Lange Gesichter, kurze Diskussionen

JÜNKERATH. Schulden ohne Ende, Spielraum gleich Null: In schicksalsergebener Harmonie beschloss der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll in der letzten Sitzung des Jahres erneut einen defizitären Haushaltsplan. Der Fehlbetrag wächst auf knapp drei Millionen Euro.

Fehlende Steuer-Einnahmen, drückende Altlasten und Landes-Projekte, die auf dem Rücken der Kommunen finanziert werden: Der Ruf der geknebelten Gemeinden nach einer Reform der Kommunalfinanzen wird immer lauter. "Es ist egal, ob wir erdrosselt oder erwürgt werden", klagte Bürgermeister Werner Arenz bei der Vorstellung des VG-Haushaltsplans 2006 in der Sitzung am Donnerstag. "Der Effekt ist der gleiche: Man ist tot." 200 Seiten Armutszeugnis

Anders gesagt: Erschreckende 2,9 Millionen Miese stehen im neuen Haushalt, ähnlich wie in vielen anderen Kommunen. Allein die Belastung durch Hartz IV wird die VG-Sozialausgaben verdoppeln - von 83 000 Euro im Jahr 2004 auf 165 000 Euro im kommenden Jahr. Trotzdem hat der Rat das 200-Seiten-Armutszeugnis einstimmig und ohne Diskussion abgenickt - weil es nicht anders ging: Es sei, fand FWG-Fraktionschef Lothar Schun, wie zu Silvester beim "Dinner for one" - jedes Jahr die gleiche Prozedur. Ähnlich sahen es Hans-Josef Möller (CDU) und Ewald Hansen (SPD, Grünen-Vertreter Stefan Barth fehlte). Motto: Nichts zu machen, alle Potenziale ausgeschöpft. Beide bekundeten der Verwaltung einen eisernen Sparwillen, umsichtige Investitionen und insgesamt ein solides, vernünftiges Vorgehen. Beispiele: Fällige Beförderungen bei Verwaltungs-Mitarbeitern wurden auf Eis gelegt. Die VG-Umlage bei den Ortsgemeinden bleibt auf dem bisherigen Stand. Und die Netto-Neu-Verschuldung wurde sogar wie im Vorjahr noch einmal verringert. Dennoch: "So lange die Konjunktur nicht anspringt", sagte Arenz, "so lange wird's uns dreckig gehen." Als Prolog zum Trauerspiel "Haushalt 2006" hatte der Bürgermeister indessen einen unkonventionellen Weg gewählt: Um für eine aus Sicht der Kommunal-Vertreter dringend notwendige Finanzreform zu argumentieren, las er der VG-Runde einfach das TV-Interview vom 3. Dezember mit dem pensionierten Kommunalexperten Rudolf Oster vor. Dort prangerte Oster unter anderem millionenschwere Landes-Projekte wie den Ausbau des Betzenberg-Stadions an oder die Bundesgartenschau 2011 in Koblenz, alles bezahlt aus dem kommunalen Finanzausgleich.Finanziell blitzsauber

Für eindeutig bessere Nachrichten war am Donnerstag Richard Ehlen zuständig, der Leiter der VG-Werke. Der nämlich legte einen laut Arenz "wunderschönen Haushaltsplan" vor. Beim Thema Wasser und Abwasser bleibt die Obere Kyll finanziell blitzsauber. Das Positive für die Bürger: Eine Erhöhung der Gebühren ist nicht erforderlich. Weitere Punkte: Ulrich Bielefeld vom Trierer Büro "BGHplan", das für die VG - bundesweit erstmalig - einen digitalen Landschaftsplan erarbeitet, stellte die Ergebnisse der gleichzeitig laufenden Umweltprüfung vor. Mit gemischtem Fazit: Einerseits nahm der Laubwald zu, andererseits wichen etliche Biotop-Flächen einer Bebauung oder Beackerung. Digital werden künftig auch Sitzungsdokumente, Protokolle und weitere Unterlagen verwaltet: Der Rat beschloss den Kauf eines Computer-Sitzungsprogramms. Außerdem wurde nach jahrelangem Hin und Her die siebte Änderung des Flächen-Nutzungsplans (der TV berichtete) beschlossen: Das Gönnersdorfer Unternehmen "Meyer Lissendorf" darf nun in die Planung für weitere Gebäude an der B 421 einsteigen.