Mit Nathan zu mehr Toleranz

Niederprüm · Mehr Toleranz, bessere Verständigung: Das sind die Ziele des Wettbewerbs "Trialog der Kulturen", ausgerichtet von der Herbert-Quandt-Stiftung. Aus fünf Bundesländern sind 22 Schulen dafür ausgewählt worden - eine davon ist das Vinzenz-von-Paul-Gymnasium in Niederprüm.

 Vinzenz trifft Nathan: Gymnasiasten vor dem Bild des Schul-Namensgebers. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Vinzenz trifft Nathan: Gymnasiasten vor dem Bild des Schul-Namensgebers. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Niederprüm. Wen liebt Gott am meisten? Welche ist die richtige Religion? Damit befasst sich Gotthold Ephraim Lessings Stück "Nathan, der Weise". Und kommt zu der Auffassung, dass Gott, wie der Vater in der Ringparabel des Stücks, seine drei Kinder - die jüdische, muslimische und christliche Religion - gleich liebt, hat er sie doch alle erschaffen.
Das ist, sehr verkürzt gesagt, der Kern des Stücks, dessen Aufruf zur Toleranz keinen Millimeter an Bedeutung und Aktualität eingebüßt hat. Und er diente dem Vinzenz-von-Paul-Gymnasium in Niederprüm als Ausgangspunkt für die erfolgreiche Bewerbung zum bundesweiten Wettbewerb "Trialog der Kulturen", ausgerichtet von der Herbert- Quandt-Stiftung (siehe Extra). Sie setzt sich unter anderem "für die Stärkung und Fortentwicklung einer freiheitlichen und solidarischen Gesellschaft" ein.
Mit den anderen Religionen haben sich einige Schüler in Niederprüm bereits befasst: "Im letzten Jahr hatten wir das Judentum", sagt Philipp Eisheuer (14 Jahre) aus Prüm. Und auch mit Nicht-Akzeptanz haben sie Erfahrungen: Er sei Atheist, sagt Jeremy Hansen (15) aus Niederprüm. Und sei deshalb auch schon als Heide bezeichnet worden. "Das ist eine Abwertung. Da ist Konfliktpotenzial." Während er aber friedlich bleibe, werde ein anderer vielleicht aggressiv. "Und in Syrien führen sie gleich Krieg."
Jetzt wollen die Schüler, wie die 15-jährige Lorena Barbye aus Rommersheim sagt, herausfinden, wie sich die Religionen unterscheiden "und was sie gemeinsam haben". Auch wenn sie, wie Julia Euen (15), davon überzeugt sind, dass man niemandem vorschreiben dürfe, welcher Konfession er angehören soll.
Pater Stephan Schmuck verweist auf die Aktualität des Themas: "Wir haben das heute schon diskutiert - wenn man abends die Nachrichten schaut, dann sieht man nur Konflikte." Und immer wieder seien Religionen involviert. Für die Schüler sei es jedenfalls unverständlich, dass das "zu Krieg und Terror führt".
Viele werden im Projekt mitmachen, die Motivation der Jugendlichen, sagt Lehrerin Hedwig Serwas, sei sehr hoch: "Die wollen - obwohl es sehr viel Arbeit wird."
22 Schulen aus fünf Bundesländern sind beim Wettbewerb dabei. Zum Auftakt erhält jede von ihnen 3500 Euro. Am Ende des Schuljahrs zeichnet die Stiftung die besten Projekte mit insgesamt 60 000 Euro aus.
In Niederprüm steht man nun am Anfang. Geplant sind auch Besuche bei muslimischen und jüdischen Gemeinden. Am Ende sollen eine Aufführung des Theaterstücks und weiterer Bühnenszenen zum Thema Toleranz stehen. Dafür gibt es bereits einen Termin: Sonntag, 19. Juli. Dann nämlich feiert das Gymnasium sein 90-jähriges Bestehen. Für Lehrerin Mechthild Waxweiler steht jedenfalls schon jetzt fest: "Es ist hochspannend, es ist kreativ, wir wissen selber noch nicht, was da auf uns zukommt. Aber wir freuen uns drauf. Das wird ein großes Ding."
Extra

Herbert Quandt (1910 bis 1982) war ein Großindustrieller, der gemeinsam mit seinem Bruder von seinem Vater viele Firmenbeteiligungen erbte, darunter auch an Mercedes-Benz und BMW. Den bayerischen Autohersteller sanierte er, nachdem er in eine schwere Krise geraten war. Quandt erhielt viele Ehrungen, unter anderem für seine Verdienste um die Ausbildung. Der Familie wurde vorgeworfen, ins Nazi-System verstrickt gewesen zu sein, Herbert Quandt aber nur als Mitläufer eingestuft. Das Vermögen seiner Erben wird auf rund 22 Milliarden Euro geschätzt. fpl

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