Geschichte Nach 75 Jahren zu Besuch an den Einsatz-Stationen der Ardennen-Offensive

Bitburg-Erdorf/Sandweiler · Der Student Sebastian Opp hat Herbert Wirtz zu den Stationen seines Einsatzes während der Ardennen-Offensive vor 75 Jahren begleitet und über den besonderen Besuch auf dem Ehrenfriedhof in Sandweiler geschrieben.

 Herbert Wirtz hat das Grab seines Kameraden Philipp Lottermann auf dem Ehrenfriedhof in Sandweiler besucht.

Herbert Wirtz hat das Grab seines Kameraden Philipp Lottermann auf dem Ehrenfriedhof in Sandweiler besucht.

Foto: Tv/Sebastian Opp

Es ist der 23. Dezember 1944, es ist ein kalter Wintermorgen in einem Waldstück in Echternach während der Ardennenoffensive. Der aus der Eifel stammende 17-Jährige Herbert Wirtz hat gerade mit seinem Kameraden Philipp Lottermann ein Schützenloch am Rande einer Wegkreuzung ausgehoben. Sie trinken eine erbeutete Flasche Wein, als sie plötzlich das Zischen herannahender Werfergranten der eigenen Artillerie wahrnehmen.

Noch bevor Herbert seinen Kameraden vor dem herannahenden Tod warnen kann, sieht er nur noch Feuer um sich. Beide fallen fast gleichzeitig in das Schützenloch. Philipp, der rechts neben ihm sitzt, liegt nun unter Herbert. Schreie aus den umliegenden Schützenlöchern sind zu vernehmen.

Zu Philipp sagt Herbert: „Steh auf, es ist vorbei!“. Doch es erfolgt keine Reaktion, stattdessen läuft Blut aus der Brust von Philipp. Ein Granatsplitter hat ihn mitten ins Herz getroffen. Er stirbt noch in den Händen von Herbert. In den anderen Stellungen ergibt sich ein ähnliches Bild; einem Kameraden wird der halbe Kopf abgetrennt, ein weiterer ist ebenfalls tot. Nur Herbert, sein Gruppenführer und ein Schwerverletzter überleben.

Es ist der 23. Dezember 2019, es ist ein milder, aber verregneter Wintermorgen an der deutschen Kriegsgräberstätte Sandweiler in Luxemburg. Nach 75 Jahren kommt es zu einem Besuch der besonderen Art: Der nun 92-jährige Herbert steht in Begleitung zweier Lokalhistoriker am Grab von Philipp und legt einen Kranz nieder. Er zieht seine Mütze aus, neigt seinen Kopf und hält inne. Er denkt zurück an diesen schrecklichen Morgen 1944. Er erzählt, dass der Splitter ihn getroffen hätte, wenn Philipp nicht neben ihm gesessen hätte. So hat Philipp ihm das Leben gerettet. Herbert ist dankbar für jeden Tag, den er in Freiheit und ohne Krieg verbringen durfte. Er führt ein erfülltes Leben. Doch zur Weihnachtszeit muss er jedes Jahr an Philipp und die anderen Kameraden denken, die in einem unsinnigen Krieg ihr Leben verloren.

Im Zuge unserer Recherchen im Einsatzgebiet von Wirtz’s Einheit stoßen wir auf einen Helm mit der Inschrift „R. Hirthe“. Es handelt sich dabei um den Gefreiten Richard Hirthe, der im Alter von nur 19 Jahren durch Maschinengewehr-Feuer unweit von Philipp starb.

Auffällig viele Grabsteine tragen die Namen Gefallener aus den Jahrgängen 1925, 1926 und 1927. Zu viele dieser „Kindersoldaten“ wurden in dieser letzten Großoffensive durch das mörderische NS-Regime verheizt. Jeder einzelne Grabstein dient als Mahnung für zukünftige Generationen. Sie zeigen, zu was Menschen fähig sind und zu was Extremismus führen kann. Deshalb: „Wehret den Anfängen!“

 Ein besonderer Besuch nach 75 Jahren

Ein besonderer Besuch nach 75 Jahren

Foto: Tv/Sebastian Opp
 Sebastian Opp hat den Helm des Gefreiten Richard Hirthe auf einem Bauernhof bei Echternach entdeckt und ihn dann auf das Steinkreuz auf dem Ehrenfriedhof in Sandweiler gelegt.

Sebastian Opp hat den Helm des Gefreiten Richard Hirthe auf einem Bauernhof bei Echternach entdeckt und ihn dann auf das Steinkreuz auf dem Ehrenfriedhof in Sandweiler gelegt.

Foto: Tv/Sebastian Opp

Der TV berichtete am 11. Dezember über Herbert Witz und sein Buch „Vom Märchenbuch zur Panzerfaust. Jugenderlebnisse eines Eifeler Zeitzeugen in den 30er und 40er Jahren“, das im Stephan Moll Verlag erschienen ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort