Landwirtschaft Die Eifel im Klimawandel

Leidenborn · Was macht das Klima mit uns? Und vor allem: Was machen wir mit dem Klima? Beim Jahresempfang des Kreisbauernverbands Bitburg-Prüm liefert Meteorologe Gunther Thiersch beunruhigende Vorhersagen.

 Trockene Sommer, milde und feuchte Winter: Für die Bauern, sagt Meteorologe Gunther Thiersch, wird’s nicht leichter. Auch nicht in der Eifel.

Trockene Sommer, milde und feuchte Winter: Für die Bauern, sagt Meteorologe Gunther Thiersch, wird’s nicht leichter. Auch nicht in der Eifel.

Foto: Fritz-Peter Linden

Erst die Trockenheit des vergangenen Frühlings und Sommers, dann, mittendrin, kübelweise Regen. Und im Januar der immens viele Schnee in der Alpenregion: Ist das der Klimawandel? Und wenn ja, was bedeutet er für die, denen das Wetter so oft Frucht und Ernte verhagelt, die Bauern nämlich?

Fragen für den Fachmann: Der Kreisbauernverband hat deshalb zu seinem Jahresempfang im Leidenborner Gasthaus Kaut am Freitagabend den ZDF-Meteorologen Gunther Thiersch eingeladen. Und, wie Kreis- und Landespräsident Michael Horper anfangs sagt, dem Experten dafür mehr als die üblichen 45 Sekunden nach dem Heute-Journal zur Verfügung gestellt.

Da jedoch geht’s nur ums Wetter für die kommenden Tage – hier aber sozusagen ums Ganze und die Aussichten für die kommenden Bauerngenerationen. Vielleicht sind auch deshalb so viele der Einladung nach Leidenborn gefolgt: Mehr als 200 Besucher füllen die Reihen, etliche zusätzliche Stühle werden zu Beginn noch reingetragen.

Gerade das abgelaufene Jahr habe „unendliche Wetterkapriolen“ gebracht, sagt Horper. Da sei man ja schon froh, derzeit in der Eifel mit dem aktuell gefallenen Schnee noch einen „ganz normalen Winter“ zu erleben.

Ganz so normal aber werde es nicht bleiben, sagt im Anschluss Gunther Thiersch. Selbst wenn die Eifel, statistisch gesehen, bislang „relativ konstante Niederschläge“ zu verzeichnen und das Glück habe, sich in einer gemäßigten Zone zu befinden.

Dennoch bringt er ein paar Nachrichten mit, „die Ihnen nicht gefallen werden“. Denn sie werden Konsequenzen für die Bauern haben. Thiersch blickt auch auf die extreme Kälte infolge des Polarwirbels in Nordamerika: Ja, auch die könne „massiv mit dem Klimawandel zusammenhängen“. Dann wird er konkreter, erinnert an die immensen Schneefälle vom Januar in Europa. Ursachen? „Die Winter sind wärmer. Bei Null Grad kann die Luft wesentlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen als bei minus zehn.“ Die Folge: Mehr Regen, mehr Schnee. Zusätzliche Feuchtigkeit bringe die „im Januar noch warme Nordsee“.

Auf der anderen Seite: der lange, heiße, trockene Sommer. Vor allem im Osten zeigte sich, dass im August die Bodenfeuchtigkeit massiv zurückging. Und weit und breit kein Niederschlag, um dem Austrocknen entgegenzuwirken: „So war der Sommer bei uns in Deutschland noch nie seit 1881.“ Und das werde sich wohl weiter so entwickeln, der Blick auf die vergangenen drei Jahrzehnte zeige, dass die mittlere jährliche Temperatur im Land stetig gestiegen sei. „Wenn das so weitergeht“, sagt Thiersch, „wäre es eine Katastrophe.“

Zugleich werde die weltweit wachsende Wärme-Energie in den Tiefen der Ozeane gespeichert. „Und es ist die Frage: Wann kommt diese Wärme wieder an die Oberfläche? Dann können wir mit einem noch schnelleren Klimawandel rechnen.“ Und mit ganz anderen Küstenverläufen als bisher, wenn die Ozeane nicht mehr als Klimapuffer dienen und deshalb der Meeresspiegel steigt.

Was aber heißt das alles für die Bauern? Thierschs erste Empfehlung angesichts der drohenden „Sommer der Zukunft“ mit ihren langen Trockenphasen: Er würde „in den nächsten zehn, 20 Jahren noch ein paar Staubecken bauen“, um für diesen Fall Wasser zu speichern.

Den Waldbesitzern unter den Landwirten rät er, auch angesichts der wiederholten Stürme, von der Fichte ab: Viel zu anfällig für den Borkenkäfer – ohnehin ein aktuelles Sorgenthema in den Wäldern (der TV berichtete).

Dann verweist er auf den weltweiten Wasserverbrauch, auch infolge der Landwirtschaft: Viel zu hoch sei der. „Wir müssen lernen“, sagt Thiersch, „mit weniger Wasser mehr Nahrungsmittel zu produzieren.“ Und weiter geht’s mit einem dringenden Appel: „Schützen Sie Ihren Boden, schützen Sie Ihre Ackerkrume.“ Nicht zuletzt die Treibhausgase „müssen runter“. Auch da seien die Bauern gefordert.

Horper greift anschließend diesen Punkt auf: Die Landwirtschaft, sagt er, sei für sieben Prozent der Treibhausgase mitverantwortlich – und Thiersch muss korrigieren: Nein, nicht sieben, „es sind 30 Prozent, weltweit. Ich bin da ganz radikal. Die Landwirtschaft muss sich total ändern. Aber auch der Verbraucher. Ich kann nicht ein Kilo Filet für fünf Euro kaufen“, sagt der Meteorologe und holt sich dafür den stärksten Applaus des Abends. Dennoch ruft er die Bauern erneut zur Räson: „Sie müssen mit den Verbrauchern kommunizieren und sagen: Wir machen Qualität. Und diese Qualität kostet.“

Fazit: „Der Klimawandel hat begonnen, wir sind mittendrin. Was wir tun können, ist ihn zu begrenzen. Und Kooperation ist das Einzige, womit wir in den nächsten Jahren überleben werden.“ Doch auch dafür stünden aktuell, wo überall der nationalstaatliche Egoismus wieder nach vorne dränge, die Zeichen schlecht. Aber er bleibe dabei: Misstrauen zu säen, sei falsch. „Das Schlagwort heißt Kooperation.“

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