Nach der Haft in Sicherungsverwahrung

Sechseinhalb Jahre Haft und Sicherungsverwahrung - das ist das Urteil in einem Prozess um Kindesmissbrauch am Bonner Landgericht. Der Verurteilte hatte Kinder zwischen elf und fünfzehn Jahren mit Geschenken in seine Wohnung gelockt.

Euskirchen. Wie man mit Sexualstraftätern, die aus der Haft entlassen werden, umgehen soll, wird derzeit diskutiert - vor allem vor dem Hintergrund, wie groß die Gefahr ist, dass diese sich erneut an Kindern vergreifen. Unter anderem der Fall eines Mannes, der nach seiner Haftentlassung nach Heinsberg gezogen war und vor dem sogar der Landrat die Bevölkerung gewarnt hatte, sorgte auch im TV für Schlagzeilen.

Auch die jüngste Ankündigung der Landesjustizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter, Sexualstraftäter nach ihrer Haftentlassung besser im Blick zu haben, ist von einiger Brisanz.

Am Dienstag wurde vor dem Bonner Landgericht das Urteil gegen einen 50-Jährigen aus der Stadt Euskirchen gesprochen. Zweimal hatte der ehemalige Produktionsfahrer wegen Kindesmissbrauchs in Haft gesessen - zuletzt viereinhalb Jahre. Nach seiner Haftentlassung im Jahr 2007 war er wieder straffällig geworden - trotz Sozialtherapie in der Haft, Psychotherapie und der Aufsicht durch Bewährungshelfer nach der Entlassung. Ein gerichtliches Verbot, sich in der Nähe von Kindern aufzuhalten, ignorierte der Mann. Nun verurteilte das Gericht ihn wegen Kindesmissbrauchs in 22 Fällen zu sechseinhalb Jahren Haft und ordnete die anschließende Sicherungsverwahrung an.

Mit Filmen und Playstation gelockt



Für die Richter stand fest: Der Mann, der für Kinder eine große Gefahr darstelle, dürfe nicht mehr in Freiheit entlassen werden. Das sei geradezu "zwingend", erklärte Theo Dreser, Vorsitzender Richter der Jugendschutzkammer, gestern in der Urteilsbegründung. Die "ultima ratio" sei ausgesprochen worden, weil "alle herkömmlichen Mittel versagt haben". Richter Dreser: "Es ist nicht eine Frage ob, sondern nur noch wann er wieder zuschlägt." Sieben Jungen im Alter zwischen elf und 15 Jahren waren Opfer des Mannes geworden. Die Kinder hatte er mit Fernsehfilmen, einer Playstation, mit Geld oder Geschenken in seine Wohnung gelockt. Der 50-Jährige habe sich Kinder ausgesucht, die durch etwas Aufmerksamkeit leicht zu verführen gewesen seien. Dann, so die Richter, habe der Mann "ausgetestet", wie weit die Jungen mitmachten: Er habe ihnen einen Porno als "Mutprobe" gezeigt, dann die Kinder vorsichtig berührt. "Wenn ein Kind dann Nein sagte", so hatte der Mann im Prozess ausgesagt, "dann war das auch Nein." Rohe Gewalt habe er nie angewandt.

Die Bonner Richter werteten dies sogar als Beleg dafür, dass der Angeklagte für seine Straftaten voll verantwortlich sei: "Er hat sich in jedem Moment steuern können, trotz seiner Sexualpräferenz." Der Angeklagte verfüge über ein hohes Bewusstsein über die Gründe seines Tuns oder auch darüber, "welche Kinder besonders günstige Opfer" seien.

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