Kommunalwahl Moritz Petry: Räte haben Image-Problem

GILZEM · Bürger und Kommunalpolitiker haben in Gilzem diskutiert, wie man Menschen für die Mitarbeit in den Gemeinderäten gewinnen kann.

 Diskussionsleiter Jürgen Kockelmann sammelt Ideen.

Diskussionsleiter Jürgen Kockelmann sammelt Ideen.

Foto: Uwe Hentschel

Man benötigt mitunter einen langen Atem: „Es ist leider nicht so, dass man heute etwas beschließt und in zwei Wochen wird es dann umgesetzt“, sagt Hans-Alwin Schmitz. Er ist Vorsitzender der Unabhängigen Bürgervertretung Trier (UBT) und auch seit 25 Jahren Mitglied des Trierer Stadtrats. „Wenn man etwas bewegen will, muss man auf die Leute zugehen und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen“, meint der Kommunalpolitiker.

Um ihn herum sitzen gut drei Dutzend Menschen, die dazu bereit sind. Die Männer und Frauen sind Teilnehmer einer Diskussionsrunde zum Thema „Wie gestalte ich mein Dorf – Mitarbeit in Gemeinderat“ im Gilzemer Gasthaus Dichter. Dazu eingeladen hat der CDU-Ortsverband Alsdorf-Gilzem, allen voran Jürgen Kockelmann. Er ist Mitglied des Gemeinderats in Eisenach und auch bereit, sich bei der bevorstehenden Kommunalwahl im Mai erneut in das Gremium wählen zu lassen.

Einige seiner Kollegen sind das jedoch nicht. Deshalb werden Nachfolger gesucht. Und das nicht nur in Eisenach, sondern auch in vielen  anderen Gemeinden.

Wie hoch der Bedarf ist, zeigt Kockelmann am Beispiel der VG Südeifel. Dort gebe es 66 Gemeinderäte, für die 600 Ratsmitglieder und weitere 200 Ausschussmitglieder benötigt würden, so Kockelmann. Verwaltungschef der VG Südeifel ist Moritz Petry. Bevor er in die Eifel kam und sich dort als Bürgermeister bewarb, war er selbst auch fünf Jahre Mitglied im Stadtrat Oppenheim. „Als ich in den Rat gewählt wurde, war ich 23 und sehr schüchtern“, erzählt Petry. Und deswegen habe er am Anfang nur zugehört, was die Älteren sagen.

Patrick Schnieder war sogar erst 21 Jahre alt, als er in den Verbandsgemeinderat Gerolstein einzog. „Ich wollte in den Rat, weil ich Spaß daran hatte, mitzudiskutieren“, erzählt Schnieder, der später zunächst Bürgermeister der VG Arzfeld wurde und seit zehn Jahren für die CDU im Bundestag sitzt. „Zu sehen, was man bewegen kann, macht zufrieden“, sagt Schnieder, der sich auch mehr Frauen und junge Menschen in den Räten wünschen würde. Das wünschten sich andere auch. Nur wie macht man das? Wie können Bürger überhaupt für die Mitarbeit im Gemeinderat motiviert werden?

Das Problem: Die Mitarbeit im Gemeinderat scheint nicht unbedingt attraktiv zu sein. Das zumindest geht aus den Meinungen hervor, die Kockelmann zu Beginn der Veranstaltung auf einer Pinnwand sammelt. Ein Teilnehmer kritisiert den Umgang im Gemeinderat, eine andere Teilnehmerin die fehlende Vereinbarkeit der Tätigkeit mit Familie und Beruf. Bemängelt wird darüber hinaus, dass man es als junger Mensch schwer habe, überhaupt in den Rat gewählt zu werden, und dass der Einfluss auf Veränderungen in den Gremien oft auch sehr begrenzt sei.

Letzteres ist nach Auffassung vieler Diskussionsteilnehmer vor allem ein finanzielles Problem. „Die meisten Gemeinden haben gar kein Geld mehr und können deshalb doch auch nichts bewegen“, meint dazu Ewald Weber aus Eisenach. „Wir müssen bei allem, was wir machen, die gleichen Auflagen erfüllen wie die großen Städte“, meint dazu auch der Eisenacher Ortsbürgermeister Martin Rau und nennt als Beispiel die hohen Anforderungen beim Umbau der Kindertagesstätte. „Da verliert man einfach die Motivation“, sagt Rau.

Die Lösungsansätze: „Auch in einer kleinen Gemeinde kann man mit wenig Geld etwas bewegen“, meint Peter Hinkes, Ortsbürgermeister in Menningen. Zudem gebe es auch die Möglichkeit, von Unternehmen, Stiftungen und regionalen Banken finanziell unterstützt zu werden. „Mit einer klugen Planung und etwas Klinkenputzen lässt sich durchaus was erreichen“, sagt Hinkes.

„Dass die Arbeit im Gemeinderat nicht immer einfach ist, wissen wir alle, doch muss man das ja nicht immer genauso kommunizieren“, meint Marco Heck aus Irrel. Er ist bereit, sich im Rat zu engagieren, bedauert aber in diesem Zusammenhang das schlechte Image der Gremien. „Die Ortsräte sollten ihre Tätigkeit positiver darstellen und nicht diejenigen, die sich gerne engagieren würden, auch noch vergraulen“, sagt Heck.

Von einem Image-Problem, das viele Gemeinderäte hätten, spricht auch Petry. „Die Tagesordnungen und Einladungen zu den Sitzungen, die im Mitteilungsblatt veröffentlicht werden, sind eben oft sehr langweilig“, sagt der Bürgermeister der Verbandsgemeinde. Dabei sei eine gute Öffentlichkeitsarbeit extrem wichtig. „Ich sage den Gemeinderäten immer: Macht euch einen Plan für die kommenden fünf Jahre und informiert die Bevölkerung darüber!“, sagt Petry.

Leider aber werde dieser Ratschlag in vielen Gemeinden nicht befolgt, und das obwohl andere Gemeinden damit schon gute Erfahrungen gemacht hätten.

„Wichtig ist, dass der Rat ausgewogen ist und die ganze Bandbreite einer Gemeinde auch im Rat vertreten ist“, sagt  Niko Billen aus Kaschenbach. „Und wir müssen dafür sorgen, dass junge Leute auch die Chance bekommen, in die Räte gewählt zu werden.“

Und sollte das beim ersten Mal nicht funktionieren, so dürfe man sich davon nicht entmutigen lassen, meint dazu Schnieder: „Man darf nicht daraus schließen: Wer nicht gewählt wird, ist auch nicht gewollt“, sagt der Bundestagsabgeordnete aus Arzfeld. Manchmal klappe es eben erst im zweiten Anlauf. Rückschläge gebe es immer, doch dürfe man sich davon nicht entmutigen lassen.

Angeregt wird zudem auch, im Vorfeld einer Wahl Vorschlagslisten anzulegen. In diesem Zusammenhang berichtet ein Mann, dass in seiner Gemeinde der Gemeinderat eine solche Kandidatenliste mehr oder weniger im Alleingang aufstelle. „Was nützt mir eine Vorschlagsliste, wenn am Ende nur die Mitglieder des aktuellen Gemeinderats draufstehen“, meint dazu Hinkes. Es sei wichtig, möglichst viele Menschen im Ort für eine Mitarbeit im Gemeinderat anzusprechen, damit die Bürger auch eine Auswahl hätten.

Darin bestätigt wird er unter anderem von  Veranstaltungsleiter Kockelmann, der am Ende der konstruktiven und gut zweistündigen Diskussionsrunde darauf hinweist, dass das Ganze nicht als Parteiveranstaltung geplant gewesen sei und er deshalb froh sei, dass man  sich mit der Thematik völlig unparteiisch auseinandergesetzt habe.  Und genau das wünsche er sich auch für die Arbeit in den Gemeinderäten, sagt Kockelmann. „Parteien haben in kleinen Räten nichts verloren.“

Woran liegt es Ihrer Ansicht nach, dass sich immer weniger Menschen in der Kommunalpolitik ehrenamtlich engagieren? Was müsste passieren, dass ein solches Engagement für mehr Menschen in Frage kommt? Wäre die Fusion zu größeren Gemeinden ein Weg? Schreiben Sie uns Ihre Meinung an eifel@volksfreund.de (Name und Wohnort nicht vergessen).

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