Lose kaufen, Bücher schenken

PRÜM/GEROLSTEIN. Gemeinsame Russlandhilfe: Der Verein "Eifellicht" und die Berufsbildende Schule (BBS) Prüm haben eine Aktion zur Finanzierung von Schulbüchern für ein Kinderheim in Jarzewo gestartet.

Es ist eine erschreckende Zahl: Etwa eine Million russischer Kinder leben laut Information des Vereins "Eifellicht" heute in Heimen, mehr als unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Gründe: Tod, Kriminalität oder Verwahrlosung der Eltern, oft verursacht durch katastrophale Lebensumstände und die Flucht in den Alkoholismus. Auch wenn die Kinder in diesen Heimen Aufnahme und Betreuung finden - ihr Leben spielt sich weit unterhalb der Armutsgrenze ab. Zum Beispiel in Jarzewo. Das Heim liegt rund 100 Kilometer von Smolensk entfernt. Unterstützt werden seine Schützlinge auch von "Eifellicht", unter anderem durch Kleidung und weitere Sachspenden. Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten oder die Chancen für die Zeit nach dem Heimaufenthalt bezeichnet der Eifellicht-Vorsitzende Ludwig Hahn allerdings als erbärmlich: "Jarzewo ist ein Heim für Kinder, die auf Grund der sozialen Schädigungen in ihrer geistigen Entwicklung beeinträchtigt sind. Die Internatsschule soll diesen Rückstand aufarbeiten. Schaut man sich aber die Lehrbücher an, so kann man sich kaum vorstellen, dass mit diesen total zerfledderten und verbrauchten Büchern noch ein nennenswerter Lernerfolg erzielt werden kann." Dem Verein liegt ein solches Buch vor. Hahns Urteil: "Auch ein begnadeter Pädagoge könnte damit bei keinem Kind der Welt die Freude am Lesen wecken." BBS-Chef Klaus-Peter Metzger wird noch deutlicher: "Das war entsetzlich. Nur Fetzen. Die Bücher würde bei uns keiner mehr für den Mülleimer verwenden." Also beschlossen Verein und Schule, gemeinsam etwas für eine bessere Ausstattung zu unternehmen - mit neuen Büchern, die für die Belange der Jarzewo-Kinder entwickelt wurden. Darüber hinaus will "Eifellicht" interessante Kinder- und Jugendliteratur zur Freizeit-Lektüre finanzieren - hauptsächlich Sachbücher, in denen man selbst schmökern und lernen kann. Außerdem, sagt Metzger, habe man einen Aufruf an alle Spätaussiedler in der Region gestartet, russische Bücher, sofern noch vorhanden, für Jarzewo zu spenden. Für das Projekt benötigt Eifellicht rund 5000 Euro. Ein Teil des Geldes - nach letzter Schätzung rund 1500 Euro - wird derzeit von den BBS-Schülern aufgetrieben: Sie verkaufen unter anderem Weihnachtsgebäck und Lose für die Tombola bei der Jahres-Abschlussfeier vor den Ferien. "Alle sind mit eingebunden", sagt Schülersprecherin Christiane Bach. "Und die Preise sind von Geschäften und Institutionen aus der Region gestiftet worden." Hauptgewinn: "Ein DVD-Recorder. Den hat die Schülervertretung aber selbst gekauft." Der Erlös soll komplett an Eifellicht übergeben werden. "Wir machen das gern", sagt Christiane Bach. "Um den Schülern einen schönen Jahresabschluss bieten zu können, vor allem aber für den guten Zweck." Die segensreichen Taten machen den Schülern sogar Spaß: "Auf jeden Fall", sagt Christiane Bach. "Das ist zwar Stress, aber wir sind sehr froh, dass wir bei den Geschäften so freundlich empfangen werden. Und es ist schön zu sehen, wie engagiert die Schüler sind." Der Verein "Eifellicht" wurde gegründet, um nach der Katastrophe im Atomreaktor von Tschernobyl den Menschen in der Region zu helfen. Er unterstützt unter anderem Therapie-Besuche schwerkranker Kinder in der Berliner Brandenburg-Klinik. Das Geld - pro Kind kostet der Aufenthalt rund 3000 Euro - wird durch Spenden- und sonstige Benefiz-Aktionen beschafft. Allein durch die Konzerte der Gerolsteiner "Slaughterhouse Jazz Band" kamen beispielsweise bisher fast 30 000 Euro zusammen.

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