Mit dem Drachen auf Spurensuche

Bitburg/Heilenbach/Lambertsberg · Archäologie ist eine kostspielige wissenschaftliche Disziplin. Nur selten reichen die finanziellen Mittel aus, um Aufnahmen von Grabungen und Fundstellen mittels Helikopter zu machen oder gar Erdradarbilder anzufertigen. Fotografien aus der Luft, die mit Hilfe eines Drachens gemacht werden, sind eine günstige Alternative, die der pensionierte Kardiologe Christian Credner zu seinem Hobby gemacht hat.

 Christian Credner (links) bringt, unterstützt von Lothar Monshausen, seinen Drachen zum Steigen. Die Digitalkamera wird erst, wenn der Drachen gut in der Luft steht, mit einem Trapez ans Seil angebracht. TV-Foto: Frank Auffenberg

Christian Credner (links) bringt, unterstützt von Lothar Monshausen, seinen Drachen zum Steigen. Die Digitalkamera wird erst, wenn der Drachen gut in der Luft steht, mit einem Trapez ans Seil angebracht. TV-Foto: Frank Auffenberg

Bitburg/Heilenbach/Lambertsberg. Konzentriert blickt Christian Credner (70) auf einem Feld im weiten Umland rund um Heilenbach in den Himmel. "Optimal sind die Windverhältnisse heute wahrlich nicht, wir probieren es aber trotzdem", sagt der Vorsitzende des Geschichtlichen Arbeitskreises Bitburger Land (GAK) und reicht einen zwei Quadratmeter großen Kieldelta-Drachen an seinen GAK-Stellvertreter Lothar Monshausen (56) weiter. Dreimal scheitert der Start, dann endlich, beim vierten Versuch, stimmt der Wind. Die Schnur nimmt Zug auf. Fast geräuschlos steigt der Flugdrachen in den Himmel. Nicht aus Spieltrieb sondern im Auftrag der Wissenschaft sind sie aufs Feld gegangen. Kaum hat der nämlich eine ausreichende Höhe erreicht, wird eine filigrane Konstruktion aus Seilen, Aluminiumstangen und einer handelsüblichen Kompaktdigitalkamera an dem Seil befestigt.
In luftiger Höhe sollen Aufnahmen vom benachbarten Waldrand gemacht werden. Unter ihm vermuten die Hobby-Archäologen eine bisher unbekannte römische Villa. "Bei einem Spaziergang fand ich einen römischen Ziegel und wusste gleich, dass in der Nähe ein Gebäude gelegen haben muss. Tatsächlich fanden wir im Wald deutliche Spuren", erklärt Credner. Aus der Luft hofft er die Umrisse der Anlage besser erkennen zu können. "Die Technik hat sich bewährt. Auf Luftaufnahmen sind Gebäudestrukturen meist sehr leicht nachvollziehbar", sagt er.Römische Villa entdeckt


Während über Mauerresten nämlich Pflanzen schwächer wachsen, gedeihen sie über ehemaligen Gräben oder Pfahllöchern vortrefflich. Gerade in den Morgen- und Abendstunden, wenn die Sonne tief steht, werfen die Pflanzen dann deutliche Schatten, die jeden von der Erde aus kaum sichtbaren Grundriss zum Vorschein bringen.
Vor etwa zehn Jahren hat Credner angefangen mit der sogenannten Kite Aerial Photography zu arbeiten. Als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger des Rheinischen Landesmuseums Trier ist der pensionierte Kardiologe aus Lambertsberg seitdem ein gern gesehener Mitarbeiter auf vielen Ausgrabungsstellen (der TV berichtete).
Bis in eine Höhe von 100 Metern kann der Drache aufsteigen. Je nach Windverhältnissen kommt neben dem Delta-Drachen auch ein zweiter Kasten-Drachen zum Einsatz. An ihm können sogar zwei Kameras leicht angebracht werden. Ein wenig Spaß am Tüfteln müsse man schon mitbringen, betont Credner: "Der Drachen ist gekauft. Die Halterung für die Kamera und die Übertragungstechnik sind aber selbst gebaut." Um die Digitalkamera optimal auszunutzen, hat Credner sie mit einem kabellosen Sender ausgestattet. Das Objektivbild wird drahtlos an einen Minibildschirm an seinem Handgelenk übertragen.
Abgestürzt sei ihm eine Kamera nur ein einziges Mal. Dabei ist sie ihm nicht einmal aus großer Höhe runtergefallen, sondern beim Landen unglücklich gegen einen Stein gestoßen.
Doch nicht jeder Fototag führt zum gewünschten Erfolg. "Heute stimmt der Wind nicht, beim Aufstieg hat sich zudem auch noch das Trapez, an dem die Kamera hängt, verdreht. Eine ganze Reihe von Aufnahmen zeigte leider in die falsche Richtung, also auf mich", bemerkt er bei einer ersten Durchsicht der Bilder.
Spaß gemacht habe die Fotoaktion aber trotzdem, sind sich die beiden Herren einig. Sorgsam packen sie die Ausstattung wieder ein, bevor sie auf konservativere Untersuchungsmethoden zurückgreifen.
"Wir vermessen nun die Anlage vom Boden aus. Der Tag soll sich ja schließlich noch gelohnt haben", sagt Christian Credner.

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