Leinwandkino im Goldenen Grund

NIEDERSGEGEN. Es ist noch immer viel vom alten Glanz des Landschlosses im "Goldenen Grund" zu erkennen. Das Gut Petry ist in wesentlichen Teilen original erhalten. Besonders wertvoll ist das "Tapetenzimmer".

Es ist weder Museum noch Ort öffentlicher Veranstaltungen. Eigentlich ist das kleine Schlösschen in Niedersgegen ein ganz normaler landwirtschaftlicher Betrieb. Regelrecht bescheiden versteckt es sich hinter anderen Mauern. Erst im großzügigen Innenhof präsentiert sich das Schloss von seiner Schokoladenseite. 1823 erbaute Rittergutsbesitzer Jean-Joseph Richard das Herrenhaus im "Goldenen Grund". Die Hauptfassade zeigt sich typisch für die kleinen Landschlösser des 18. Jahrhunderts, so wie auch die Schlösser von Malberg oder Weilerbach. Die landwirtschaftlich genutzten Nebengebäude gehen in ihrer heutigen Erscheinung auf das fortgeschrittene 19. Jahrhundert zurück. Die Terrasse mit Freitreppe, Glasdach und schmiedeeisernem Geländer stammen aus der Zeit um 1900. Die Spuren des Schlösschens führen aber sogar bis ins Mittelalter zurück. Im südwestlichen Flügel des Anwesens sind Reste eines fünfgeschossigen Wohnturms erhalten, der von einer mittelalterlichen Burganlage herrührt. An diesen Wohnturm wurde 1734 eine Kapelle angebaut. Bis 1923 gehörte sie zum Schlossgut. Heute halten die Niedersgegener dort regelmäßig ihren Gottesdienst ab. Den Namen hat das Schlossgut Petry von der Familie, die seit Generationen dort lebt und arbeitet. So wie Werner und Gertrud Petry. Die Urgroßeltern von Werner Petry haben den Hof 1910 gekauft. Damals ahnten sie nicht, welch ein Juwel sie unter ihrem Dach beherbergen.Geschichte von unglücklich Verliebten

Im Erdgeschoss ist im so genannten "Tapetenzimmer" eine der Zeit der Erbauung entsprechende, handgedruckte Bildertapete aus der Pariser Manufaktur Dufour erhalten. Sie zeigt auf großflächigen Bildern fast wie in einem Kino Szenen aus dem 1787 erschienenen Moderoman "Paul et Virginie" von Bernardin de Saint Pierre. Die Geschichte handelt von zwei unglücklich Verliebten, ganz nach dem Vorbild von Shakespeares "Romeo und Julia". Solche Bildertapeten sind nur noch selten zu finden - erst recht an ihrem Ursprungsort. In den 60ern begann die Denkmalpflege, sich für das Tapetenzimmer zu interessieren und hat die Wände 1970 einer umfassenden Restaurierung unterzogen. "Vorher wusste niemand, wie wertvoll diese Tapete wirklich war", sagt Gertrud Petry. Nachdem Familie Petry 1984 bis 1992 Fenster, Dach, Außenfassade und Hofbefestigung instandgesetzt haben, erhielt das Schloss 1992 den Denkmalpreis. Das Tapetenzimmer ist für Interessenten zugänglich, Telefon 06566/93023.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort