Mit der Kamera durch den Körper

BITBURG. Zum ersten Mal wendet die Fachpraxis für Gastroenterologie am Krankenhaus Bitburg an einer Patientin die Kapsel-Endoskopie an. Bisher wurde diese Form der Untersuchung nur in Unikliniken durchgeführt.

 Stefanie Tholl schluckt als erste Patientin die PillCam Kapsel im Bitburger Krankenhaus. Foto: Lydia Vasiliou

Stefanie Tholl schluckt als erste Patientin die PillCam Kapsel im Bitburger Krankenhaus. Foto: Lydia Vasiliou

Leicht aufgeregt sei sie schon, sagt die 19-jährige Stefanie Tholl aus Üdersorf, die als erste Patientin eine PillCam Kapsel schlucken wird. Dr. Rajiv Aurora, Facharzt für Innere und Gastroenterologie, will in Zusammenarbeit mit dem Bitburger Clemens-August-Krankenhaus nähere Aufschlüsse über ihre Beschwerden erhalten. "Die Kapsel-Endoskopie kann zur Klärung von unerkannten Blutungen im Magen-Darmtrakt, Blutarmut und ungeklärten Durchfallerkrankungen hilfreich sein, wenn die Magen- und Darmspiegelung keine Klärung ermöglicht hat", sagt Aurora: "Der Hausarzt ist der Ansprechpartner für die Patienten." Die Kapsel, nicht viel größer als eine Vitamin- oder Antibiotikapille (11 Mal 26 Millimeter), enthält eine winzige Videokamera mit Weitwinkel, Zoom, Batterie, Blitzlicht, Leuchtdioden, Antenne und Sender, mit der sich Bilder aus dem Inneren des Dünndarms aufnehmen lassen. Während die Kamera Magen und Darm passiert, zeichnet sie über 50 000 Bilder auf und überträgt diese an einen Datenrekorder, den der Patient an einem Gürtel bei sich trägt, nachdem Sensoren auf dem Bauch angebracht wurden. Nach etwa sechs bis acht Stunden ist die Untersuchung beendet und die Kapsel wird auf natürlichem Wege wieder ausgeschieden und aus technischen und hygienischen Gründen nicht wieder verwendet. Spion im Dünndarm

Zehn Stunden vor der Einnahme darf keine feste Nahrung eingenommen werden, etwa vier Stunden nach dem Herunterschlucken ist leichte Kost wieder erlaubt. "Mit diesem Verfahren wird eine Lücke in der Diagnostik geschlossen", denn bisher war es nicht möglich, den gesamten sieben Meter langen Dünndarm zu erreichen - außer durch eine Operation. "Es gibt eine sehr hohe Dunkelziffer bei Dünndarmerkrankungen, weil es bisher keine gute Methode gab, diese zu untersuchen", sagt Dr. Aurora: "Leider werden die Krankheiten dann sehr spät oder gar nicht erkannt". Während die Kamera im Inneren des Patienten "arbeitet", kann dieser sich ganz normal bewegen. Nach der vorgesehenen Zeit, wertet der Arzt die Informationen aus dem Datenrekorder aus. Auf dem Monitor erscheinen naturgetreue, farbige Darstellungen der inneren Dünndarmwand. Gefäßveränderungen, Tumore oder Entzündungen werden sichtbar. Um die Bilder auszuwerten, braucht der Arzt etwa eineinhalb Stunden. Eine aktuelle Studie der Berliner Charité belegt, dass im Vergleich zur Computertomografie, mit der Kapsel-Endoskopie weitaus deutlichere Ergebnisse erzielt werden. Außerdem ist die Untersuchung für den Patienten schmerzlos, nicht durch Strahlen belastet und hat keine Nebenwirkungen. Im Falle Stefanie Tholl "lief die Untersuchung hervorragend, die Bilderqualität ist sogar besser als bei einer normalen Endoskopie und sicherlich eine bedeutende Qualitätsverbesserung bei der Diagnostik", berichtet Dr. Rajiv Aurora.

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