Roman Grenzgänger

Henni Bernhard lotet schon als Kind ihre Grenzen aus, sie ist mutig, balanciert am äußersten Rand des Steilhangs. Ihr Lachen zeugt von Lebenshunger und später auch von Verzweiflung. Weil sie Kaffee an der deutsch-belgischen Grenze schmuggelt, um die Familie zu ernähren, wird sie in eine Besserungsanstalt nach Trier eingeliefert.

 Buchtipp Grenzgänger

Buchtipp Grenzgänger

Foto: TV/Maria Adrian

Aber Hennis Leidensweg beginnt schon viel früher. „Die Geschichte einer verlorenen deutschen Kindheit“ lautet der Untertitel des Romans „Grenzgänger“ von Mechtild Borrmann, der im Droemer-Verlag erschienen ist.

Es ist nicht nur Hennis Kindheit, die verloren ist, sondern auch die ihrer Geschwister, im Grunde die einer ganzen Generation. Hennis Schicksal ist mit der düsteren Zeit im Nachkriegsdeutschland verwoben. Der Roman beginnt mit dem anstehenden Prozess gegen die erwachsene Henni und in ihm stellen sich die Fragen nach Unrecht, Schuld und Versagen von Einzelnen und von Institutionen. Trotz aller Schicksalsschläge kämpft Henni für Gerechtigkeit. Sie will, dass die Wahrheit über ihre Familie ans Licht kommt.

Das schildert Borrmann in einer klaren und präzisen Sprache. Hennis Geschichte mutet dem Leser manches zu. Nur in einem Fall gibt die Hauptfigur und ihr Schweigen Rätsel auf.

Das ändert nichts daran, dass ihr Schicksal und das ihrer Familie von der ersten bis zur letzten Seite fesselnd  und authentisch ist. Mechtild Borrmann hat nach eigenem Bekunden über den Schmuggel in der Grenzregion in den 40er und 50er Jahren recherchiert, sie ist in die Region gereist, hat mit Zeitzeugen gesprochen, Biografien gelesen und sich auch mit der Heimerziehung in Deutschland auseinandergesetzt.

Die Autorin möchte mit ihrem Buch an all jene erinnern, deren Schicksal über Jahrzehnte ignoriert und geleugnet wurde und die bis heute darunter leiden.

Grenzgänger ist ein Roman, der einen nicht loslässt und das ist auch gut so.

Maria Adrian

Mechtild Borrmann: Grenzgänger, Droemer Verlag, 285 Seiten, 10,99 Euro.

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