Kritische Töne zur Erinnerungskultur - Neues Buch über NS-Zeit in der Nordeifel

Hürtgenwald · Neuer Band des NS-Dokumentationszentrums Köln beschäftigt sich mit der Aufbereitung der Kämpfe 1944/45 in der Nordeifel

(red) Mit aktuellen Forschungsergebnissen zur Erinnerungslandschaft der Nordeifel beschäftigt sich ein Band, der kürzlich erschienen ist. Titel: "Perspektiven der Erinnerung". Der Band ist reich bebildert und in der renommierten Reihe "Veröffentlichungen des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln" erschienen.

Der Hürtgenwald (Kreis Düren) war 1944/45 Schauplatz schwerer Kampfhandlungen zwischen den alliierten Soldaten und Soldaten der Wehrmacht. Im Laufe der Jahrzehnte entstand aus der Kriegslandschaft eine Erinnerungslandschaft, die eine Konzentration kriegsbezogener Zeugnisse aufweist, die in solcher Dichte selten in der Bundesrepublik sei.

Das NS-Dokumentationszentrum (NSDok) legt mit dem dritten Band der Reihe "Veröffentlichungen" unter dem Titel "Hürtgenwald - Perspektiven der Erinnerung" eine kritische Bestandsaufnahme vor: eine Dokumentation zur Geschichtspolitik in der Nordeifel. Die einstige Kriegslandschaft habe sich über die Jahre in eine in dieser Form für die Bundesrepublik einzigartige Erinnerungslandschaft verwandelt, erklären die Herausgeber Karola Fings, stellvertretende Direktorin des NSDok, und Frank Möller von der Gesellschaft für interdisziplinäre Praxis.
Mehrere Kriegsgräberstätten, zahlreiche Gedenksteine, Kreuze, Tafeln und künstlerische Objekte zeugen heute davon. Dem entsprechend seien auch die Polarisierungen vor Ort, so Möller. Einzigartig sei, dass seit Jahrzehnten kontinuierlich Erinnerungsmale aufgestellt wurden, so dass sich im Hürtgenwald wie unter einem Brennglas die Geschichte der Erinnerungskultur in der Bundesrepublik ablesen lasse.

Einzigartig sei aber auch, dass die hitzigen Debatten, die in den vergangenen Jahrzehnten um angemessene Formen des Erinnerns an Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg geführt wurden, im Hürtgenwald kaum Resonanz fanden. So sei diese Erinnerungslandschaft in den letzten Jahren unter anderem wegen ihrer Verengung auf das militärische Geschehen, wegen der Dominanz eines Veteranenverbandes, zweifelhafter Sinnstiftung und der Ausblendung wesentlicher Aspekte der nationalsozialistischen Herrschaft zunehmend in die Kritik geraten.

Der Band zeichnet die Geschichte der Erinnerungskonflikte nach, wägt das historische und touristische Potenzial der Erinnerungslandschaft Hürtgenwald ab und gibt Hinweise zu ihrer Veränderung und Weiterentwicklung.
Ein Gespräch mit den beiden Herausgebenden des Bandes kann man als Video abrufen

Das Buch von Karola Fings/Frank Möller (Hrsg.) "Hürtgenwald - Perspektiven der Erinnerung", Berlin 2016, 239 Seiten, 134 Abb., ist für 22 Euro im Buchhandel erhältlich.

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