Mit der Nacht kommen die Diebe

Bitburg · Die Autostadt Bitburg mit ihrer schier unüberschaubaren Händlerriege lockt nicht nur ehrliche Kunden an: Besonders edle Karossen verschwinden allzu oft, ohne dass vorher ein Kaufvertrag unterzeichnet wurde.

 Lustobjekte: Für einige der im Bitburger Gewebegebiet zum Verkauf ausgestellten Autos braucht man einiges an Kleingeld – eigentlich.TV-Foto: Frank Göbel

Lustobjekte: Für einige der im Bitburger Gewebegebiet zum Verkauf ausgestellten Autos braucht man einiges an Kleingeld – eigentlich.TV-Foto: Frank Göbel

Bitburg. Nachts im Gewerbegebiet Auf Merlick. Nur das kühle Auge einer Überwachungskamera blickt hellwach über den Vorhof eines Autohändlers. Dann kommt Bewegung in das Monitorbild: Einige Gestalten kommen auf den Ausstellungsraum zu. Als ein automatischer Scheinwerfer angeht, reagiert auch der ungebetene Besuch: Einer der vermummten Männer winkt freundlich in die Kamera, bevor die Tür zum Verkaufsraum geknackt wird.
Auch wenn die dreisten Täter im Video letztlich wieder zu Fuß von dannen ziehen, weil sie im Gebäude keine Autoschlüssel finden - zehn Mal waren solche Täter im vergangenen Jahr, zumindest aus ihrer Sicht, erfolgreich.
Für Edgar Bujara ist die bei einem Mitbewerber aufgenommene Szene geradezu symptomatisch: "Es gibt da keinerlei Skrupel, sich am Eigentum anderer zu bedienen", empört sich der Autohändler, dem im vergangenen Jahr selbst zwei BMW gestohlen wurden: Ein M 5 (Verkaufspreis: ab rund 102 700 Euro) und ein 335 Coupé (ab rund 43 000 Euro) - in einer Sommernacht, in der auch bei zwei anderen Händlern fünf Autos gestohlen wurden. Der Verlust trifft Bujara geradezu persönlich: "Der M 5 war eigentlich gar nicht zum Verkauf vorgesehen, sondern ein ganz besonders gepflegtes Ausstellungsstück!"
Jeder Diebstahl bedeute finanziellen Verlust, trotz aller Versicherungen: "Die erstatten nur den reinen Einkaufspreis und nichts von dem Aufwand, der später in ein Fahrzeug gesteckt wurde", erklärt Bujara und betont, er sei "nicht scharf darauf, auf diese Weise ein Auto loszuwerden".
Noch kann die Staatsanwaltschaft Trier, bei der die Akten inzwischen liegen, nichts zu den Tätern sagen. Norbert Spross von der ermittelnden Kriminalinspektion Wittlich hält es aber für sicher, "dass die Diebstähle bis zur Verwertung arbeitsteilig durchgeführt werden". Der Verkauf der Wagen geschehe "in den Benelux-Staaten und Frankreich, aber auch in Osteuropa".
Probleme mit Versicherungen


Auch dem Händler Patric Nora ist im Sommer ein BMW X 6 vom Betriebshof gestohlen worden. "Geländewagen lasse ich schon gar nicht mehr über Nacht hier stehen", resümiert er - und berichtet von Problemen mit den Versicherungen, die schon mit Vorstellungen von hohen Selbstbeteiligungen auf den Plan getreten seien. "Aber dann brauche ich die Versicherung gar nicht mehr", winkt Nora ab.
Bei Mercedes-Händler Jürgen Conrady wurde besonders rabiat vorgegangen: Die Frontplatte des Tresors, in den nachts Schlüssel eingeworfen werden können, wurde mit einer Panzerkette aus einer Mauer gerissen. Selbst solche lautstarken Aktionen führen am Stadtrand, weit entfernt von jeder Wohnbebauung, nicht zwangsläufig zur Entdeckung: Gerade am Wochenende herrscht idyllische Ruhe - jedenfalls für Langfinger.
Dass auch die Polizei hier kaum flächendeckend effektiv aufpassen kann, versteht Edgar Bujara: "Ich fahre oft nachts mal am Betrieb vorbei - und treffe dann nicht selten auf die Polizei", lobt er sogar. Jürgen Conrady äußert sich kritischer, sieht die Polizei wegen Unterbesetzung "überfordert": "Wenn ich Landrat oder Bürgermeister wäre, würde ich das Thema mal mit dem Polizeipräsidenten besprechen."
Dabei hat die ermittelnde Kriminalinspektion in Wittlich auch Vorschläge zur Situation: "Bei der Absicherung der Gelände besteht Handlungsbedarf", findet jedenfalls Norbert Spross. Eine Ansicht, die Jürgen Conrady durchaus teilt. Er weist darauf hin, dass es in Bitburg lange keinen geeigneten privaten Sicherheitsdienst gegeben habe. Allerdings sei man aktuell in Verhandlungen mit einem neuen Anbieter, den die Händler im Gewerbegebeit kooperativ engagieren könnten. fggExtra

Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) wurden im Jahr 2011 19 658 kaskoversicherte Autos gestohlen, 0,6 pro 1000 PKW. Das ist etwas mehr als in den Jahren vorher, aber deutlich weniger als etwa 1993: Damals wurden 105 534 Autos gestohlen, oder 3,6 pro 1000 Wagen. Für die Versicherer entstand ein Schaden von 260 Millionen Euro. In Rheinland-Pfalz wurden 396 Autos gestohlen - relativ gesehen werden nur im Saarland weniger Autos geklaut. fgg

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