Love-Story im Seniorenheim

TRIERWEILER. Der Wonnemonat Mai hat begonnen. Doch nicht nur junge Herzen schlagen jetzt höher. Elisabeth Pientok und Wilhelm Nees sind seit knapp drei Jahren ein Paar und freuen sich über den Frühling – im Herbst ihres Lebens: Er wird 80, sie 82 Jahre alt.

"Herr Nees" und "Frau Pientok" steht auf zwei ovalen Papierschildern an der Tür im zweiten Stock des Niederweiler Hofs. Hinter der Tür, im Zimmer der beiden, sind die Betten zusammen geschoben. Sie hat die rechte Seite, er die linke. "Ich schlafe besser, seit wir miteinander wohnen", sagt Frau Pientok. "Ich hab' so einen festen Schlaf, dass ich ihn nicht schnarchen höre." Nees zog vor zehn Jahren als einer der ersten Bewohner in die Senioren-Residenz in Trierweiler ein. Frau Pientok kam 1996. Seit etwa fünf Jahren kennen sie sich näher und seit Oktober 2003 wohnen die beiden zusammen. Am liebsten schauen sie gemeinsam Fernsehen. Und auch was die Programmauswahl angeht, sind die beiden jung geblieben: "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" und "Unter uns" sind ihre Favoriten. "Den meisten fällt es schwer, sich in diesem hohen Lebensalter noch mal zu öffnen und sich neu auf jemanden einzulassen", sagt Nicole Grundhöfer, die Pflegedienstleiterin im Niederweiler Hof. Bei Elisabeth Pientok und Wilhelm Nees funktioniert das aber wunderbar - obwohl sie auch unterschiedliche Interessen haben: Während sie gern zum Ententeich geht und aktiv am Leben in der Senioren-Residenz teilnimmt, ist er eher zurückgezogen, was jedoch keineswegs heißt, dass er keinen Spaß mehr am Leben hat. Trotz seines Alters raucht er gerne eine Zigarette, und auch zu einem Schnäpschen ab und an sagt er nicht nein. Beide kommen aus bescheidenen Verhältnissen. Er war Waldarbeiter und in einer Bad Kreuznacher Chemiefabrik beschäftigt. Sie, ursprünglich aus Oberschlesien, hat in der Hauswirtschaft eines Klosters mit geholfen. So sind es die kleinen Gesten, die bei ihnen überwiegen. Zu Weihnachten schenkte er ihr etwas Süßes. "Jedoch nicht zu viel - schließlich müssen wir ja auf ihre Diabetes aufpassen." Große Geschenke brauchen die beiden auch nicht mehr. Dass sie einander im hohen Alter gefunden haben, ist für beide das größte Geschenk. Sie müssen sich nichts mehr beweisen - nur noch für einander da sein. So ist das Händchenhalten auf dem Weg zurück vom kleinen Spaziergang am Entenweiher das leise aber bestimmte Zeichen einer Liebe, die wunderbar entspannt und unaufgeregt aus einer oft lauten, schnellen und oberflächlichen Zeit herausragt. "Wir küssen uns noch gern, das gehört dazu. Sonst wär's ja nur eine Wohngemeinschaft", stellt Wilhelm Nees klar. Doch die ganz großen "Frühlingsgefühle" haben die beiden hinter sich. "Es hat sich ausgefrühlingt", sagt Nees mit einem Lachen. Die rot-blau gestreifte Krawatte, die er sich extra für den Termin zum Anzug umgebunden hat, findet Frau Pientok allerdings toll. "Das solltest du öfter tragen", sagt sie und schaut voller Stolz zu ihrem Freund rüber.

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