Kunst statt leerer Schaufenster

Kyllburg · Die Stadt Kyllburg geht weiter in die Offensive gegen den Ladenleerstand in der Bahnhof- und Hochstraße: Ab diesem Wochenende wird in den verwaisten Schaufenstern sechs Monate lang Kunst gezeigt. Außerdem soll es demnächst in einem leerstehenden Café Krimi- und Seniorenlesungen geben.

Kyllburg. Kyllburg - eine Geisterstadt? Der Eindruck konnte in den vergangenen Monaten durchaus bei Besuchern entstehen, die die Hoch- und Bahnhofstraße in der Stadtmitte entlangschlenderten. Ein leeres Schaufenster neben dem nächsten, dazu das seit Ende der 90er Jahre geschlossene ehemalige Vier-Sterne-Hotel Eifeler Hof - ein tristes Bild, das der Kern von Rheinland-Pfalz zweitkleinster Stadt abgab. Aber auch ein Bild, das künftig der Vergangenheit angehören wird, wenn es nach der Initiative "Offensive gegen Leerstand Kyllburg" geht. "Kyllburg bewegt sich, Kyllburg kommt" - so das Credo der im Oktober 2012 gegründeten ehrenamtlichen Initiative rund um Stadtbürgermeister Wolfgang Krämer, Hotelbetreiberin Marion Seitz sowie den Düsseldorfer Kommunalpolitiker und langjährigen Kyllburg-Gast Dietmar Wolf (der TV berichtete). Ein monatlicher Stammtisch wurde ins Leben gerufen, der sich seit Anfang des Jahres trifft und an dem mehr als 20 Interessierte nicht nur aus Kyllburg, sondern auch den umliegenden Gemeinden teilnehmen, um Ideen für die Wiederbelebung der Stadt zu entwickeln. "Der erste Gedanke war, die leerstehenden Schaufenster aufzuhübschen", berichtet Stadtbürgermeister Krämer.
Gesagt, getan: In den vergangenen Wochen rückten Freiwillige an und putzten verlassene Ladenlokale. Auch die unansehnlichen Parkplätze wurden auf Vordermann gebracht. Die Eigentümerin der ehemaligen Schleckerfiliale in der Hochstraße dekorierte das verwaiste Geschäft mit Kunstwerken und ist damit quasi Vorreiterin gewesen für ein Projekt, das am kommenden Sonntag, 28. April, startet: Unter dem Motto "Kunst - Kultur - Kyllburg" wird in der Hochstraße die erste Kunststraße mit einer Vernissage eröffnet (siehe Extra). Sechs Monate lang werden in elf leerstehenden Geschäften verschiedene Künstler aus der Eifel und dem Rheinland ihre Werke ausstellen. "Die Leute sollen das Gefühl haben, dass Kyllburg nicht stirbt, sondern dass hier etwas Neues, Spannendes passiert", sagt Krämer.
Dabei soll es nicht nur bei der Kunst bleiben: Die Initiative will mit verschiedenen Aktivitäten die Attraktivität der Stadt steigern. Geplant ist etwa, im ehemaligen Café Deckert Lesungen anzubieten. Ab Ende Mai will die Kyllburgerin Ellen Arenz zweimal im Monat Senioren vorlesen. Zudem sollen prominente Krimiautoren in die Stadt kommen und aus ihren Büchern vortragen. "Das wird aber Geld kosten", räumt der Stadtbürgermeister ein, 4500 Euro hat die Initiative "Offensive gegen Ladenleerstand" bereits durch Sponsoren und private Spenden gesammelt.
Zudem ist man derzeit im Gespräch mit zwei professionellen Veranstaltern von Kunsthandwerkermärkten. "Das wäre eine tolle Ergänzung", sagt Krämer: "Während in den Schaufenstern der Hochstraße Kunst ausgestellt wird, könnte draußen an einem bestimmten Tag im Monat ein Markt stattfinden."
"Verschönern - Beleben - Vermarkten": Mit diesem Dreiklang soll den beiden Straßen wieder Leben eingehaucht werden - verbunden mit dem langfristigen Ziel, wieder Mieter für die verwaisten Läden in Kyllburgs Stadtkern zu finden. Einen kleinen Erfolg kann die Initiative "Offensive gegen Ladenleerstand" dabei schon jetzt feiern: Im ehemaligen Schuhhaus Colell startet an diesem Wochenende ein genossenschaftlich organisierter "Shop in Shop": ein Geschäft, in dem verschiedene Anbieter ihre Waren - etwa Kleidung, Taschen, Töpferarbeiten, Filzprodukte und Honig - ausstellen und verkaufen. "Ein total überraschendes Angebot" verspricht Roos Linders, die in St. Thomas lebt und in dem Laden die Regie führen wird.
Eine Idee, die Kyllburgs Stadtbürgermeister ausdrücklich begrüßt: "Jede Aktivität in Ladenlokalen ist positiv, das kann nur gut werden."Meinung

Nachahmer erwünscht!
Die Kyllburger nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Mit jeder Menge Eigeninitiative und Kreativität wollen sie die beiden wichtigen Straßen im Stadtkern attraktiver machen. Im Rahmen der Möglichkeiten, die die ehrenamtlich arbeitende Initiative hat: Denn sie kann weder Mieter für die zwölf leerstehenden Geschäfte herbeizaubern noch den lang herbeigesehnten Investor, der den Eifeler Hof wiederbelebt. Aber sie kann dabei helfen, das Image von Hoch- und Bahnhofstraße zu verbessern. Sie kann Menschen in die Stadt locken und zeigen, dass Kyllburg mit seinen Rotsandstein-Gebäuden, der Lage auf dem schmalen Berggrat an der Kyll und den nahe gelegenen Wäldern Charme hat und schön ist. Und sie kann deutlich machen, dass es in Kyllburg Menschen gibt, die sich für ihre Stadt einsetzen. Dieses Engagement verdient Respekt und Anerkennung - und Nachahmer in anderen Gemeinden, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. n.ebner@volksfreund.deExtra

Das Projekt "Kunststraße Kyllburg" startet am Sonntag, 28. April, um 12 Uhr mit einer Vernissage auf der Hochstraße. Bis zum 7. Juni werden Werke des Düsseldorfers Peter Schmidt, von Susanne Altweger aus Meerbusch, Ludger Hengstermann aus Düsseldorf, Torsten Kimura aus Ratingen, Claudia Schauerte aus Düsseldorf sowie Albrecht Klauer-Simonis aus Weißenseifen gezeigt. Die Ausstellungseröffnung am Sonntag wird das Jazz-Duo Edith van den Heuvel und Dany Schwickerath musikalisch begleiten. Insgesamt zeigen in Kyllburg bis Oktober namhafte Künstler in insgesamt vier Zyklen Malerei verschiedenster Techniken, Fotografie und Bildhauerei. neb

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