Letzte Ruhe unter Baumwipfeln

Im Sommer nächsten Jahres soll in Jünkerath ein "Gedächtniswald" in Betrieb genommen werden. Das hat der Ortsgemeinderat Jünkerath einstimmig so beschlossen. Für das Projekt gibt es auch schon einen Investor.

 Blick in den Himmel: Der Gedächtniswald in Jünkerath besteht aus sehr alten und jungen Bäumen. Foto: privat

Blick in den Himmel: Der Gedächtniswald in Jünkerath besteht aus sehr alten und jungen Bäumen. Foto: privat

Jünkerath. "Zu einer christlichen Kunst zu leben, der ,ars vivendi', gehört eben auch eine ,ars moriendi', die Kunst, sich im Leben dem Tod zu stellen und ihn nicht zu verdrängen", sagte Bischof Reinhard Marx noch zu seinen Trierer Zeiten im vergangenen Jahr. Für viele bedeutet das zum Beispiel, sich zu Lebzeiten Gedanken zu machen, wie und wo man einmal nach seinen Tod bestattet werden möchte.

Die Möglichkeiten in Jünkerath sind vielfältig. "Bis auf die Seebestattung bieten wir alles", sagt Ortsbürgermeister Rainer Helfen. Neben Reihengrab, Wahlgrab, Urnengrab, anonymer Bestattung, Rasen- und Wiesengräbern plant die Ortsgemeinde derzeit, zukünftig auch die Waldbestattung anzubieten.

Mit dem Thema beschäftigt sich der Rat bereits seit 2005. Vor zwei Jahren ließ man eine Fläche von neun Hektar in den Flächennutzungsplan einbringen. Der nächste Begräbniswald liegt in Bad Münstereifel. Im Vulkaneifelkreis und im Eifelkreis Bitburg-Prüm gibt es noch keinen.

Da Helfen auch Verwaltungsratsmitglied in der Kirche in Jünkerath ist, wurde auch dort schon im Vorfeld über das Thema diskutiert. Auch wenn die Waldbestattung mit der Auffassung christlicher Bestattungskultur nichts zu tun hat, zeigt sich Pastor Reinhard Mallmann sehr offen, was dieses Thema angeht. "Die Möglichkeiten der Bestattungen unserer Verstorbenen sind sehr facettenreich geworden. Daher sind wir alle, insbesondere die Bestattungsunternehmen, die Verantwortlichen in den Gemeinderäten und wir, die kirchlichen Verantwortlichen, gut beraten, wenn wir über Ihre oder die Bestattung Ihrer Angehörigen in einem für alle Seiten zufriedenstellenden Dialog bleiben", schrieb er in einem Pfarrgemeindebrief vor Allerheiligen.

Für den Gedächtniswald in Jünkerath gibt es seit September auch einen Investor, der aber zurzeit noch nicht genannt werden möchte.

Gedächtniswald ist öffentlich zugänglich



Der Wald bleibt sich selbst überlassen, abgesehen von der Beseitigung umgeknickter Bäume. Er wird nicht eingezäunt und dient so auch als Erholungsgebiet. Der Investor sieht das Projekt nicht als Polarisierung zu den verschiedenen Glaubensrichtungen, sonders als Ergänzung. "Sinn des Begräbniswalds ist die naturnahe Bestattung von Aschen. Er ist aufgrund seines eindrucksvollen Baumbestands ein besonderer Ort der Trauer und Erholung und ist eine Alternative zur Bestattung auf einem Friedhof", sagt er.

Am 27. November hat der Ortsgemeinderat Jünkerath einstimmig für das Projekt votiert. Zurzeit laufen die Vorbereitungen im Jünkerather Forst. "Ab Sommer kommenden Jahres sind die Planungen abgeschlossen", sagt Helfen.

Meinung

Individuell bis zum Tod

Es kommt einfach auf die Sicht der Dinge an: Die Kritiker einer Baumbestattung werden sagen, man verscharrt seine Toten im Wald, und das ist schlicht pietätlos. Eine Baumbestattung ist was für Esoteriker und Naturfreaks, aber nichts für einen guten Christen, denn sie lässt zentrale Elemente einer christlichen Bestattungskultur vermissen. Die Befürworter finden es gut, dass es noch eine Alternative zum Friedhof gibt. Ein Wald kann ein ganz besonderer Ort der Trauer und Erholung sein. Schon zu Lebzeiten kann man sich seinen Baum aussuchen, unter dem man einmal beerdigt werden möchte. Im Wald herrscht eine andere Atmosphäre als auf einem Friedhof, wo Reihe für Reihe, Grab an Grab liegt. Sehen wir es doch einfach so: So individuell wie jeder sein eigenes Leben führt, so darf er auch für sein Leben danach entscheiden. s.glandien@volksfreund.deEXTRA Ein Gedächtniswald, Friedwald oder Ruheforst ist ein ganz normaler Wald. Er ist nicht umzäunt und bleibt somit öffentlich zugänglich. An den Bäumen befinden sich nach Wunsch kleine Schilder mit Namen des Verstorbenen, eine Nummer und ein religiöses Symbol. Der Baum dient als Grabmal. Eine Pflege des Grabes ist nicht nötig. Um in der Natur bestattet werden zu können, muss der Leichnam eingeäschert werden. Sinn ist, dass die sterblichen Reste des Verstorbenen schnell in den Naturkreislauf zurückgelangen. Die Nutzungszeit eines Begräbniswalds liegt bei mindestens 99 Jahren. (sn)

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