Landrat will den Wald verkaufen

Bitburg/Prüm · Weil der Kreistag Bitburg-Prüm sich geweigert hat, mehr Geld von den Gemeinden zu fordern, muss der Landrat nun auf anderem Weg 1,86 Millionen Euro beibringen. Er schlägt vor, den kreiseigenen Wald zu verkaufen.

Bitburg/Prüm. Der Eifelkreis Bitburg-Prüm ist mehr als pleite. Im Haushaltsplan für 2011 steht unterm Strich ein Minus von 7,6 Millionen Euro. Und jährlich muss der Kreis 4,5 Millionen Euro weitere Schulden machen, um seine laufenden Kosten zu decken - 22 Millionen Euro Miese sind so schon zusammengekommen. Kurz: Die Finanzlage ist miserabel. So sieht das auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, die den Eifelkreis daher aufgefordert hat, die Kreisumlage zu erhöhen, um auf diesem Weg mehr Geld von seinen Gemeinden einzunehmen. Passiert ist das allerdings nicht. In seiner jüngsten Sitzung hat sich der Kreistag gegen den Willen des Landrats nun schon zum zweiten Mal mehrheitlich geweigert, die Umlage zu erhöhen. Eine Weigerung, der Joachim Streit die trotzige Ankündigung folgen ließ, künftig nur noch ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Und dann müsse man die Umlage nicht um einen, sondern um bis zu sieben Prozentpunkte anheben. Und eine Weigerung, die Folgen hatte: In einem sehr deutlichen Schreiben hat die ADD den Landrat nun aufgefordert, das Geld - insgesamt 1,86 Millionen Euro - beizubringen. Wie auch immer. Entweder dadurch, dass der Kreis mehr Geld einnimmt. Allerdings ist es höchst unwahrscheinlich, dass dies gelingt. Denn eine der wenigen Stellschrauben hierzu ist die Umlagenerhöhung. Und die ist ja politisch nicht gewollt. Zumindest derzeit nicht. Ein wichtiges Argument der Kreistagsmitglieder ist, dass sie sich zuvor ein Gesamtkonzept mit Sparvorschlägen wünschen. Und an dem wird derzeit noch gearbeitet. Oder eine zweite Möglichkeit ist, dass der Landrat kurzfristig Haushaltssperren verhängt und damit Investitionen stoppt. Das hat er allerdings nicht vor. Bei den Schulen, die derzeit saniert werden, will er nicht sparen. Egal, wie schlimm es komme. Und von den Straßenprojekten sei ein Teil ja bereits verschoben worden. Also keine Haushaltssperren. Eine dritte Möglichkeit, an die 1,8 Millionen Euro zu kommen, wäre zu verzichten: auf die Kreismusikschule, Streetworker, Französisch an Kindergärten, Drogenprävention, Kinderschutzdienst oder all die anderen Dinge, für die der Kreis freiwillig Geld ausgibt. Doch auch das ist nicht Joachim Streits Weg. "Das sind Dinge, die wir politisch wollen", sagt er. Und es handele sich dabei auch nicht um Luxus. Worauf es hinauslaufen wird, ist - zumindest wenn es nach dem Landrat geht - der Verkauf von "Tafelsilber". Er plant, den Kreiswald zu veräußern, der nach ersten Schätzungen genau die geforderten 1,8 Millionen Euro bringen könnte. Der Verkauf soll auf einen Schlag erfolgen und nicht wie ursprünglich beschlossen nach und nach. Diesen Vorschlag will er dem Kreistag unterbreiten, sobald ein Gutachten fertig ist, das zeigt, wie viel der rings um Neuerburg gelegene Wald tatsächlich Wert ist. Doch ob das Gremium ihm folgt, ist auch in diesem Fall ungewiss. Meinung

Es tut weh, ist aber unausweichlichDas ganze Finanzsystem ist faul. Aber jammern hilft nichts. Auch, wenn er sich von alleine aus seiner Patsche niemals wird befreien können, muss der Kreis bald etwas tun, um seine Finanzlage zumindest ein bisschen zu verbessern. Abwarten, dass es vielleicht doch so weitergeht wie immer, und einfach neue Schulden machen ist keine Lösung. Die nächsten Entscheidungen werden Politikern wie Betroffenen gleichermaßen wehtun. Aber sie sind unausweichlich. k.hammermann@volksfreund.deCDU: "Der Waldverkauf ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Wenn es uns mehr bringt, wenn wir ihn verkaufen, dann verkaufen wir", sagt Michael Billen, der zunächst das Gutachten abwarten will. Zum Schreiben der ADD sagt er: "Es kann nicht sein, dass die ADD uns erklärt, wie es geht." Man wolle zuerst ein Gesamtkonzept haben. FWG: "Der Verkauf des Waldes wäre möglich und mehrheitsfähig", sagt Rudolf Rinnen. Allerdings hätte er nur einen einmaligen Effekt. Zielführender sei der Verzicht auf Investitionen wie Straßenbaumaßnahmen oder auf freiwillige Ausgaben. Das Grundproblem liege jedoch im kommunalen Finanzausgleich, der komplett überarbeitet werden müsse. SPD: "Der Waldverkauf ist eine Möglichkeit, aber es gehören alle Möglichkeiten auf den Tisch - freiwillige Leistungen, Zweckverbände oder RWE-Aktien", sagt Bernd Spindler. Der Brief der ADD sei kaum nachzuvollziehen. Der Haushalt sei doch genehmigt. Zudem kenne die ADD nicht einmal die Gründe für die Entscheidung des Kreistags. FDP: "Einen Verkauf unseres Kreiswaldes halten wir derzeit für nicht geeignet", sagt Marie-Luise Niewodniczanska. Für die Finanzkrise der Kreise, Verbands- und Ortsgemeinden sei das Land zuständig. "Durch die Umlagenerhöhung strangulieren wir die Selbstständigkeit unserer Gemeinden, und das fällt uns äußerst schwer." Die Grünen halten einen Waldverkauf für keine Lösung. Helmut Fink sagt: Freiwillige Aufgaben müssten auf den Prüfstand - aber für Zukunftsaufgaben möglich bleiben. Die Teilnahme am Entschuldungsfonds sei nötig, die Neufassung des kommunalen Finanzausgleichs unabdingbar. Und Aufgabenübertragungen dürfe es nur bei 100-prozentigem Kostenausgleich geben. Die Linke: "Wir lösen die Haushaltsprobleme nicht dadurch, dass wir Eigentum verkaufen", sagt Wolfgang Ferner. Die Alternativen seien: Erhöhung der Kreisumlage (auf Ortsebene Erhöhung der Steuern) sowie Durchsetzung der Finanzierungsansprüche gegenüber dem Land. kah

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