Kulturlandschaft steht vor großer Veränderung

Bitburg · Im Eifelkreis Bitburg-Prüm gibt es nach Schätzungen zwischen 150 000 und 200 000 Obstbäume. Die meisten dieser Bäume sind in einem schlechten Zustand, weshalb in den kommenden Jahren mit einem großflächigen Zusammenbruch gerechnet wird. Um das zu verhindern, soll die Bevölkerung für die Bedeutung der Streuobstbestände sensibilisiert werden. Wie man das erreichen kann, darüber haben Experten beim Zukunftsforum Streuobst in Bitburg beraten.

 Obstbäume prägen seit Jahrhunderten das Landschaftsbild der Eifel. Doch viele sind in einem schlechten Zustand. TV-Foto: Uwe Hentschel

Obstbäume prägen seit Jahrhunderten das Landschaftsbild der Eifel. Doch viele sind in einem schlechten Zustand. TV-Foto: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Bitburg. Klaus Schäfer von der Eifel Tourismus GmbH vermisst die Geschichten. Die kleinen Geschichten, die seiner Meinung nach Großes bewirken können. "Wir müssen Geschichten erzählen, um die Touristen darauf aufmerksam zu machen", sagt er. Man gebe ihm fünf Redakteure an die Hand, und er sorge dafür, dass diese Geschichten erzählt werden, versichert Schäfer. Denn das Thema sei insgesamt "hoch spannend", so der Touristiker. Man müsse es halt nur richtig kommunizieren.
Gravierende Veränderungen


Das, worüber offensichtlich nicht ausreichend kommuniziert wird, sind Streuobstwiesen. Wobei das für diesen Vormittag im großen Sitzungssaal der Kreisverwaltung ganz sicher nicht zutrifft. Denn dort haben sich Vertreter der Landes- und Kommunalpolitik, der Landwirtschaft, des Tourismus und des Naturschutzes zusammengefunden, um sich im Rahmen des Zukunftsforums Streuobst genau damit zu befassen. Eingeladen haben zu diesem Forum die beiden Naturparke Nord- und Südeifel, die sich die Rettung der Streuobstwiesen zur Aufgabe gemacht haben. Und das nicht ohne Grund.
Wie Daniela Torgau, Geschäftsführerin des Naturparks Südeifel, erklärt, hat sich der Bestand der Obstbäume in den vergangenen Jahrzehnten drastisch reduziert. Schätzungen zufolge gebe es derzeit noch 150 000 bis 200 000 Obstbäume. Und davon seien 70 bis 80 Prozent in einem desaströsen Zustand. Sollte sich die Entwicklung weiter fortsetzen, so sei in den kommenden zehn bis 15 Jahren mit einem großflächigen Zusammenbruch der Bestände zu rechnen. Und dadurch werde sich die Kulturlandschaft gravierend verändern. Ursache für diese Entwicklung ist laut Torgau vor allem der Rückgang der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und der Selbstversorger. Zudem seien viele private Eigentümer überfordert. Die älteren Generationen könnten den Aufwand für Pflege und Ernte nicht leisten, und den jüngeren Generationen fehle es meist an Zeit, aber auch an Wissen und Wertschätzung.
Ganzheitlicher Ansatz


Dem schließt sich auch Ludwig Simon vom rheinland-pfälzischen Umweltamt an. Er spricht von "einer Entfremdung der Menschen zur Natur". Früher hätten die Kinder noch draußen auf den Wiesen gespielt, doch das habe sich radikal verändert. "Kinder kennen den Steinkauz höchstens aus dem Internet, aber nicht von der Streuobstwiese", so Simon. Er fordert einen ganzheitlichen Ansatz. Doch muss der erst einmal gefunden werden.
"Wir haben ein großes Potenzial", sagt Maria Schopp. Sie ist Geschäftsführerin des Schwäbischen Streuobstparadieses, einem Verein, der sich den Erhalt und die Vermarktung der größten zusammenhängenden Streuobstlandschaft Mitteleuropas zum Ziel gesetzt hat. Zwar sei das Patentrezept bislang noch nicht gefunden worden, doch gebe es viele wirkungsvolle Maßnahmen. Etwas, womit vor allem im Bereich Tourismus gepunktet werden könne, sei das Thema Blüte.
Es gebe viele Menschen, die zur Mandelblüte nach Mallorca oder zur Lavendelblüte in die Provence reisten. Was also spreche dagegen, auch die Blütezeit der heimischen Obstbäume in Szene zu setzen.
Eine Gemeinde, die den Wert der Streuobstwiesen für sich bereits erkannt hat, ist Bollendorf. Wenngleich es dort nicht die Blüte, sondern die Ernte ist, auf die sich der Fokus richtet. Jedes Jahr im Herbst wird in dem Dorf an der Sauer von den örtlichen Vereinen ein Apfelfest veranstaltet. Inklusive Kür einer Apfelkönigin. Aktuelle Herrscherin des Bollendorfer Streuobstbestands ist Linda Reuter.
Wie die Apfelkönigin erklärt, gebe es in Bollendorf unmittelbar neben der Kita eine Wiese mit Obstbäumen, die auch von den Kindern genutzt werde. Und die Grundschule habe sogar eine eigene Streuobstwiese.
Bollendorf ist bemüht, die Tradition am Leben zu erhalten - die der Streuobstwiesen, aber auch die des Getränks, das daraus gewonnen wird. Schließlich gab es in der Eifel ja irgendwann nicht nur deutlich mehr und besser gepflegte Obstbäume, sondern auch deutlich mehr Menschen, die Viez getrunken haben.Extra

Im Rahmen der Initiative "Rettet die Streuobstwiesen" der Naturparke Nord- und Südeifel wurde vor wenigen Tagen die neue Internetseite <%LINK auto="true" href="http://www.streuobst.naturpark-suedeifel.de" class="more" text="www.streuobst.naturpark-suedeifel.de"%> aktiviert. Dort gibt es nicht nur viele Informationen zum Thema, sondern auch praktische Hinweise für Eigentümer von Streuobstwiesen. Neben Tipps zum Pflanzen und zur richtigen Schnittpflege gibt es unter anderem auch eine Übersicht der Förderprogramme. uhe

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort