Religion Lässt die Kirche die Gemeinden im Stich?

Kyllburg · Mit dieser und weiteren Fragen haben sich Teilnehmer einer Podiumsdiskussion auf dem Kyllburger Stiftsberg befasst.

 Herbert Fandel (dritter von links) moderiert die Gesprächsrunde, mit (von links) Carsten Lenz, Helmut Schilz, Carolin Hostert, Sybille Freres und Klaus Bender.

Herbert Fandel (dritter von links) moderiert die Gesprächsrunde, mit (von links) Carsten Lenz, Helmut Schilz, Carolin Hostert, Sybille Freres und Klaus Bender.

Foto: Uwe Hentschel

Im Bistum Trier kündigen sich große Strukturveränderungen an. Ab 2020 sollen die derzeit 887 Pfarreien zu 35 Großpfarreien zusammengefasst werden. So zumindest ist der Plan des Bistums. „Das Dekanat Bitburg wird es ab 2020 also nicht mehr geben“, sagt Klaus Bender, leitender Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Kyllburg und zudem Dechant des Dekanats Bitburg. „Und deshalb stellt sich auch für mich die spannende Frage: Was mache ich dann?“

Bevor er eine Antwort darauf findet, muss er zunächst eine andere beantworten. Und die kommt von Herbert Fandel. Der aus Kyllburg stammende Leiter der Kreismusikschule ist Moderator einer Podiumsdiskussion auf dem Kyllburger Stiftsberg, in der es um die geplanten Strukturveränderungen und deren Folgen für die Dorfpfarreien geht. Initiator und einer der Teilnehmer der Gesprächsrunde ist Dechant Bender. Und von dem möchte Fandel zunächst einmal wissen, was er denn von dieser Reform halte.

„Es gibt Fakten, an denen wir nicht vorbei kommen“, sagt Bender, und das seien der demografische Wandel, die schwindende Relevanz des Glaubens im Alltag und nicht zuletzt das fehlende Personal. „1965 hatten wir noch 1260 Bistums­priester und davon 143  im Ruhestand“, erklärt der Dechant. „Derzeit sind es nur noch 600 Priester, von denen aber die Hälfte im Ruhestand ist.“

Carolin Hostert würde dem Bistum in dieser Angelegenheit gerne weiterhelfen. Die junge Theologiestudentin aus Arzfeld hätte sich durchaus vorstellen können, Priesterin zu werden, wenn die katholische Kirche denn bereit wäre, den Zölibat abzuschaffen und das Amt auch für Frauen zu öffnen. „Es wäre ja vielleicht schon mal ein erster Schritt, wieder das Amt der Diakoninnen ins Leben zu rufen“, sagt Hostert.

In dieser Richtung deutlich weiter ist die evangelische Kirche, die in der Gesprächsrunde durch Sybille Freres vertreten wird. Die pensionierte Kyllburger Ärztin ist seit Jahren Presbyterin der evangelischen Kirchengemeinde und seit wenigen Monaten auch Prädikantin, also eine Art Hilfspredigerin, die gewisse Aufgaben des Pfarrers übernehmen kann. „Die evangelische Kirche hat durch die Ordinierung von Frauen ihr Nachwuchsproblem besser gelöst“, sagt Freres, räumt aber gleichzeitig ein, dass es auch in der evangelischen Kirche zu wenig Pfarrer gebe. „Nur mit den Frauen ist das Problem nicht zu lösen“, meint sie. Doch sollten Frauen auf jeden Fall ein Teil der Lösung sein.

Dieser Meinung ist auch Carsten Lenz. Der Sozialpädagoge betreibt in Wißmannsdorf einen Reiterhof mit Ferienwohnungen und hat, wie er selbst sagt, in den vergangenen Jahren kaum Berührungspunkte mit der Kirche gehabt. Das jedoch sei in seiner Jugend anders gewesen. Damals war Bender Jugendpfarrer in Wißmannsdorf. Und wie Lenz erzählt, habe Bender in seiner Zeit als Jugendseelsorger genau das geleistet, was man von der Kirche erwarte. „Vielleicht sollte sich die Kirche mit der Frage befassen, ob sie nur Dienstleister ist oder sich vielleicht doch wieder mehr um die Seelen kümmern möchte“, meint der Sozialpädagoge. Zudem müsse die katholische Kirche auch bereit sein, sich zu bewegen.

Nach Auffassung von Helmut Schilz, Vorsitzender der Katholischen Landvolkbewegung im Bistum Trier, tut sie das bereits. „Ich glaube, die Kirche bewegt sich“, sagt der Mann aus Sülm. „Die Frage ist nur: Wohin?“ Im Gegensatz zu anderen Teilnehmern hat er nicht den Eindruck, dass die Kirche die Gläubigen in den Gemeinden im Stich lässt. Im Gegenteil: „Möglicherweise ist es ja genau umgekehrt“, meint Schilz. Er jedenfalls würde sich wünschen, dass sich die Teilnehmergemeinden der Kreisinitiative Zukunfts-Check Dorf im Rahmen der Dorfmoderation auch mit kirchlichen Fragen befassen.

Für den Kyllburger Stadtbürgermeister Wolfgang Krämer, einem der rund 100 Zuschauern der Podiumsdiskussion, liegt das strukturelle Problem der katholischen Kirche an ihrer starren Hierarchie. „Wenn Kirche funktioniert, dann von oben nach unten, und das ist der falsche Ansatz“, so Krämer. „Wir haben auf der kommunalen Ebene ehrenamtliche Bürgermeister und das klappt gut“, sagt der (ebenfalls ehrenamtlich tätige) Stadtbürgermeister. Er ist der Meinung, dass die Kirche von den demokratischen Prozessen in den Kommunen lernen könne. Und wenn dann noch der Zölibat aufgehoben und die Hierarchie durchlässiger werde, so Krämer, dann sei die katholische Kirche auf einem guten Weg.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort