Lohnpoker geht weiter

WEINSHEIM. Die Fronten bei den Lohnverhandlungen im Prüm-Türenwerk in Weins-heim sind weiterhin verhärtet. Die Geschäftsführung fordert die 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich, der Betriebsrat bietet fünf Prozent Gehaltsverzicht an. Das ist dem Arbeitgeber zu wenig.

Die Geschäftsführung des Prüm-Türenwerks steckt seit eineinhalb Jahren in Lohnverhandlungen mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft. Der Betriebsrat bietet einen Lohn- und Gehaltsverzicht von fünf Prozent und verlangt dafür eine Arbeitsplatzsicherung für zwei Jahre, sowie einen Verzicht auf Auslagerungen. Die Geschäftsleitung möchte zehn Prozent Lohn- und Gehaltsverzicht und bietet dafür eine einjährige Arbeitsplatzgarantie.Ausländische Anbieter drängen auf den Markt

Warum die erfolgsverwöhnte Firma Lohnkosten einsparen möchte, erklärt Rainer Pries, Sprecher der Geschäftsführung so: "Kurz nach der Wende hat die Baubranche einen Boom erlebt. Da auch wir mit unserer Produktion stark an die Branche gekoppelt sind, profitierten wir vom Boom der 90er Jahre." Das Werk wurde erweitert. In der Spitze hat die Branche etwa zwölf Millionen Türelemente hergestellt. Ab 1997 hat sich die Marktsituation ins Gegenteil gewandelt. In diesem Jahr prognostizieren Experten einen Bedarf von nur etwa sechs Millionen Türelementen in Deutschland. Der Marktanteil des Prüm-Türenwerks beträgt zur Zeit sieben Prozent. Pries: "Die Branche hat große Absatzsorgen." Hinzu komme, dass Anbieter aus Osteuropa vermehrt auf den deutschen Markt strömen. "Der Preiskrieg ist in vollem Gange. Die haben andere Marktvoraussetzungen als wir", erklärt Pries. Das bringe die Firma von der Personalkostensituation in die Bredouille. Deshalb müsse die Geschäftsführung gegensteuern. In den vergangenen zwei Jahren habe man zwölf Millionen Euro investiert. Pries: "Wir stehen zu dem Standort und zu den Mitarbeitern, mit denen wir groß geworden sind."Auch wenn Prüm-Türenwerk noch schwarze Zahlen schreibt, wolle die Geschäftsführung nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen sei. Mit dem Gesellschafterwechsel hätten die Maßnahmen überhaupt nichts zu tun, schließlich sei man seit fast eineinhalb Jahren mit dem Betriebsrat im Gespräch. Die Hochtief AG hatte ihre Beteiligungsgesellschaft an den niederländischen Finanzinvestor Halder verkauft (derTV berichtete). Halder sei aber erst vor drei Monaten eingestiegen.Die Gespräche mit dem Betriebsrat seien zuletzt durchaus konstruktiv verlaufen, räumt Pries ein. Dieser biete fünf Prozent Lohn- und Gehaltsverzicht. Das reiche aber nicht aus, um das Problem der zu hohen Lohnkosten zu beseitigen. Deshalb fordert die Geschäftsführung für ihre rund 470 Mitarbeiter die Einführung der 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich. "Es tut niemanden weh, wenn er am Tag eine Stunde mehr arbeitet, aber wenn er weniger im Geldbeutel hat, das tut weh", sagt Pries und weiter: "Wenn die Gewerkschaft die 40-Stunden-Woche ablehnt, müssen wir leider andere Wege gehen, um Lohnkosten einzusparen und damit auch die Arbeitsplätze zu sichern." Im Gespräch wäre dann die Abschaffung der übertariflichen Prämienzahlung. Hierzu sind die Verhandlungen jedoch gescheitert und man wird die Einigungsstelle zu einer Entscheidung anrufen. 30 bis 40 leitende Angestellte haben auf freiwilliger Basis bereits der 40-Stunden-Woche zugestimmt."Geiselhaft für den großen Raubzug"

Der Betriebsrat und die Gewerkschaftsvertreter fühlen sich hingegen von der Geschäftsführung erpresst. Auszubildende sollen nur eingestellt werden, wenn diese der 40-Stunden-Woche zustimmen. Damit käme der Betriebsrat in die Zwickmühle. Entweder er schluckt die 40-Stunden-Woche, oder es werden keine Auszubildenden eingestellt. "Hier werden junge Menschen in Geiselhaft genommen für den großen Raubzug", sagt Roland Wölfel, erster Bevollmächtigter der IG Metall Trier. "Wir stellen uns nicht in die Verweigerungsecke, wir haben Angebote gemacht", sagt Wölfel. "Wir reichen die Hand zur sachlichen, fairen Vereinbarung, aber die Geschäftsführung muss begreifen, dass auch sie Kompromisse machen muss." Da beide Seiten nicht gewillt sind, ihre Forderungen und Angebote zu überdenken, wird eine Einigungsstelle angerufen. Dies kann sich jedoch hinziehen, weil sich beide Seiten auf einen Vorsitzenden einigen müssen.

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