Lügen, Wahn und Eifersucht: Urteil im Totschlag-Prozess gegen Eifeler fällt nächste Woche vor dem Trierer Landgericht

Trier/Büdesheim · Dass der Büdesheimer auf den Mann geschossen hat, der später seinen Verletzungen erlag, ist unstrittig. Aber was hat ihn dazu getrieben - waren es die Wahnvorstellungen oder seine Ex-Freundin?

Trier/Büdesheim. Der Angeklagte starrt ins Leere. Mit den Fingern streicht er sich durch den Bart. "Wer ihn beobachtet, sieht einen emotionslosen Menschen", sagt die Nebenklägerin. Er starrt weiter, als ginge es nicht um ihn. "Ich glaube nicht, dass er begreift, was er für eine schreckliche Tat begangen hat." Der Vorfall, von dem sie spricht, hat sich im Februar in Büdesheim ereignet (der TV berichtete). Und so soll er sich abgespielt haben:
Der Angeklagte streitet mit einer jungen Frau. Er ohrfeigt sie. Ein Dritter geht dazwischen, stürmt auf den 54-Jährigen zu - "Wie ein Ritter", wird die Nebenklägerin später sagen. Doch für seine "Ritterlichkeit" bezahlt der Mann mit dem Leben. Der Angeklagte zückt eine Waffe und schießt ihm in die Brust. Die 21-Jährige bringt den Angeschossenen ins Krankenhaus. Monate später stirbt er dort an seinen Verletzungen. Dass er geschossen hat, räumt der Beschuldigte ein. Er behauptet aber, dass er aus Notwehr gehandelt habe. Der andere habe nämlich ebenfalls eine Pistole gezückt. Gefunden hat die Polizei keine. Doch die Aussagen des Eifelers sind ohnehin mit Vorsicht zu genießen: Offenbar leidet er unter Paranoia. Und die junge Frau, mit der er sich gestritten hat, soll seinen Wahnvorstellungen immer wieder Nahrung gegeben haben - da sind sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung sicher. Unter anderem habe sie, die er als seine Ex-Freundin bezeichnet, ihm erzählt, sie werde zur Prostitution gezwungen und gefoltert. Und das spätere Opfer sei Mitglied eines Zuhälterringes.

Der Zeuge: Auch über sie wird er sprechen, der 38-jährige Zeuge. Die Verteidigung hat ihn erneut vorgeladen. Er ist ein Bekannter des Angeklagten und behauptet, er könne neue Hinweise geben. "Wenn sie spricht, braucht man nichts zu glauben. Das ist, wie wenn ein Tier redet", sagt er. Noch vor wenigen Wochen hatte er vor dem Landgericht die Glaubwürdigkeit ebendieser Frau bescheinigt. Doch seitdem seien "viele merkwürdige Dinge passiert." Dass sie nur noch Unsinn rede, sei auf die Drogen zurückzuführen, die ihr Zuhälter ihr verabreiche. Das habe sie ihm selbst erzählt.
Insgesamt wirken die Schilderungen des 38-Jährigen wirr. Er verstrickt sich in Widersprüche, kann Fragen nicht beantworten. Später behauptet er, die 21-Jährige habe ihm von einer Schreckschusspistole erzählt, die sie in ihrem Auto lagere. Er nimmt an, dass das die zweite Waffe sei, die der Angeklagte erwähnt hatte. Die Frage, ob er sie jemals zu Gesicht bekommen habe, verneint er.

Die Plädoyers: Die Staatsanwaltschaft räumt ein, dass der Angeklagte wegen seiner geistigen Erkrankung nicht schuldfähig sei. Sie unterstreicht aber auch dessen Gefährlichkeit und will ihn daher in einer geschlossenen Psychiatrie untergebracht wissen: "Er muss von der Öffentlichkeit ferngehalten werden."
Die Verteidigung fordert hingegen, die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Denn gewalttätig sei der Beschuldigte nur geworden, weil er von der 21-Jährigen manipuliert worden sei: "Sie ist eine notorische Lügnerin." Eine Auflage sollte außerdem sein, dass der 54-Jährige sich ihr nicht nähern darf. Nur dann habe die Behandlung seiner Paranoia Aussicht auf Erfolg.
Verbesserungen seien aber schon jetzt festzustellen: Der Prozess habe dem Eifeler die Augen geöffnet. Er wisse jetzt, dass sie ihn belogen und er in einer Wahnwelt gelebt habe.

Und so geht es weiter: Die Kammer zieht sich bis zum 21. November zur Beratung zurück. Um 11 Uhr soll das Urteil fallen.

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