Lehrstück der Justiz
"Da steht Aussage gegen Aussage." So einfach und zugleich resignierend klingt es häufig, wenn Laien einen ungeklärten Fall beurteilen sollen. Tatsächlich gibt es in der Praxis bei einer angeblichen Straftat oft nur wenige direkt Beteiligte und Augenzeugen.
Wem also Glauben schenken? Im Zweifel für den Angeklagten? Auch wenn dieser Rechtsgrundsatz durchaus seine (begrenzte) Gültigkeit hat, geht es in solchen Verfahren darum, die Glaubwürdigkeit der Betroffenen und ihrer Aussagen einzuschätzen. Besonders bei Vorwürfen sexueller Übergriffe steht jenseits aller Beweismittel immer wieder die Frage im Raum: Wer sagt hier die Wahrheit? Deshalb fällt den Sachverständigen eine so bedeutende Rolle zu. Psychologen versuchen mit wissenschaftlichen Methoden nachzuweisen, inwieweit das Vertrauen in Aussagen gerechtfertigt ist. Dabei können sie nur Vorlagen liefern. Die letztendliche Bewertung obliegt dem Gericht, das seine Entscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände fällt. Insofern ist der laufende Prozess in Bitburg, bei dem sich das Gericht sehr viel Zeit für Fragen und Erläuterungen nimmt, ein Lehrstück der modernen Justiz. m.hormes@volksfreund.de