinen Zuschuss mehr zahlt. Und das will man nicht.
Der Kreisausschuss rät, an folgenden Ausgaben nicht zu rütteln: Weiterhin sollen jährlich 2500 Euro für den Host Nation Council Spangdahlem fließen, der das Ziel hat, die deutsch-amerikanischen Beziehungen vor Ort zu stärken. Auch in der Initiative Region Trier (4800 Euro) und in der Euregio Saar-Lor-Lux (1200 Euro) bleibt der Kreis Mitglied. Die umweltgerechte Erziehung von Kindern soll mit 1500 Euro jährlich fortgeführt werden, ebenso wie die Beteiligung an den Versicherungskosten der Notärzte. Der Beirat für Migration erhält weiterhin 1000 Euro, ebenso wie der Kreuzbund, der Suchtkranken hilft. Auch das St.-Josef-Gymnasium Biesdorf soll sich in Zukunft über einen Zuschuss von 51 200 Euro freuen können.
Die Erklärung dafür, dass die Liste der konkreten Sparvorschläge relativ kurz ausfällt, ist einfach: Die Ausgaben sind politisch gewollt. Zudem sagt Streit: "Wir sind noch nicht so schlimm dran, dass wir das Messer ansetzen müssten." Und: "Wir müssen uns um unsere Einnahmen kümmern." Bisher sind seine Versuche, das über eine Erhöhung der Kreisumlage zu tun, gescheitert. Schon, wenn es nur um ein Prozent ging. Und so weiß Streit auch, dass er im Dezember eine Niederlage kassieren wird. Denn eine achtprozentige Erhöhung kriegt er nicht durch. Aber darum geht es ihm ja auch nicht.Meinung

Zunächst bei eigenen Ausgaben sparen
Niemand wird bezweifeln, dass die finanzielle Situation des Eifelkreises schlecht ist. Und es wird wohl auch niemand widersprechen, wenn Landrat Joachim Streit sagt, dass sich dringend etwas ändern muss. Seine weiteren Aussagen hingegen klingen paradox. Um den Haushalt zu sanieren, will er die Einnahmen erhöhen. Der Effekt: Den ebenfalls klammen Gemeinden geht es noch schlechter. Und um das abzupuffern, müssen sie ihre Bürger dazu verdonnern, mehr Steuern zu zahlen. Auf der anderen Seite sagt Streit, dass es dem Kreis noch nicht schlecht genug gehe, als das man das Messer ansetzen müsse. Übersetzt: Als dass man Sparmaßnahmen umsetzen müsste, die tatsächlich was bringen und vermutlich auch irgendjemandem wehtun. Die Idee, mehr Einnahmen zu bekommen, ist legitim. Das geht über die Kreisumlage. Es ginge aber auch anders. Was ist mit den Sparkassengewinnen? Sollten die nicht besser in den Haushalt fließen statt in Stiftungen? Was ist mit den RWE-Aktien? Die hätte man besser mal verkauft, als sie noch was Wert waren! Eine (moderate!) Erhöhung der Kreisumlage und jene der Steuern ist schon in Ordnung. Der Kreis hat nun einmal viele Ausgaben. Da sie den Ortsgemeinden und den Bürgern zugute kommen, ist es auch okay, wenn sie dafür zahlen. Allerdings würde ich als Bürger verlangen, dass der Kreis all seine Sparmöglichkeiten ausgeschöpft hat, ehe er mich über Umwege zwingt, mehr zu zahlen. Und das aktuelle "Sparpaket" zeigt, dass das nicht der Fall ist. Manche Dinge tauchen gar nicht erst in der Liste auf, darunter die Präsente: Dabei gibt der Eifelkreis 2011 satte 33 100 Euro dafür aus. Im Kreis Bernkastel-Wittlich sind es nur 500 Euro. Was ein Luxus! Und was bringt die Mitgliedschaft im Host Nation Council, dessen größte Leistung der vergangenen Jahre eine Willkommensbroschüre für Amerikaner war? Die Airbase wird nicht schließen, wenn der Eifelkreis sich die 2500 Euro spart. Oder: Wenn es dem Kreis wirklich so schlecht geht, was ist dann mit all dem schönen Luxus, den er sich zum Wohle einer gewissen Zahl von Bürgern leistet? Natürlich ist es schön, Musikunterricht anzubieten. Es ist auch schön, ein Kreismuseum zu haben, Französischunterricht in Kitas oder eine Kreisvolkshochschule. Kultur ist wichtig. Bildung auch. Und es wäre traurig, in diesen Bereichen streichen zu müssen. Es wäre traurig, in einem Kreis zu leben, der sich das nicht mehr leisten kann. Andererseits: So lange sich der Kreis all diese "Luxusausgaben" erlaubt, ist es auch schwer einzusehen, warum die ebenfalls finanzschwachen Ortsgemeinden bluten und alle Bürger mehr zahlen sollten. k.hammermann@volksfreund.de

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