Mit zwei Promille durch die Baustelle

PRÜM. Richard Zeimetz von der Polizei Prüm klärt jedes Jahr hunderte von Jugendlichen über Gefahren und richtiges Verhalten im Straßenverkehr auf. Besonders beliebt bei den Schülern ist der Fahrsimulator – der TV war bei einem Einsatz dabei.

Manuel Berkels gibt Gas. Trotz Regens und Dunkelheit steuert der Bleialfer Berufsschüler seinen Wagen scheinbar sicher über die Strecke, blendet bei Gegenverkehr rechtzeitig ab. Doch plötzlich läuft ein Reh auf die Fahrbahn. Manuel kann nicht mehr schnell genug bremsen, sein Wagen kracht mit dem Tier zusammen. Weh getan hat sich bei dem Unfall niemand: Es gab ihn nur auf dem Bildschirm. Doch gelernt hat der Fahrer etwas bei der Übung: "Wenn es regnet oder schneit, rutscht das Auto beim Gasgeben und hat einen längeren Bremsweg." Diese Erfahrung kommt dem 17-Jährigen zugute, wenn er demnächst mit den echten Fahrstunden für den Autoführerschein anfängt. Solche praktischen Erlebnisse und theoretisches Wissen vermittelt Verkehrssicherheitsberater Richard Zeimetz derzeit wieder vielen Jugendlichen im Dienstbezirk der Polizeiinspektion Prüm. Außer der Berufsbildenden Schule (BBS) Prüm gehören zur Zielgruppe alle neunten Klassen der Schulen in den Verbandsgemeinden Arzfeld, Obere Kyll und Prüm. "Kleine Klassen sind optimal, weil dann jeder Schüler selbst fahren und verschiedene Programme testen kann", erklärt Zeimetz. Der landesweit einmalige Simulator gehört der Landespolizeischule. Der Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr hat die 70 000 Euro teure Entwicklung des Geräts gesponsert. Wenn er den Simulator nicht zur Verfügung hat, sucht Zeimetz das intensivere Gespräch mit den Schülern über Themen wie Strafmündigkeit, Jugendkriminalität und Verkehrssicherheit. Nach der Statistik sind Jugendliche drei bis vier Mal so häufig an Verkehrsunfällen beteiligt, wie es ihrem Anteil am Volk entsprechen würde. Deshalb setzt die Polizei verstärkt auf Vorbeugung: "Wenn wir dadurch einen schweren Unfall verhindern, hat sich das schon gelohnt." Ein Beispiel macht den Sinn von Tempolimits deutlich. Bei einer Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern ergibt sich beim Bremsen - die Reaktionszeit eingerechnet - ein Anhalteweg von etwa 13 Metern. Beim Ausgangstempo 50 wächst die Strecke bis zum Stillstand des Fahrzeugs auf fast 27 Meter. Dieser Unterschied kann im Ernstfall zwischen Leben und Tod eines Fußgängers auf der Fahrbahn entscheiden. Mit dem Simulator lassen sich gefahrlos und praxisnah Grenzen erkennen und erproben. Der Spaß am Spiel erhöht die Motivation. Fehler sind ausdrücklich erlaubt. Entsprechend kräftig drücken die 13 angehenden KFZ-Mechatroniker der BBS aufs Gaspedal. Bei idealen äußeren Bedingungen lässt es sich schön lässig über Land oder durch die Stadt fahren. Doch Vorsicht: Jederzeit kann überraschend eine Baustelle auftauchen oder ein Kind auf die Straße laufen, per Zufallsgenerator oder per Tastendruck von Zeimetz."Viele Leute fahren zu unvorsichtig"

Der Polizeioberkommissar kann zwischen unterschiedlichen Strecken, Licht- und Straßenverhältnissen wählen. Besonders aufschlussreich ist die Simulation von Fahrten unter Alkoholeinfluss: Die falsche Einschätzung von Gefahrensituationen und verlangsamte Reaktionen machen den Wagen praktisch unkontrollierbar. Da rauscht der Fahrer schon mal mit zwei Promille durch die Absperrung einer Baustelle. "Der Unterschied zwischen dem Simulator und echtem Autofahren ist gar nicht so groß", sagt der 18-jährige Viktor Nagel aus Weinsheim-Willwerath. "Ich bin noch nie gefahren, wenn ich Alkohol getrunken habe. Viele Leute fahren aber einfach zu unvorsichtig." Der Selbstversuch des praxiserprobten TV-Reporters endet durchwachsen: nüchtern einmal kurz von der Fahrbahn abgekommen, betrunken ein Reh überfahren. Gut, dass Alkohol bei diesem Kandidaten ohnehin nie ein Thema ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort